0670 - Der Sarg-Designer
regelrechte Seminare ab und versuchten, die Kräfte der Vergangenheit wieder modern werden zu lassen, um in ihr die Aufbausteine für ihr Leben zu finden.
Ich stand ihnen skeptisch gegenüber. Oft vermischten sie Politik, Soziologie und Esoterik zu einem Konglomerat, das sie auf den rechten Weg bringen sollte.
Monty hatte den Kopf gesenkt, starrte auf seine Zehenspitzen und wurde von Suko bewacht.
Ich kümmerte mich um die drei Frauen. Vor Francine Joy blieb ich stehen. Mittlerweile war mir eingefallen, woher ich sie kannte. Sie roch anders als bei unserer ersten Begegnung. Gesicht und Körper mußte sie sich eingerieben haben. Ihre Augen besaßen den nach innen gerichteten Blick, als wäre sie dabei, in eine andere Welt zu schauen.
»Was ist mit dem Mann dort?«
»Es ist Lintock.«
»Und?«
»Ein Reporter, der Leo interviewen wollte. Dazu ist es nicht mehr gekommen.«
»Okay. Und was habt ihr mit ihm zu tun?«
»Er wäre unser Medium gewesen.«
Ich legte die Stirn in Falten. »Medium? Für was, für wen? Vielleicht für die Große Mutter?«
»Das kann sein.«
»Es wird wohl so sein.«
Die Joy lächelte kalt. »Na und? Würde es Sie stören? Was wissen Sie überhaupt davon?«
Ich hob die Schultern. »Möglicherweise mehr, als Sie denken, Miß Joy. Aber das ist jetzt nicht das Thema.«
»Nicht für Sie. Und eines, Sinclair. Glauben Sie nur nicht, daß wir Ihnen jetzt dankbar sein werden, weil Sie und Ihr Kollege uns diesen Irren vom Hals gehalten haben.«
»Damit hätte ich auch nicht gerechnet.«
»Dann ist es gut.« Sie räusperte sich. »Außerdem wäre es ihm kaum gelungen, uns zu töten. Wir hätten uns schon zu wehren gewußt, das können Sie mir glauben.«
»Tatsächlich?«
»Sicher. Geben Sie acht.« Francine Joy drehte sich und ging zu einer bestimmten Stelle des Raumes, wo sie aus einer Lücke zwischen zwei Särgen etwas hervorholte, das mir im ersten Augenblick wie ein langer Stab vorkam.
Es war kein Stab, sondern ein Schwert, schmal wie ein Säbel oder wie ein normales Messer. Der Griff war ebenfalls sehr klein. An seinem Ende befanden sich zwei zu verschiedenen Seiten hinschauende Vogelköpfe mit großen Glotzaugen.
»Damit hätten Sie sich verteidigt?«
»So ist es.«
»Sie hätten es erst holen müssen.«
Ihr Lachen wurde wissend. »Möglich, Sinclair. Oder auch nicht. So genau weiß man das nie. Es ist unsere Waffe, sie ist für uns gemacht. Eine Frau kann sie führen, und eine Frau wird damit zu einer tödlichen Maschine.« Sie öffnete ihren Umhang. Mein Blick fiel auf ihren nackten Körper, wo ich die Kette und auch das schwarze Kreuz sehen konnte. Sie preßte die Waffe gegen die bloße Haut. Der hochstehende Griff fand genau Platz zwischen ihren Brüsten.
Wie eine Statue sah sie aus. Umspielt von den Flammen, die auch die Klinge nicht verschonten.
»Das ist unser Schutz!«
»Bitte, wenn Sie das so sehen.«
Francine nickte. Die Haare umwallten ihren Kopf. Sie kamen mir vor wie ein knisterndes Gebilde. Von dieser Gestalt strömte eine Kraft aus, die auf mich ihren Eindruck ebenfalls nicht verfehlte.
Francine Joy war etwas Besonderes.
»Okay, wir werden gehen«, sagte ich. »Es ist klar, daß wir die Kollegen herholen müssen. Sie werden sich ihren Verhören stellen. Es ist die ganz normale Polizeiarbeit.«
»Das verstehen wir, Sinclair. Keine Sorge, wir werden die Arbeit nicht behindern.«
Bevor wir uns auf den Weg machten, kümmerte ich mich noch um diesen Lintock.
Als ich den Kreis betrat, hatte ich plötzlich den Eindruck, zweigeteilt zu werden. Etwas durchzuckte mich wie ein Blitzstrahl. Das Geschehen blieb auf meine Brust konzentriert, und zwar dort, wo sich das Kreuz befand. Es hatte reagiert, denn es spürte den magischen Einfluß innerhalb dieses Gebildes. Ich drehte mich herum und schaute auf Francine.
Sie rührte sich nicht, aber sie lächelte.
Ich nickte ihr zu, bückte mich und fühlte nach dem Puls des Reporters.
Er schlug noch. Auch der Atem wehte nach wie vor aus seinem kaum geschlossenen Mund.
Ich zog ihn aus dem Kreis und legte ihn dicht daneben zu Boden.
Suko, die Frauen und Monty beobachteten mich dabei. Sie sagten kein Wort und ließen mich in Ruhe.
»Wollen Sie nicht hier vom Haus aus anrufen?« erkundigte sich Francine Joy.
»Nein, danke, wir werden den Kollegen vom Wagen aus Bescheid geben. Wichtig ist, daß Sie bleiben.«
»Darauf können Sie sich verlassen, Sinclair.«
»Danke.«
Suko hatte bereits gewartet. Er schaute mir entgegen.
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