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067 - Das Maedchen in der Pestgrube

067 - Das Maedchen in der Pestgrube

Titel: 067 - Das Maedchen in der Pestgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Davenport
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Bett?“
    Er rieb sich die Augen und sah sich verwundert um.
    „Antworten Sie!“ sagte ich heftig und setzte mich ihm gegenüber.
    „Keine Ahnung“, sagte er schwach. „Ich hätte schwören können, daß ich zu Bett gegangen bin. Aber vielleicht …“ Er hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. „Vielleicht wollte ich schlafen gehen und bin hier eingeschlafen. Das ist mir schon öfters passiert.“
    „Hm“, sagte ich. „Wußten Sie, daß Eva das Haus verlassen hatte?“
    „Sie war fort?“
    „Ja“, sagte ich. „Ich konnte nicht mehr schlafen und sah auf die Straße. Da kam sie nach Hause. Das war vor vielleicht zehn Minuten.“
    Ich merkte, daß er sich nur mühsam beherrschte.
    „Sie war fort“, wiederholte er kopfschüttelnd.
    „Und sie sah sehr seltsam aus“, fuhr ich fort. „Ihr Haar war zerzaust und voller Spinnfäden.“ Helnwein wurde bleich.
    „Können Sie sich erklären, wo sie gewesen ist?“
    „Keine Ahnung“, sagte er.
    Ich beugte mich vor und sah Helnwein in die Augen. „Herr Helnwein, Sie lügen. Mit dem Mädchen stimmt etwas nicht, und Sie wissen es. Warum sagen Sie mir nicht die Wahrheit?“
    Seine Lippen bebten. „Wie können Sie mir unterstellen, daß ich lüge.“
    Ich seufzte. „Ich war ehrlich zu Ihnen, aber Sie sind es nicht. Ich bleibe bei meiner Behauptung: Mit dem Mädchen stimmt etwas nicht, und Sie lügen.“
    Helnwein gab mir keine Antwort. Sein Kopf war auf die Brust gesunken, und er atmete schwer. „Lassen Sie mich allein, Hunter!“ sagte er. „Lassen Sie mich allein!“
    Ich stand auf und warf ihm beim Hinausgehen einen raschen Blick zu. Er sah jetzt uralt aus.
    Ich schloß die Tür leise, ging ins Badezimmer und rasierte und wusch mich.
     

     
    Um acht Uhr betrat ich erneut das Wohnzimmer. Helnwein stand bei meinem Eintritt auf.
    „Sprechen wir nicht mehr über das Mädchen“, sagte er. „Vielleicht erzähle ich Ihnen später einiges.“ „Wie Sie wollen, Herr Helnwein“, meinte ich.
    „Tut mir leid, Hunter“, sagte Helnwein. „Ich kann jetzt nicht darüber sprechen. Es ist …“
    „Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen“, sagte ich kühl. „Wenn Sie es mir erzählen wollen, dann tun Sie es, wenn nicht, dann lassen Sie es eben bleiben.“
    Er nickte. „Was wollen Sie zum Frühstück?“
    „Ich habe keinen Hunger“, sagte ich. „Eine Tasse Kaffee reicht.“
    Das Frühstück verlief ziemlich schweigsam. Ich trank zwei Tassen Kaffee, während Helnwein ausgiebig aß. Kurz nach neun Uhr fuhren wir los. Helnwein saß hinter dem Steuer seines klapprigen Volkswagens. Er war ein überraschend sicherer Fahrer, der sich nicht sehr an die Geschwindigkeitsbegrenzung hielt. Auf dem Parkplatz vor der Oper stellten wir den Wagen ab. Wir stiegen aus und gingen die Kärnterstraße entlang, die direkt zum Stephansplatz führt. Wir sprachen nicht viel miteinander. Gelegentlich blickte ich in eine Auslage und beobachtete die Passanten.
    Einige Minuten vor zehn Uhr erreichten wir den Stephansplatz, und ich blieb überrascht stehen.
    Eine riesige Baugrube lag vor uns.
    „Sieht nicht besonders schön aus, was?“ fragte Helnwein.
    „Das kann man wohl sagen“, meinte ich.
    „U-Bahn-Bau“, sagte Helnwein erklärend. „Wie alles in Wien kommt sie zu spät. Ich werde wohl kaum mehr erleben, daß eine Linie fertig wird. Unsere Stadtverwaltung ist so ziemlich das letzte, was man sich vorstellen kann. Würde man ein paar dressierte Affen ins Rathaus setzen, würde man keinen Unterschied merken.“
    Ich lachte.
    „Sie können gut lachen, Hunter“, sagte Helnwein. „London hat seit vielen Jahrzehnten eine U-Bahn. Manchmal glaube ich tatsächlich, daß in Wien der Balkan anfängt.“ Helnwein seufzte. „Aber es hat keinen Sinn, sich aufzuregen. Bei den nächsten Wahlen wird sich auch nichts ändern. Da präsentieren alle Parteien tolle Programme, und wenn die Wahlen vorbei sind, verschimmeln die Pläne in irgendeiner Lade. Wenn ich etwas zu sagen hätte, würde man alle Politiker …“ Er winkte mit der rechten Hand resigniert ab. „Sehen Sie sich nur die Arbeiter an! Die stehen alle wie Denkmäler herum.“
    Brummend ging er unter einem Bretterverschlag durch, und ich folgte grinsend.
    Wir betraten den Dom. Ich hatte ihn schon einmal vor einigen Jahren besichtigt und fand ihn sehr eindrucksvoll. Vor einer Stiege im linken vorderen Seitenschiff des Doms blieben wir stehen. Auf einer Tafel stand: Nächste Führung zehn Uhr. Eintritt für Erwachsene

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