0660 - Gefangene der Zeit
viele Menschen auf Tendykes großem Grundstück in Sicherheit zu bringen. Dabei hatten sie den Vorteil, daß Florida mit Hurrikanen, Waldbränden und Springfluten schon so gebeutelt war, daß sie auf eine große Anzahl von Zelten, Ausrüstung sgegenständen und Medikamenten zurückgreifen konnten, die ohnehin in den größeren Städten des Staates für den Notfall bereitlagen.
Sie waren sich alle einig, daß es hätte schlimmer kommen können.
Zamorra nickte auf Teds Bemerkung zustimmend. »Du hast natürlich recht, aber momentan stehen wir schon ganz gut da. Ich glaube nicht, daß Stygia mit einem so heftigen Widerstand gerechnet hat. Seit wir die Blaster-Gew ehre haben und auch die normale Armee damit ausrüsten konnten, haben ihre Zombies ganz schön was einstecken müssen. Sie halten zwar immer noch New York und Washington, aber aus San Francisco haben sie sich zurückziehen müssen.«
»Haben wir schon Berichte aus dem mittleren Westen?« fragte Rob Pascal Lafitte, der mit Kopfhörern neben dem Funkgerät stand und damit ihre Verbindung zur Außenwelt darstellte.
Der junge Mann, der vor ein paar Wochen aus Frankreich herübergekommen war, um hier vorübergehend auszuhelfen, schüttelte den Kopf.
»Nein, noch nicht. Dafür habe ich aber Neuigkeiten aus Atlanta. Die Bürgerwehr, die wir dort ausgerüstet haben, konnte die Stadt verteidigen. Sie sagen, daß es seit zwei Tagen zu keinem neuen Angriff mehr gekommen ist.«
»Vielleicht ist es an der Zeit, Stygia einen Waffenstillstand anzubieten«, schlug Nicole vor. »Vielleicht sucht sie nur noch nach einem Weg, um selbst einigermaßen heil aus der Sache rauszukommen.«
»Laß uns damit lieber noch warten, bis die Prototypen da sind«, entgegnete Zamorra. »Dann haben wir einen wesentlich größeren Verhandlungsspielraum.«
Ted Ewigk nickte und betrachtete nachdenklich den Machtkristall, der neben ihm auf dem Tisch lag und das Sonnenlicht widerspiegelte. »Eins verstehe ich allerdings bis heute noch nicht. Was hat sich Stygia eigentlich von diesem Krieg erhofft? Wäre es nicht vernünftiger gewesen, langsam und diskret vorzugehen, damit nicht die ganze Welt von ihrem Plan erfährt? Immerhin lag die große Stärke der Hölle doch immer darin, daß nur wenige von ihrer Existenz wußten und nicht die ganze Menschheit gegen sie mobilisiert wurde. Warum verspielt Stygia diesen Vorteil so leichtsinnig?«
Das war eine Frage, die sich alle schon einmal gestellt hatten, ohne aber eine befriedigende Antwort darauf zu finden.
»Machtgier«, antwortete Zamorra nach einer kurzen Pause. »Und krankhafter Ehrgeiz. Ich glaube, daß Stygia mit dem Status Quo nicht mehr zufrieden ist und ihren Machtbereich ausdehnen will. Sie versucht, etwas zu verwirklichen, das noch keinem Höllenfürsten gelungen ist. Wenn sie die Erde beherrscht, werden sich die anderen Dämonen bis in alle Ewigkeit an sie erinnern. Vielleicht ist das der Grund.«
Nicole lächelte. »Du meinst eine Art dämonische Midlife Crisis?«
Pascals gehauchtes »O Gott« unterbrach die Diskussion.
Alle drehten sich zu ihm um.
»Was ist los?« wollte Rob wissen, aber Pascal hielt nur eine Hand hoch und preßte den Kopfhörer mit der anderen gegen sein Ohr. Offenbar war die Verbindung nicht sehr gut und er hatte Schwierigkeiten zu verstehen, was am anderen Ende gesagt wurde.
Stille senkte sich über den Raum, während jeder der Dämonenjäger in Gedanken die schrecklichen Szenarien durchspielte, die eingetreten sein konnten. Nach einer Zeitspanne, die objektiv nicht länger als eine Minute dauerte, ihnen subjektiv aber wie eine Ewigkeit erschien, nahm Pascal die Kopfhörer herunter.
»Sie haben El Paso«, murmelte er tonlos.
Jedem war klar, was das bedeutete.
Tendyke Industries hatte seinen Hauptsitz in El Paso. Von dort aus wurden sie mit Waffen und Ausrüstung versorgt. Auch die Blaster-Kanone entstand dort. Wenn die Konzern-Zentrale in die Hände der Hölle gefallen war, bedeutete das für sie alle eine Katastrophe, denn keine andere Firma hatte die Ressourcen oder das Wissen, um diese Waffen nachzubauen. Nicht einmal der Möbius-Konzern, mit dessen Juniorchef Zamorra ebenfalls bestens befreundet war. Aber gerade gegen diese Firmengruppe hatte Stygia gleich zu Anfang gewaltige Schläge führen lassen.
Tendyke griff wortlos nach dem Telefon und wählte eine kurze Nummer. Er lauschte einen Moment und warf das Telefon dann frustriert auf den Schreibtisch.
»Keine Verbindung«, sagte er.
»Vielleicht sind
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