0660 - Gefangene der Zeit
größer gedacht hätte, wäre von ihnen nicht mehr als von den Zombies übriggeblieben. Keine schöne Vorstellung…
Zamorra schien diesen Gedankengang nicht vollzogen zu haben. »Gehen wir«, sagte er einfach nur und ließ den Reporter am Rand des Infernos stehen.
Mann, bist du kaltschnäuzig, dachte Ted und folgte ihm langsamer. Sein Herzschlag mußte sich zumindest noch etwas beruhigen.
Er ging an den Soldaten vorbei, die ihm begeistert applaudierten, und nickte ihnen freundlich zu. Erst jetzt bemerkte er, wie müde er war und versuchte sich daran zu erinnern, wann er das letzte Mal geschlafen hatte. Er sah, daß Zamorra bereits neben dem Jeep stand und sich mit dem Fahrer unterhielt. Ted hoffte, daß sie zum Château zurückfahren würden. Alles, was er im Moment brauchte, befand sich dort. Eine heiße Dusche und ein Bett.
Daß er genau diese beiden Dinge nicht bekommen würde, begriff er in dem Moment, als Gryf im zeitlosen Sprung neben ihm auftauchte und nach seiner und Zamorras Hand griff.
»Schnell«, sagte der Druide. »Sie greifen im Norden an. Dieser Angriff hier war nur eine Ablenkung.«
Ted hatte gerade noch genug Zeit, sich zu fragen, wie denn wohl ein richtiger Angriff aussah, wenn Hunderte von Zombies nur eine Ablenkung waren, dann standen sie auch schon auf der anderen Seite des Lagers.
Im Chaos.
Und Ted hatte seine Antwort.
***
Es war still in dem Keller geworden.
Die Kinder hatten sich nach Foolys und Roys Rückkehr schon bald schlafen gelegt. Sie ahnten nichts von dem, das draußen vorgefallen war. Ausnahmsweise waren Drache und Trainer darüber einer Meinung gewesen. Keiner von ihnen wollte die Kinder unnötig beunruhigen.
Roy blieb allerdings wach. Er saß neben den Regenbogenblumen und beobachtete Fooly argwöhnisch. Der Drache starrte ungerührt zurück. Es entging ihm nicht, daß dem Trainer in immer kürzer werdenden Abständen die Augen zufielen. Nicht mehr lange, und er würde fest eingeschlafen sein.
Fooly hatte keine Probleme damit, wach zu bleiben. Drachen brauchten nun einmal weniger Schlaf als Menschen, und wenn es sein mußte, konnte er mehrere Tage ohne Schlaf auskommen.
Fooly hatte die Ruhezeit genutzt, um sich seine nächsten Schritte zu überlegen. Schließlich traf er seine Entscheidung. Er würde diesen Ort verlassen und nach Château Montagne zurückkehren. Das widersprach zwar all seinen Instinkten, weil er den Kindern helfen wollte, aber er hatte begriffen, daß er das am besten tat, indem er verhinderte, daß sie überhaupt in diese Situation kamen. Und um das zu erreichen, mußte er mit Ted und Nicole zurückkehren und die Zeit erneut korrigieren. Es war eine sehr erwachsene Entscheidung, fand der Drache, und eine, auf die Zamorra und Nicole stolz sein würden.
Roys Augen fielen erneut zu und blieben dieses Mal geschlossen. Nach ein paar Minuten verlangsamte sich sein Atem und wurde rhythmischer. Er war eingeschlafen.
Fooly stand leise auf und schlich zu den Blumen. Er trat zwischen sie und blieb einen Moment stehen, um einen letzten Blick auf die schlafenden Kinder zu werfen. Sie würden traurig sein, wenn sie am nächsten Morgen aufwachten und er nicht mehr da war. Und er würde sie auch vermissen, das wußte Fooly.
Er riß sich zusammen. Je mehr er darüber nachdachte, desto schwieriger wurde seine Entscheidung. Er schloß die Augen, konzentrierte sich auf Château Montagne…
... und hörte ein Geräusch!
Erschrocken riß Fooly die Augen auf. Das Geräusch war von der Treppe gekommen. Im gleichen Moment sah er sie auch schon. Zwei Gestalten, die mit seltsam steifen Schritten unbeholfen die Stufen hinuntergingen.
Zombies!
Fooly vergaß all die Argumente, die er sich zurechtgelegt hatte, und warf Logik und Vernunft über Bord. Er sah nur, daß die Kinder in Gefahr waren und er ihnen helfen mußte. Was zählten da schon Zeitlinien und Theorien?
Mit einer Geschwindigkeit, die man dem eher behäbig wirkenden Drachen kaum zugetraut hätte, sprang er aus den Blumen hervor und lief auf die Treppe zu.
Der erste Zombie hatte den Kellerboden erreicht und wandte sich knurrend und mit ausgestreckten Klauen dem Drachen zu. Fooly wußte, daß er hier unten keinen Feuerstoß einsetzen konnte, denn die Gefahr war zu groß, daß der brennende Untote ihn oder eines der Kinder mit in Brand setzte.
Dann probieren wir eben etwas anderes, dachte der Drache, nahm ein paar Schritte Anlauf und warf sich mit der vollen Wucht seines massigen Körpers dem Zombie entgegen.
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