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0657 - Der letzte Henker

0657 - Der letzte Henker

Titel: 0657 - Der letzte Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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regelrecht. Sie waren auf Gold aus. Sie mordeten und brandschatzten. Sie zerstörten Land und Leute mit ihrer Gier nach Besitz und Ruhm.
    Gut, die anderen Nationen der Alten Welt waren auch nicht viel besser, aber die Spanier waren die ersten. Und mein Erzeuger, der mir einmal die ganze Größe und Weite dieses Kontinents gezeigt hatte, freute sich über diese Vemichtungsfeldzüge. Not und Elend sind Kinder des Teufels. Asmodis, der immer wieder verlangte, daß ich ihn Vater nennen sollte, konnte sich hier die Hände reiben, und seine Unterteufel hielten reiche Ernte. Noch reichere, als es die Menschen selbst vermochten…
    Aber dadurch, daß Asmodis, der mich anno domini diabolique 1494 mit der Zigeunerin Elena zeugte - im Hornung anno
    1495 ward ich dann geboren -, mir die Weite dieser neuen Welt gezeigt hatte, wußte ich, wo ich mein Versteck anlegen konnte. Einen geheimen Stützpunkt, den lange Zeit niemand finden mochte, trotz der Expansionswut der Abendländler.
    In Florida!
    Diese Halbinsel trug ihren spanischen Namen, weil die Spanier die ersten gewesen waren, die hier landeten. Am Ostersonntag, dem »Pascua Florida«, des Jahres 1513 landete der spanische Entdecker Juan Ponce de Leon an der Westküste, nannte den Landstrich Florida und nahm ihn gleich für seinen König in Besitz - die erste europäische Landnahme überhaupt. Die Bewohner, die Calusa, wurden erst gar nicht gefragt, was sie davon hielten, plötzlich Untertanen des spanischen Königs zu sein. Aber diese »Landnahme« funktionierte nicht, weil die Calusa es fertigbrachten, mit etwa 80 Booten Ponce de Leon und seine Leute anzugreifen und sie aus ihrem Gebiet zu vertreiben; der Kampf forderte den Spaniern einen hohen Blutzoll und ein paar Schiffe ab! Seither redete niemand mehr von spanischem Besitz… Später kamen die Spanier allerdings mit Verstärkung zurück, und inzwischen mischten sich auch schon die Franzosen ein.
    Die Calusa allerdings machten keinen Unterschied zwischen Franzosen und Spaniern; sie sahen beide als Feinde an und metzelten sie nieder, wo sie nur konnten. Wenn sie Gefangene machten, dann nur, um diese zum Abendessen einzuladen.
    Allerdings nicht als Gast, sondern als Speise.
    Wie dieser Krieg schließlich ausgehen würde, wußte ich nicht. Würden die überlegenen Feuerwaffen und die Rüstungen der Eroberer siegen, oder die zähe, stille Wut der mit Pfeil und Bogen kämpf enden Calusa?
    Vielleicht würde aber auch die Vernunft siegen. Florida war ein für die Besiedelung praktisch unbrauchbares Land.
    Zumindest dieser südliche Teil, in dem die Calusa hausten. Sümpfe, Bestien, Stechmucken, Fieber. Nichts, wo man sich wohlfühlen konnte. Genau deshalb wollte ich hierher. Hier würde mir niemand ernsthaft meinen Besitz streitig machen wollen. Ich war jetzt 185 Jahre alt, und in diesen 18 Jahrzehnten hatte ich immer wieder kämpfen müssen. Und fast immer, wenn jemand mich tötete und ich in Avalen ein neues Leben erhielt, hatte ich am Punkt Null wieder anfangen müssen. Wie hätte ich auch Anspruch auf meinen früheren Besitz erheben können? Nicht im abendländischen Kulturkreis, wo es nur einen Menschensohn geben durfte, der jemals seinen eigenen Tod überlebte - Jesus Christus. Mich hätte man prompt festgesetzt und als Ketzer verbrannt.
    Und abgesehen davon, daß der Tod ein äußerst schmerzliches, unangenehmes Erlebnis ist, das ich so selten wie möglich über mich ergehen lassen möchte, bin ich mir nicht sicher, ob mein Körper nach einem Flammentod noch so weit wiederhergestellt werden könnte, daß ich darin ein weiteres Leben führen könnte…
    Ich war als Kind bettelarm, wurde von allen getreten und verachtet. Ein Zigeunerjunge. Und irgend wann habe ich mir damals geschworen, daß ich nie wieder arm sein wollte. Nie wieder ganz unten sein. Ich brauche keinen Reichtum. Ich bin zufrieden, wenn ich immer gerade über das verfügen kann, was ich eben benötige.
    Aber um das zu gewährleisten, wollte ich mir eine solche geheime Basis schaffen.
    Und wer würde es mir in diesem fiebrigen Sumpfland schon streitig machen wollen? Ich war sicher, daß sich hier niemals Menschen würden ansiedeln wollen. Weder Spanier noch Franzosen. Einmal der Widrigkeiten des Landes halber, zum anderen, um nicht ständig gegen die Indianer kämpfen zu müssen. Denn die haßten mittlerweile jeden, der eine etwas hellere Haut als sie selbst besaß.
    Auch ich würde damit wohl Probleme bekommen.
    Es spielte keine Rolle, daß ich in diesem

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