0672 - Schwingen des Todes
nicht programmiert worden.
»Wenn keiner von euch etwas für Angelique tun will - ich bringe sie jetzt zurück in ihre Wohnung!« sagte er.
Er setzte sich in Bewegung.
Jetzt, da er sie auf den Armen hatte, war sie leichter, als er erwartet hatte. Er durchbrach den Kreis der anderen und überquerte die Straße, erreichte unbehelligt das Haus. Weitaus lieber wäre es ihm gewesen, er hätte sich darum kümmern können, wie und wohin Calderone verschwunden war. Aber das hätte man ihn nicht tun lassen. Sein jetziger Samariterdienst wurde honoriert - zumindest, indem man ihn einfach in Ruhe ließ.
Die anderen blieben einfach verwirrt stehen, wußten nicht, was sie tun sollten.
Niemand hinderte Zamorra daran, Angelique in ihre kleine Wohnung zu tragen. Er legte sie auf ihr Bett und trat zurück.
Die ganze Zeit über hatte sie sich nicht gerührt.
Er fragte sich nach dem Grund. Schließlich wußte er doch, daß sie bereits wach war! Sie hatte doch schon ihre Zähne gezeigt!
»Angelique«
Er sprach sie an.
Mit geschlossenen Augen flüsterte sie: »Kannst du mir helfen, Zamorra?«
»Bestimmt«, versicherte er, obgleich er sich der Sache gar nicht sicher war.
Mit einem Ruck richtete sie sich auf. Aus immer noch geschlossenen Augen sah sie ihn an. Irgendwie wußte er, daß sie ihn durch die Lider wahrnehmen könnte.
»Nein«, sagte sie leise. »Du kannst mir nicht helfen. Du willst es, aber dir ist es unmöglich. Nicole kann mir helfen. Bittest du sie darum?«
»Nicole? Ja sicher. Warum gehst du nicht einfach nach Château Montagne? Die Regenbogenblumen«
»Ich kann sie nicht mehr benutzen«, sagte sie.
»Weiß Yves, daß du wieder hier bist?«
»Nein.«
»Weißt du, wo er jetzt ist?«
»Er jagt Morano.«
»Und wo ist Morano?«
»Er jagt mich. Aber ich weiß nicht, wo er gerade ist. Er weiß hoffentlich auch nicht, wo ich gerade bin. Bitte Nicole, mir zu helfen. Schnell. Denn ich werde hier nicht bleiben können.«
Jetzt öffnete sie die Augen.
Und er sah wieder ihre Zähne, wie sie wuchsen, vampirisch lang und spitz wurden von einem Moment zum anderen.
»Warum nicht?« fragte er.
Sie antwortete nicht.
Sie schnellte sich hoch, warf sich auf ihn. Damit überraschte sie ihn völlig. Er brachte es eben noch fertig, ihren Angriff abzuwehren, sie zurückzustoßen. Sein Amulett reagierte wieder einmal nicht, aber er sah ihre gebleckten, spitzen Zähne, er sah ihr verzerrtes Gesicht und in ihren Augen einen Ausdruck, der ihn erschreckte.
Sie wiederholte ihren Angriff nicht; sie wirbelte herum und flüchtete aus dem Zimmer. Zamorra streckte die Hand aus, um sie festzuhalten, verfehlte sie aber. Angelique war zu schnell für ihn.
Er folgte ihr, konnte sie aber nicht mehr sehen. Er hörte Türen knallen. Stürmte nach draußen. Aber von Angelique war nichts mehr zu sehen. Statt dessen hielten sich zwei der Männer von vorhin vor der Haustür auf. Zamorra schob sie beiseite. Sah nach rechts und links die Straße entlang, warf vorsichtshalber sogar einen Blick nach oben.
Keine Spur von Angelique.
Die beiden Männer hatten sie auch nicht gesehen.
Zamorra ging ins Haus zurück, prüfte den Hinterausgang. Aber dessen Tür klemmte. Selbst mit vampirischer Kraft hätte Angelique zwei bis drei Sekunden verloren, sie aufzureißen. Zmorra checkte die nach oben führende Treppe bis hinauf zum Dach. Aber auch hier war Angelique nicht zu finden. Sie war wie vom Erdboden verschluckt.
Schulterzuckend ging er wieder nach unten und war froh, daß ihm im Treppenhaus niemand begegnete. Er hatte keine Lust, Fragen zu beantworten, was er, der Fremde, in diesem Haus herumzustrolchen habe.
Vor der Tür der Cascal-Wohnung lehnte er sich an die Wand.
Warum war Angelique vor ihm geflohen? Und wo war Yves? Wie würde er darauf reagieren, daß seine Schwester sich wieder hier gezeigt hatte?
Zamorra hieb mit der Faust gegen die Wand hinter sich. »Verdammt«, murmelte er. »Verdammt noch mal«
***
Angelique hatte fliehen müssen, wenn sie Zamorra nicht verletzen wollte. Blitzartig war der Blutdurst in ihr unwahrscheinlich stark geworden, und wenn sie nur noch ein paar Sekunden länger in der Wohnung oder überhaupt in der Nähe eines Menschen geblieben wäre, hätte sie über diesen herfallen müssen. Der Drang war so mächtig geworden, daß sie ihm nicht mehr hätte widerstehen können.
Sie begriff, daß sie nicht mehr lange durchhalten konnte. Der Augenblick kam immer näher, an dem sie die Zähne in den Hals eines Menschen
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