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067 - Das Maedchen in der Pestgrube

067 - Das Maedchen in der Pestgrube

Titel: 067 - Das Maedchen in der Pestgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Davenport
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beiden Händen nach dem Tuch und wollte es sich übers Gesicht ziehen. Da packte ich ihre Armgelenke und drückte zu. Ihr Gesicht verzerrte sich zu einer Fratze, die Wimpern zitterten. „Nein!“ brüllte sie gequält: „Ich halte das Licht nicht aus!“
    „Quälen Sie sie nicht so!“ bat Helnwein.
    „Nur mit der Ruhe“, sagte ich. „Wir wollen nichts von Ihnen. Sie sollen nur einige Fragen beantworten.“
    „Fragen Sie!“ keuchte sie.
    Ihre Aussprache klang ziemlich seltsam. Ich hatte Mühe, sie zu verstehen.
    „Wie ist Ihr Name?“
    „Stephanie“, sagte sie. „Steffi sagen die meisten.“
    Sie wollte sich aus meinem Griff befreien, doch ich hielt ihre Handgelenke zu fest. Ich sah sie genau an. Ihr Gesicht hatte sich jetzt etwas entspannt. Sie sah eigentlich recht hübsch aus. Irgend etwas zog mich an. Und je länger ich in ihr Gesicht starrte, um so reizvoller fand ich es. Nein, das war es nicht. Ich hatte den Eindruck, ich würde dieses Gesicht schon lange Zeit kennen. Andererseits stieß mich etwas ab. Ich konnte mir nicht erklären, was es war. Ich fühlte mich zu ihr hingezogen, und zugleich ekelte mich vor ihr.
    „Anno Domini 1713“, sagte ich.
    Mehr konnte ich nicht sagen. Sie stieß einen schrillen Schrei aus, und ihr Körper sackte in sich zusammen. Ich ließ ihre Handgelenke los. Sie war ohnmächtig geworden.
    Ich richtete mich auf, doch meine Knie gaben nach. Ich machte einen Schritt und fiel zu Boden. „Was ist mit Ihnen, Dorian?“ hörte ich Helnweins Stimme wie durch eine dicke Wand hindurch.
    Ich wollte etwas sagen, doch nur ein heiseres Krächzen kam über meine Lippen. Helnwein schob einen Stuhl heran. Kreise drehten sich vor meinen Augen. Alles hüllte sich in Nebel ein. Eine eisige Kälte ging von dem Mädchen aus.
    Dann wurde ich bewußtlos.
     

     
    Ich schwamm durch eine undurchdringliche Dunkelheit. Es war ein Sog, der mich unbarmherzig mit sich fortriß. Kühle und fauliger Gestank umgaben mich. Dann hörte ich ein sanftes Summen. Der Geruch wurde intensiver.
    Schließlich wurde es langsam hell und ich konnte Einzelheiten erkennen. Ein dunkelblauer Himmel spannte sich über mir. Das Knarren von Rädern war zu hören. Stimmengemurmel. Niedrige Häuser – weit entfernt. Das Knarren wurde lauter. Es stank bestialisch. Unrat lag auf der Straße. Ich ging hinter einem Leiterwagen her und blickte an mir herunter, doch ich konnte nichts sehen. Ich streckte die rechte Hand aus, griff mir an die Brust, fühlte den Stoff des Rockes, doch ich konnte ihn nicht sehen.
    Die Räder des Leiterwagens rasselten über das Kopfsteinpflaster. Auf der Straße lagen schmutzige Tücher. Lautes Schreien war zu hören.
    Zwei Männer zogen den Leiterwagen. Ihre Oberkörper waren nackt. Der Schweiß lief in breiten Strömen über ihre Gesichter, die Haare schimmerten feucht.
    Ich folgte dem Wagen. Er war voll mit Toten. Es mußten mehr als ein Dutzend sein.
    Und plötzlich wußte ich, wo ich mich befand. Es war der Grüne Markt, der jetzt Graben heißt. Der Karren wurde am Elefantenhaus und an der Dreifaltigkeitssäule vorbeigezogen. Der Stephansdom und der Friedhof kamen in Sicht.
    Ich wandte den Kopf. Hinter uns fuhren noch einige Leiterwagen, die ebenfalls von halbnackten Sträflingen gezogen wurden.
    Und dann lag die gewaltige Grube vor uns. Die Sonne stand hoch am Himmel. Der Wagen hielt, und die Seitenwände wurden heruntergeklappt. Einige Männer mit langen Stangen tauchten auf.
    Ich trat an den Grubenrand. Hunderte von Toten lagen darin. Die Männer stießen mit den langen Stangen nach den Toten, die auf dem Wagen lagen. Einer nach dem anderen fiel in die Grube hinunter. Ihre Gesichter waren aufgedunsen und mit schwarzen Flecken übersät. Eine Hand streckte sich mir entgegen, und ich kam näher. Die Hand war klein und weiß und wollte nach mir greifen. Entsetzt trat ich zurück.
    Die Gestalt richtete sich auf. Das lange blonde Haar floß über die schmalen Schultern, die großen braunen Augen blickten mich hilfesuchend an.
    „Steffi!“ schrie ich, doch niemand hörte mich. „Steffi!“
    Das Mädchen setzte sich auf. Ihr weißes Hemd und der lange grüne Rock waren zerfetzt. Eine Stange stieß gegen ihre Brust. Sie wollte die Stange abwehren, doch plötzlich waren es zwei, drei, ein Dutzend Stangen.
    Das Mädchen schrie, doch niemand hörte auf sie. Unerbittlich stießen die Stangen auf sie ein.
    Sie streckte mir nochmals die Hände entgegen, dann fiel sie vom Wagen. Das Mädchen drehte

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