Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
067 - Das Maedchen in der Pestgrube

067 - Das Maedchen in der Pestgrube

Titel: 067 - Das Maedchen in der Pestgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Davenport
Vom Netzwerk:
einem Abstand von fünfzig Metern und ließ sie nicht aus den Augen. Doch als ich eine
    Straße überquerte, blickte ich kurz zur Seite, und als ich den Kopf umwandte, war das Mädchen verschwunden. So, als hätte sie sich in Luft aufgelöst. Ein anderes Mal verfolgte ich sie bis in die Nähe des Stephansplatzes, dann verlor ich sie wieder aus den Augen.“
    Ich aß ein Brot, trank einen Schluck Bier und überlegte dabei.
    „In der Wohnung der Schwestern Reichnitz entdeckte ich Fußabdrücke“, sagte ich und sah die Schuhe des Mädchens an. „Größe sechsunddreißig?“
    Helnwein nickte.
    „Ich vermute, daß Steffi in der Wohnung war. Die Fußabdrücke könnten von diesen Schuhen herrühren.“
    „Aber wie kam sie ins Haus?“ fragte Helnwein. „Und wie in die Wohnung?“
    „Da fragen Sie mich zuviel. Eigentlich hätte ich gute Lust, der Familie Zamis einen Besuch abzustatten.“
    „Das wäre der hellste Wahnsinn“, sagte Helnwein.
    „Ich bin sicher, daß die Familie Zamis etwas mit dem Mädchen zu tun hat. Aber wenn Steffi ein Mitglied der Schwarzen Familie wäre, würde sie es kaum in Ihrem Haus aushalten.“
    „Stimmt“, sagte Helnwein. „Ich habe zu viele Dämonenbanner aufgestellt.“
    „Es wäre allerdings möglich, daß Steffi ihr Gedächtnis verlor“, sagte ich nachdenklich und aß ein zweites Brot.
    „In diesem Fall würden ihr die Dämonenbanner nicht viel ausmachen.“
    Ich rief mir nochmals die Visionen ins Gedächtnis, doch so sehr ich auch nachgrübelte, ich kam der Lösung des Rätsels nicht näher.
    Schließlich nahm ich das Amulett ab, das ich ständig um den Hals trug, hielt die runde Scheibe mit den magischen Zeichen in der rechten Hand und drückte sie auf das Gesicht des Mädchens. Nichts geschah. Ich hängte mir das Amulett wieder um den Hals.
    „Es hat den Anschein, als wäre das Mädchen kein Mitglied der Schwarzen Familie“, sagte ich. „Oder es verfügt über so gewaltige Kräfte, daß es gegen einfache Magie immun ist.“
    „Ich glaube eher an das erste“, meinte Helnwein.
    Ich schüttelte den Kopf. „Da bin ich mir nicht so sicher, warten wir die Nacht ab.“
    Wir wechselten uns in der Bewachung des Mädchens ab. Sie war noch immer bewußtlos. Als es dunkel wurde, bewegte sie sich leicht. Ich öffnete das Fenster. Die Straßenbeleuchtung flammte auf, und das Mädchen bewegte sich unruhiger. Gegen halb neun Uhr drehte sie sich zur Seite, schob das Bettlaken zurück und stand auf. Sie trat ans Fenster und blickte in den winzigen Garten hinunter.
    Ich blieb neben ihr stehen. Sie atmete schwer. Ich folgte dem Blick ihrer starren Augen. Sie sah den Mond an, dessen Scheibe fast voll war, dann streckte sie die Hände aus. Der Mond tauchte ihr schönes Gesicht in fahles Licht. Nach einigen Minuten ließ sie die Hände sinken, schloß die Augen, drehte sich um, griff nach der Bluse, schlüpfte hinein und knöpfte sie zu. Dann zog sie den Rock an und anschließend die kleinen Schuhe.
    Einen Augenblick blieb sie unschlüssig stehen, ehe sie sich in Bewegung setzte und mit kleinen Schritten zur Tür ging. Sie drückte die Klinke nieder, doch die Tür war abgesperrt. Helnwein hatte den Schlüssel eingesteckt.
    Er und ich standen zwei Meter hinter dem Mädchen und ließen es nicht aus den Augen. Ihre Finger suchten fieberhaft nach dem Schlüssel. Nach einer halben Minute gab sie das Suchen auf. Ich trat näher an sie heran. Sie öffnete die Augen, streckte eine Hand aus, und ich hielt den Atem an. Die Hand glitt durch die Tür hindurch, dann folgte die zweite Hand, und schließlich trat sie einfach durch die geschlossene Tür.
    „Das kann es nicht geben!“ keuchte Helnwein mit versagender Stimme.
    „Rasch!“ schrie ich. „Sperren Sie die Tür auf!“
    Helnweins Finger zitterten. Er fand das Schloß nicht. Ich nahm ihm den Schlüssel ab, sperrte die Tür auf und raste auf den Gang. Von dem Mädchen war nichts mehr zu sehen. Ich lief die Treppe hinunter. Sie sperrte gerade das Haustor auf und trat auf die Straße hinaus.
    Helnwein folgte mir.
    „Sie hat einen Haustorschlüssel“, sagte ich. „Gaben Sie ihr einen?“
    „Nein“, sagte er.
    „Heute morgen sah ich, daß sie aus ihrer Rocktasche einen Schlüssel holte und das Haustor aufsperrte. Woher bekam sie den Schlüssel, Helnwein?“
    „Das kann ich Ihnen nicht sagen, Dorian. Es ist mir unerklärlich.“
    „Ich folge dem Mädchen zu Fuß.“ Sagte ich. „Nehmen Sie den Wagen!“
    Helnwein nickte, stieg in den

Weitere Kostenlose Bücher