0672 - Schwingen des Todes
magischen Machtfülle. Vielleicht konnte er ihr helfen.
Aber würde er es tun, nachdem sie ihm den Laufpaß gegeben hatte? Und wo hielt er sich jetzt auf? Auf der Erde oder unerreichbar fern in einer der Welten, die er durch seine Träume schuf?
Yves
Das Fieber wurde stärker. Ihr Körper brannte. Ihr Geist brannte. Sie taumelte, konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Konnte kaum noch etwas sehen. Sie suchte den Schatten, die Dunkelheit.
Yves, komm doch endlich zu mir und hilf mir! Vergiß deinen Rachefeldzug gegen Morano, er nützt mir ohnehin nichts! Ich brauche dich hier, Yves! Hilf mir
Sie mußte sich an eine Hausmauer lehnen, um nicht zu stürzen. Kalter Schweiß perlte über ihre Stirn. Sie erschauerte. Sie glühte und fror zugleich. Und plötzlich begriff sie, daß ihr der Tod so nahe war wie nie zuvor.
Wenn er doch nur käme und sie holte! Sie aus diesem Dilemma befreite Sie öffnete den Mund. Finger tasteten nach langen spitzen Zähnen. Ihr wurde schwindelig, die Welt begann um sie zu kreisen. Ihre Beine gaben unter ihr nach, und langsam rutschte sie, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, abwärts.
Yves würde sie nicht mehr erreichen. Nicht mehr lebend vorfinden.
Das, was in ihr glühte und brannte, fraß sie auf.
***
Yves Cascal befand sich nicht in Baton Rouge. Er war einer Spur gefolgt, die ihn zu Tan Morano führen sollte, sich letztlich aber als Sackgasse erwies. Der alte Vampir war nicht zu fassen, und Cascal überlegte bereits ernsthaft, ob er versuchen sollte, mit dem Silbermond-Druiden Gryf ap Llandrysgryf in Kontakt zu kommen. Der war doch Experte, was die Jagd auf Blutsauger anging, nur hatte Yves nicht die geringste Vorstellung davon, wie und wo er Gryf finden sollte. Angeblich wohnte der in einer Hütte in Wales, ob er aber gerade jetzt dort anzutreffen war und nicht irgendwo in der Welt herumreiste, war ebenso offen wie Wales von den USA entfernt.
Vielleicht konnte Zamorra oder einer seiner Freunde den Kontakt herstellen.
Dagegen sprach, daß Yves sich ungern auf fremde Hilfe verließ. Er wollte sich keinem anderen Menschen verpflichten. Was er tat, erledigte er lieber im Alleingang. Und von Zamorra wollte er sich erst recht nicht gern helfen lassen, weil der mit Ombres Vorgehensweise selten einverstanden war. Ihm gefiel die Kompromißlosigkeit und Härte nicht, die Yves anwandte, und ihm gefiel nicht, daß Ombre sich der Rache verschrieben hatte, weniger der Gerechtigkeit. Das gehörte nicht in Zamorras Weltbild.
Zamorra war einfach zu weich.
Daß er im Kampf gegen die Horden der Finsternis so lange überlebt hatte, erschien Yves immer wieder unwahrscheinlich, wenn er darüber nachdachte. Vermutlich war es eher die Erfahrung in magischen Dingen, die Zamorra half. Erfahrung, die Yves größtenteils noch fehlte. Er hatte sich in den letzten Jahren bemüht, so viel wie möglich zu lernen, aber Menschen wie Zamorra und seine Crew würden ihm immer weit voraus sein.
Yves schlenderte auf eine Telefonzelle zu. Vielleicht sollte er sich doch einen Stoß geben und anrufen. Das Geld für ein Gespräch nach Frankreich hatte er. Er war vor ein paar Monaten an eine größere Summe gekommen, die ihm ein gewisses Polster für seinen Rache- und Vernichtungsfeldzug gab. Allerdings wurde er sein schlechtes Gewissen nicht mehr los, das ihm vorwarf, mit diesem Geld seiner Schwester und sich endlich den Start in ein etwas menschenwürdigeres Leben ermöglichen zu können - während er es für sich und seinen Kampf behielt. So viel Geld wie jetzt hatten die Cascals noch nie zuvor auf einem Haufen gesehen. Eine andere, bessere Wohnung, 'raus aus dem Slum-Gebiet vielleicht sogar fort aus Baton Rouge und dorthin, wo es mehr und bessere Arbeit gab als die Gelegenheitsjobs, die Yves von Zeit zu Zeit annahm. Vielleicht einen Teil des Geldes in Schulungen investieren, um sich besser zu qualifizieren Doch die Jagd auf Lucifuge Rofocale war ihm wichtiger gewesen.
Und jetzt jagte er Tan Morano.
Er dachte an Angelique, hoffte immer noch, sie von dem Vampirkeim befreien zu können, doch je länger die Jagd andauerte, desto geringer wurde die Hoffnung.
Er dachte an Angelique, und plötzlich glaubte er sie rufen zu hören.
Yves, hilf mir! Warum bist du nicht hier? Ich brauche dich Yves, komm doch endlich zu mir und hilf mir! Vergiß deinen Rachefeldzug gegen Morano, er nützt mir ohnehin nichts! Ich brauche dich hier, Yves! Hilf mir
Eine Stimme in seinem Kopf - ihre Stimme! Sie elektrisierte ihn.
Wie
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