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0657 - Der letzte Henker

0657 - Der letzte Henker

Titel: 0657 - Der letzte Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Moment nicht zu deuten vermochte.
    Ich widmete mich wieder dem Weißen. Was ich von ihm sehen konnte, war eine massige Gestalt, deren Muskelpakete von der Kleidung kaum kaschiert wurden. Er trug einen buschigen Oberlippenbart. Seine Augen lagen in dunklen Höhlen.
    Er starrte mich an und runzelte die Stirn.
    Der Mann, der mich hergeleitet hatte, trat hinter mich, packte mich am Genick und wollte mich nach unten drücken.
    Blitzschnell fuhr ich herum und hieb ihm die verschränkten Fäuste in die Seite.
    Im nächsten Moment traten vier Männer in Rüstungen aus den Schatten. Die Spitzdome ihrer Hellebarden berührten fast meinen Körper.
    »Auf die Knie«, zischte einer der Männer mir zu. »Erweist dem Göttlichen Respekt!«
    »Dem Göttlichen?« Ich konnte nicht anders - ich lachte. Dieser eitle Geck mit den dicken Muskelpaketen war alles andere als göttlich. »Sakrileg!« lachte ich ihm ins Gesicht. »Lästerung! Wollt Ihr auf den Scheiterhaufen, Senor?«
    Ich erhielt einen Hieb in den Nacken und wäre fast in eine der Hellebardenspitzen getaumelt. Unwillkürlich zuckten meine Hände vor, faßten nach dem stählernen Blatt der Waffe, um mich abzustützen. Ich ließ wieder los - und begriff erst einen Herzschlag später, daß ich vielleicht die beste Chance vertan hatte, zumindest diesen Mann sofort zu entwaffnen und erst einmal gewaltigen Rabatz zu machen.
    Statt dessen wandte ich mich langsam um und musterte den Mann genau, der mich geschlagen hatte.
    »Sein Gesicht werd’ ich mir sehr genau merken, Soldat«, sagte ich. »Er hüte sich vor meinem Zorn.« Jetzt lachte der »Göttliche«. Ich wandte mich ihm wieder zu. »Vor mir fällt man geflissentlich in den Staub«, sagte der Dicke heiter. »Aber vielleicht hat man Euch noch nicht gesagt, wer ich bin.« Er schnipste mit den Fingern.
    Der Mann, der mich herbrachte, rasselte herunter: »Seine göttliche Eminenz, der Hochwohlgeborene Don Manfrede Accosto, Statthalter Seiner erhabenen Majestät des Königs von Spanien und der Welt mit all seinen…«
    Ich ließ den Sermon an mir abgleiten. Als er mit seiner Litanei fertig war, überhörte ich das »… und nun wollt Ihr gefälligst niederknien« und fuhr den Geck an: »Wenn Ihr Don Manfrede seid, dann könnt Ihr mir auch sagen, weshalb man meinen Diener Frans Krohn umgebracht und dem da erlaubt, Krohns Kleidung zu tragen!«
    »Ihr führt kecke Rede, guter Mann«, sagte Don Manfrede finster. »Ihr mögt Statthalter des spanischen Königs sein. Leider kann ich’s gerade nicht prüfen. Aber ich bin Robert deDigue, Bevollmächtigter des französischen Königs. Mein Beglaubigungsschreiben haben Eure Strauchdiebe mir gestohlen, als man meine Diener und mich niederschlug und einsperrte. Ich verlange eine Erklärung. Und zwar ziemlich rasch. Es könnte sonst sein, daß der vierzehnte Louis sich echauffiert und Spanien nach den Besitzungen in den Niederlanden bald auch Florida abnimmt. Ihr wißt, Roi Louis ist zwar mit Leib und Seele Diplomat, aber auch ein leicht erzürnbarer Kriegsherr.« [3]
    »Ein Bevollmächtigter, soso… Ihr reist nicht gerade mit standesgemäßem Gefolge. Wollt Ihr nun endlich auf die Knie? Danach dürft Ihr mir verraten, wozu Euch Euer König denn beauftragt hat.«
    Hinter ihm hob der Calusa die Hand. Eigentlich konnte Don Manfrede das nicht sehen; nicht einmal den Schatten der Bewegung. Dennoch reagierte er. Er hielt inne, und es schien, als lausche er unhörbaren Stimmen.
    Im gleichen Moment wußte ich, was mich an dem alten Calusa störte, abgesehen davon, daß er Krohns Kleidung trug. Magie war im Spiel! Ich sah, wie es in den Augen des Calusa kurz aufblitzte, als unsere Blicke sich kreuzten.
    »Ihr dürft ausnahmsweise stehen bleiben«, gewährte Don Manfrede daraufhin. »Ma-Chona bat mich darum. Er meint, er und Ihr wäret von der gleichen Art.«
    »Er soll mich nicht beleidigen«, erwiderte ich gereizt. »Nur weil er die gestohlene Kleidung eines Ermordeten trägt, ist er mir noch längst nicht gleich. Auch scheint er mir ein Hexenmeister zu sein. Und damit habe ich erst recht nichts zu schaffen!«
    Von der gleichen Art! Sollte dieser zauberische Menschenfresser das Erbe des Asmodis in meinem Blut, meiner Seele erkannt haben? Aber ich war nicht wie mein Erzeuger, niemals! Ich war Mensch, nicht Teufel. Hoffte ich zumindest… »Er trägt diese Kleidung zu recht«, erklärte Don Manfredo. »Ich habe sie ihm geschenkt.«
    »Dann seid also Ihr der Dieb«, stellte ich fest. »Rechtfertigt

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