0657 - Angst vor dem roten Phantom
Jane aus feuchten Augen an, denn das Lachen hatte ihm die Tränen hineingetrieben.
»Entschuldige, aber ich konnte nicht anders.«
»O bitte. Ich freue mich immer, wenn jemand lacht. Aber was war denn der Grund?«
»Deine Frage nach dem Phantom!«
Jane schüttelte den Kopf und hob gleichzeitig die Schultern. »Ist die so ungewöhnlich?«
»Sehr sogar.«
»Dann gib mir eine Antwort!«
Die bekam Jane Collins auch. Was ihr Yago dann erzählte, ließ sie beinahe an ihrem Verstand zweifeln…
***
Der neue Mittelpunkt war das rote Phantom!
Ich kannte es ja von seinem hinterlistigen Angriff her und es erinnerte mich abermals an eine Mumie, deren Körper mit in Ochsenblut getauchten Lappen umwickelt war, wobei die Tücher an seinem Kopf nicht so eng anlagen, da wellten sie sich, als befände sich zwischen dem Gesicht und dem Stoff noch Luft.
Der capeförmige Mantel verhüllte den Rücken wie ein Vorhang und der Schal hinter dem Nacken stand wie ein eckiger Schutz in die Höhe.
Geist - Mensch - Dämon?
Ich konnte mich für einen der Begriffe entscheiden und wurde den Eindruck nicht los, dass es sich bei dieser Person um keinen Geist handelte, denn hinter den Tüchern verbarg sich ein Festkörper.
Die Menschen hatten ihre Wagen verlassen und einen Halbkreis gebildet. Sie standen in dieser Formation vor mir, aber hinter dem roten Phantom, das seine Rache eiskalt durchführen wollte und bereits damit begonnen hatte.
Ein Mann war an den Pfahl gebunden worden. Ich hatte ihn nie zuvor zu Gesicht bekommen, wusste aber, dass es sich bei ihm nur um diesen Felix Picarotta handeln konnte. Er also hatte den Wagen gefahren, mit dem das Kind getötet worden war.
Felix hatte schwer gelitten. Obwohl sein Kopf nach vorn gesunken war, konnte ich das Blut erkennen, das sich auf seinem Gesicht verteilte. Auch der Körper zeigte die roten Flecken. Der Mann selbst bewegte sich nicht, er war möglicherweise schon tot.
Damit wollte sich das rote Phantom nicht zufrieden geben. Es weitete seine Rache aus und nun war die Familie an der Reihe. Mutter und die beiden Kinder schritten den direkten Weg, dessen Ziel der Pfahl mit dem daran gefesselten Vater war.
Ich wollte eingreifen, sie retten, aber die Bewegung stockte schon im Ansatz, denn Kirtu hatte mich sehr genau beobachtet. »Mach nichts, tu gar nichts.«
»Warum nicht?«
»Du kannst sie nicht retten. Du machst es höchstens noch schlimmer. Das ist eine Sache, die nur unsere Gruppe etwas angeht. Nichts für einen Fremden. Wir haben das rote Phantom geholt. Wir lockten seinen Geist aus dem Zwischenreich und wir müssen auch die Folgen für gewisse Dinge tragen, die nicht aufzuhalten sind.«
Daran glaubte ich leider auch, nur wollte ich mich nicht an Kirtus Worte halten, auch wenn ich zunächst nur im Zelteingang stand und ein Schatten innerhalb des mit grauen Lichts angefüllten Vierecks war, der nur beobachtete.
Das rote Phantom bewegte sich. Ich achtete besonders auf die Füße und darauf, ob sie den Boden berührten. Ganz sicher konnte ich es nicht sehen, es war durchaus möglich, dass es ging und gleichzeitig schwebte, denn ein Laut war nicht zu hören.
Kirtu schob sich an mir vorbei. Mir gelang ein Blick auf sein Gesicht. Ich hörte ihn laut atmen und auch das Funkeln in seinen Augen war mir nicht entgangen.
Er verließ das Zelt, was mir recht war, denn so konnte ich mich auf das konzentrieren, was vor mir ablief.
Die Familie wollte in den Tod gehen. Kirtu hatte Mutter und Kinder erreicht. Er sprach sie flüsternd an und schob sie auf das rote Phantom zu.
Sollte ich warten, bis die Familie diese unheimliche Gestalt erreicht hatte?
Nein, ich musste vorher handeln. Das Aussehen des Vaters sagte mir genug. Ich dachte auch an unseren Kollegen Fahad, der sich ebenfalls zu weit vorgewagt und wahrscheinlich zu lange gezögert hatte.
Ich zögerte nicht.
Mit der rechten Hand holte ich den Silberdolch hervor. Noch war die Entfernung günstig für einen Wurf. So lief ich nicht in Gefahr, die Familie zu treffen.
Ich holte aus und schleuderte die Waffe!
Sie fegte durch die Luft, dicht über Mrs. Picarotta hinweg - und traf.
Der dumpfe Aufschlag erreichte selbst meine Ohren, als sich der Dolch dicht unter dem Hals der Gestalt in die Brust bohrte. Die Klinge verschwand bis zum Heft.
Ich erwartete einen Aufschrei, die große Panik, doch nichts davon trat ein.
Die Menschen blieben ruhig. Nahezu stoisch schauten sie zu, wie ihr großer Rächer zu Boden kippte und regungslos
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