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0676 - Die Höhle des Grauens

0676 - Die Höhle des Grauens

Titel: 0676 - Die Höhle des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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wie er glaubte, unvermeidlichen Aufprall hatte er die Augen geschlossen, um nicht sehen zu müssen, was er anrichtete. Aber der erwartete Knall war ausgeblieben. Der Spitzel warf einen Blick in den Rückspiegel: Ein leeres Stück Ufer. Er drehte den Kopf, aber der Anblick änderte sich nicht. Die beiden Fremden waren verschwunden.
    Das kann nicht sein, dachte Lei Feng verwirrt. Niemand kann so schnell laufen. Er spielte die Szene noch einmal in Gedanken durch, aber sie ergab auch in der Wiederholung keinen Sinn. Es war, als habe die Erde die Fremden verschluckt.
    »Feng«, sagte eine Stimme leise hinter ihm. Der Spitzel fuhr herum und sah Me Xiang, die aus den Felsen hervorgetreten war und neben ihm stehen blieb. Sie rieb sich mit einer Hand die Stirn, während sie sich mit der anderen am Wagen abstützte.
    »Was ist hier passiert?« fragte sie. »Wieso bin ich hier? Da waren… Stim men… Frauen in meinem Kopf… Alles war so…«
    Sie brach ab und schüttelte sich. »Hast du Wasser? Ich habe schrecklichen Durst.«
    Lei Feng lächelte dünn. Er verstand plötzlich, was sich an diesem Ufer abgespielt hatte. Die beiden imperialistischen Klassenfeinde, die er verfolgt hatte, verfügten offensichtlich über eine neuartige Waffe, mit der sie sich unsichtbar machen konnten. Sie waren geflohen und hatten ihre Komplizin zurückgelassen, die jetzt vortäuschte, geisteskrank zu sein, um einer Vernehmung durch die Polizei zu entgehen. Nicht mit ihm. Der Spitzel griff nach der Pistole, die er auf den Beifahrersitz gelegt hatte und richtete sie auf die junge Frau. Me Xiangs Augen weiteten sich.
    »Dort, wo wir jetzt hinfahren, wirst du bestimmt Wasser bekommen«, sagte er gönnerhaft, »zumindest bis man dich hinrichtet.«
    Er blinzelte, als unvermittelt einer der beiden Fremden neben Me Xiang auftauchte.
    »Du bist wirklich ein schlechter Mensch«, sagte der blonde Mann, faßte Me Xiang am Arm und verschwand mit ihr.
    Lei Feng drückte ab. Fast eine Minute lang preßte er den Zeigefinger immer wieder gegen den Abzug, bevor er begriff, daß er die Waffe nicht entsichert hatte.
    »Scheiße!« schrie er wütend und warf die Pistole in den Fußraum des Wagens. Die Konsequenzen seiner gescheiterten Aktion wurden ihm plötzlich klar. Er saß mit einer gestohlenen Waffe in einem ebenso gestohlenen Polizeiwagen und hatte keine Beweise für das, was sich hier abgespielt hatte. Jetzt blieb ihm nur noch eine Möglichkeit: Seinem Führungsoffizier berichten, was passiert war und hoffen, daß er ihm glaubte. Große Chancen malte er sich allerdings nicht aus, womit er recht hatte, denn keine drei Tage nach seinem Bericht saß er bereits in einem der überfüllten Züge in Richtung Norden, um seine neue Stelle als Bergarbeiter in einer Mine an der kalten Grenze zu Rußland anzutreten.
    ***
    Bei all den Götterdämonen des Himmelskaisers, dachte Shao Yu entsetzt. Er kann die Schriftzeichen nicht lesen.
    Im ersten Moment, als Zamorra nicht auf die Aufforderung des Affenköpfigen reagierte, hatte sie noch geglaubt, er wolle ein Spiel mit seinem Gegner spielen, aber jetzt erkannte sie die Wahrheit. Sie hatte es versäumt, das Wissen über die chinesische Schrift in ihn hinein zu träumen und hatte nun nicht mehr genügend Zeit, ihren Fehler auszugleichen. Shao Yu wußte, daß ihr Plan kurz vor dem Scheitern stand. Zamorra mußte Wu besiegen, damit nur noch er und sie übrig waren. Die Richter würden eine Fortsetzung des Kampfes fordern, aber Yu hatte vorgesorgt. In ihrer Robe trug sie ein Schreiben des Priesters vom Tempel des Wolfs, das ihre Vermählung mit Zamorra bestätigte. Kein Richter würde fordern, daß ein Mann gegen seine eigene Frau antrat - auch wenn er nichts von dieser Ehe wußte. Zum ersten Mal in der Geschichte dieser Stadt würden zwei Sieger den Ort der Prüfung verlassen: Zamorra, als neuer Hofzauberer Kuang-shis und seine Frau, Yu. Aber um das zu erreichen, mußte Zamorra erst einmal Wu besiegen.
    Hektisch begann Shao Yu, mit der Schreibfeder Sprüche auf das Pergament zu zeichnen. Vielleicht gelang es ihr so, Wu von ihrem Geliebten abzulenken. Es zeugte zwar von schlechten Manieren, aber in der Geschichte dieser Prüfungen war es durchaus schon vorgekommen, daß ein Zauberer den anderen durch Körpereinsatz und nicht durch die Macht seiner Magie getötet hatte. Verboten war das zumindest nicht.
    Der affenköpfige Zauberer räusperte sich. »Da mein ehrenwerter Kollege das Angebot, das ich ihm gemacht habe, anscheinend

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