0655 - Der letzte Magier
versöhnlicher: „Sie sind wirklich schnell, Alpar. Das müssen Sie auch sein. Wenn wir es schaffen wollen, müssen wir schneller sein als der Tod."
Alle Bildschirme waren eingeschaltet. Im Gegensatz zu seinen sonstigen Gewohnheiten sah Rhodan das Sonderprogramm von Terra-Television. Vor einer Stunde hatte der Prozeß gegen den Arkoniden Atlan begonnen. Noch war der larische Ankläger damit beschäftigt, die Anklageschrift zu verlesen. Sie hatte einen Umfang von über einhundert Seiten. Die Laren hatten viel Material gesammelt.
Rhodan wußte, daß man ihn früher oder später in den Gerichtssaal holen und vor den Kameras präsentieren würde.
Die Laren wollten, daß die gesamte Galaxis sah, daß der Erste Hetran bereit war, seine neuen Pflichten zu erfüllen.
„Es ist entwürdigend", sagte Bully, der sich ebenfalls in Rhodans Büro aufhielt. „Entwürdigend für Atlan und für uns."
„Ich weiß", stimmte Rhodan zu. „Ich fühle mich auch nicht sehr glücklich dabei."
Bully stürmte wie ein gereiztes Tier durch den Raum und blieb unter den Monitoren stehen. Daß er zur Tatenlosigkeit verurteilt war, machte ihm mehr zu schaffen als alles andere.
„Kayndell schleift diesen Magier, daß ihm Hören und Sehen vergeht", sagte Reginald Bull. „Goronkon hat drei Kilo verloren, seit er mit Kayndell zusammenarbeitet. Er ist schlanker geworden, aber keine Spur intelligenter. Unter diesen Umständen habe ich wenig Hoffnung, daß er Erfolg haben wird. Wir sollten an einen konzentrierten Einsatz der Mutanten denken."
„Gerade daran sollten wir nicht denken!" widersprach Rhodan.
„Ich kann diesen Vorschlag nicht mehr hören. Er geht mir auf die Nerven." Seine Stimme war lauter geworden. „Jeder rät mir dazu, die Mutanten einzusetzen, obwohl doch offensichtlich ist, daß dabei nichts herauskommen kann."
Bully blieb stehen.
„Aber dieser Goronkon, der wird uns helfen?"
Rhodan antwortete nicht. Er wußte genau, daß Goronkon keine überragende Persönlichkeit war. Kayndell beschäftigte sich jetzt mit dem Magier, obwohl der Kosmopsychologe sich mehr um die Laren kümmern hätte müssen.
Aber gerade die Tatsache, daß der Zauberer unbedeutend und nicht kalkulierbar war, machte Rhodan Hoffnung. Die Laren konnten mit dem Einsatz einer derartig „verrückten Waffe" nicht rechnen.
Die verrückte Waffe!
Fellmer Lloyd hatte diesen Namen geprägt, und er hatte sich schnell eingebürgert. Nur Goronkon wußte nicht, daß man ihn so nannte.
Rhodan richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Bildschirme.
Wie er nicht anders erwartet hatte, füngierte Hotrenor-Taak als öffentlicher Ankläger. Rhodan erkannte immer mehr, daß der Verkünder der Hetosonen weitgehend über das Vorgehen der Laren bestimmen konnte. Hotrenor-Taak gehörte wahrscheinlich zu den wichtigsten Persönlichkeiten des Konzils der Sieben.
Endlich war Bull seines ruhelosen Umherirrens überdrüssig geworden. Er ließ sich in einen Sessel fallen. Breitbeinig saß er da, den Kopf zwischen die massigen Schultern gezogen.
„Wir stecken ziemlich in der Klemme, Alter!" sagte Bull.
„Mhm!" machte Rhodan.
„Manchmal", sinnierte Bull, „überlege ich, wie es wäre, wenn wir wieder losschlagen würden. Nur du und ich, so wie es früher war."
„Es wird nie wieder sein wie früher. Die Vergangenheit ist eine Sentimentalität, und die Zukunft ist eine Ungewißheit."
Bully strich sich über sein rotes Borstenhaar.
„Müde?"
„Du weißt, daß Zellaktivatorträger nicht müde werden", sagte Rhodan nicht ohne Ironie. „Manchmal frage ich mich jedoch, ob es nicht besser für uns wäre, wenn wir endlich schlafen würden.
Einen langen Schlaf."
„Und unsere Aufgaben?"
Rhodan schloß die Augen.
„Manchmal glaube ich, daß wir einen schweren Fehler machen, weil wir an eine Bestimmung der Menschen glauben, an ihre kosmische Bedeutung."
Bull richtete sich auf. Er schien geradezu erschrocken.
„Glaubst du nicht mehr daran, trotz ES und Anti-ES?"
„Es kann nur eine Bestimmung geben, das ist die Bestimmung zur Existenz. Davon leiten sich alle unsere Handlungen ab. Wie jetzt wieder."
Bully grinste breit.
„Soll ich mich damit abfinden, daß ich nichts Außergewöhnliches bin?"
„Du bist außergewöhnlich, schon durch deine Existenz. Ich nehme jedoch an, daß wir untergeordnete Existenzeinheiten sind.
Wir gehören zu einer größeren Ordnung, ohne uns über sie im klaren zu sein. Am besten läßt sich das mit den Mikroorganismen in unseren
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