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067 - Das Maedchen in der Pestgrube

067 - Das Maedchen in der Pestgrube

Titel: 067 - Das Maedchen in der Pestgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Davenport
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sich um die eigene Achse und klammerte sich am Grubenrand fest, doch die Stangen stießen nach ihren kleinen Händen. Sie fiel in die Tiefe. Der weite Rock bauschte sich auf, dann verschwand sie in der Masse der Toten, die Hände hilfesuchend emporgestreckt. Immer mehr Tote wurden in die Grube geworfen, bis sie voll war.
    Langsam verblaßte das Bild. Wieder war Dunkelheit um mich. Eisige Hände hoben mich hoch. Mein Körper wurde wie im Fieber geschüttelt.
     

     

„Dorian!“
    Die Stimme war kaum zu hören.
    „Dorian!“
    Meine Lider waren wie Blei.
    „Dorian!“
    Ich wollte die Augen öffnen, wollte schreien, wollte das eben Gesehene verdrängen, wollte zurück in die Dunkelheit, doch die Stimme ließ nicht locker.
    „Dorian Hunter, so wachen Sie doch endlich auf!“
    Jemand packte meine Schulter.
    „Nicht“, sagte ich schwach. „Nicht.“
    Die Hand verschwand. Ich öffnete die Augen – und da war sie. Steffi! Sie atmete schwach. Ich griff nach ihrer Hand. Sie war eiskalt.
    „Was war mit Ihnen los, Dorian?“ fragte Helnwein. „Sie sind bleich wie ein Leinentuch.“
    Ich blickte ihn an und schloß wieder die Augen.
    „Ich – war – fort“, sagte ich stockend. „Unendlich weit – fort. War ich ohnmächtig?“
    „Ja“, sagte Helnwein. „Mehrere Minuten lang. Sie sahen erschreckend aus. Sie schrien, Ihr Gesicht verzerrte sich, und Sie hatten Schweißausbrüche. Haben Sie etwas geträumt?“
    Ich fuhr mir mit der Hand über die Stirn.
    „Ich weiß nicht, ob es ein Traum war“, Sagte ich schwach. „Alles war so real.“ Ich blickte das Mädchen an. „Ich sah, wie man sie in eine Pestgrube warf. Es war ein entsetzlicher Anblick.“
    „In eine Pestgrube?“ fragte Helnwein überrascht.
    „Ja“, sagte ich.
    „Aber das …“ Er brach ab und ich sah ihn an. „Wo befand sich diese Pestgrube?“
    „Vor dem Dom“, sagte ich. „Es war eine riesige Grube. Zu Dutzenden wurden die Leichen hineingeworfen. Und dieses Mädchen war darunter. Aber sie war nicht tot. Sie streckte mir die Hände entgegen.“
    „Wo befand sich diese Grube? Die genaue Stelle! Reden Sie!“
    „Ungefähr dort, wo die Kärntnerstraße beginnt“, sagte ich.
    „Was trug das Mädchen?“ fragte Helnwein.
    Seine Stimme klang erregt.
     

     
    „Ein weißes Hemd und einen grünen Rock“, sagte ich.
    Helnwein atmete rascher.
    „Was ist mit Ihnen?“ fragte ich.
    „Das Mädchen trug ein zerrissenes weißes Hemd und einen grünen Rock, als ich sie fand.“
    Ich schluckte kurz. Die Müdigkeit schwand langsam aus meinen Knochen. Mein Geist war aber immer noch alles andere als rege. Ich versuchte mich zu konzentrieren, was mir mit einiger Anstrengung schließlich gelang.
    „Die Vorstellung ist zu absurd“, murmelte ich. „Sie meinen, daß Steffi tatsächlich in der Pestgrube begraben wurde und nun bei dem U-Bahn-Bau zum Leben erwachte?“
    „Es könnte doch so gewesen sein“, meinte Helnwein.
    Ich legte die Stirn in Falten und warf dem ohnmächtigen Mädchen einen Blick zu. Irgend etwas stimmte nicht mit ihr. Ich hatte heute zweimal Visionen erlebt, in denen das Mädchen vorgekommen war. Und vergangene Nacht hatte ich von ihr geträumt. Spielte mir mein Unterbewußtsein einen Streich oder aber daran wollte ich nicht denken.
    „Sie sind doch bis zu einem gewissen Grad unsterblich, Dorian“, sagte Helnwein. „Wäre es nicht denkbar, daß Sie …“
    Ich zündete, eine Zigarette an und inhalierte tief.
    „Sie meinen“, sagte ich langsam. „Daß ich nicht nur einfach Visionen hatte, sondern mich an Dinge erinnerte, die ich in der Vergangenheit selbst erlebte?“
    „Es wäre doch möglich.“
    „Unsinn“, sagte ich unsicher und stand auf.
    Das Mädchen war noch immer bewußtlos.
    „Was wollen Sie jetzt machen, Dorian?“
    „Sie sagten, daß Steffi jede Nacht das Haus verläßt. Wir werden ihr folgen.“
    „Und was ist mit dem Haus der Schwestern Reichnitz?“
    „Das hat Zeit“, sagte ich. „Zuerst möchte ich hinter das Geheimnis des Mädchens kommen.“
     

     
    Ich hatte die Jalousien wieder heruntergezogen und saß neben dem Bett. Das Mädchen war noch immer bewußtlos. Helnwein brachte eine Flasche Bier und ein paar belegte Brote.
    „Folgten Sie dem Mädchen, wenn es das Haus verließ?“ fragte ich.
    „Ja“, sagte Helnwein. „Einmal verschwand sie in der Nähe des Anwesens der Familie Zamis.“ „Was heißt verschwand?“
    „Das ist schwer zu schildern“, meinte Helnwein. „Ich folgte ihr in

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