0677 - Das Haus der Hyänen
dass der blutige Boris verdammt schnell war und keine Gnade kannte, wenn es darum ging, den Fluch zu erfüllen.
Im jetzigen Haus des ermordeten Totengräbers hatte der Apostel ihm also den Kopf abgeschlagen. Klar, dass dies ein unheiliger Boden war und sich eine Bestie wie Boris Barlow dort wohl fühlen konnte. Dort wollte er seine Aufgabe erfüllen.
Noch mussten wir durch die flache Landschaft fahren, oft eingehüllt in staubfeine Schneewolken, die auch durch den Riss in der flatternden Plane drangen.
Dann sahen wir das Licht.
Ein kleines Etwas noch weit vor dem hellen Lichtschub unserer Scheinwerfer.
»Ist es da hinten?«
Auf meine Frage erntete ich von Wladimir nur ein Nicken. Und er gab noch mehr Gas. Keinem von uns machte es jetzt noch etwas aus, wenn der Wagen schleuderte. Zudem reagierte der KGB-Mann sehr geschickt und schaffte es immer wieder, das ausbrechende Fahrzeug abzufangen.
Ich hatte mich stark auf das Ziel konzentriert, deshalb sah ich die Hyänen erst, als sie aus der Dunkelheit hervorschossen und mit einer spielerischen Leichtigkeit das Tempo mithielten. Rechts und links des Wagens rannten sie her. Mit kraftvollen Sprüngen und weit aufgerissenen Mäulern, aus denen der Atem wolkenartig stieß.
Olga Schirnow hatte sie auch gesehen. Sie deutete auf das Fenster.
»Ist schon okay!«
Ich hatte meine Waffe gezogen und kurbelte die Scheibe nach unten. Sie bestand bei diesem Fahrzeug aus normalem Glas und nicht aus dickem Kunststoff wie bei vielen anderen Autos dieser Klasse.
Der Wind war wie ein eisiger, böser Stoß, als er in den Wagen hineinfauchte. Er wühlte sich auch in meine Augen. Schnee wirbelte hoch. Ich durfte nicht zu lange warten, sonst war ich blind. Ein Schuss, ein Treffer! Die Hyäne warf den Kopf zurück. Ihr Heulen klang schrecklich, dann wurde sie mitten im Lauf gestoppt, fiel auf die Seite und schlug mit den Läufen durch den Schnee.
Das bekam ich nicht mehr mit, denn wir waren weitergefahren. Zudem hatte ich mich nach links gedreht, wo die zweite Bestie herlief.
»Kill sie, John!« brüllte mein russischer Freund.
Ich kurbelte hastig am Drehgriff. Die Scheibe senkte sich nach unten.
Abermals fuhr der Wind wie ein eisiger Gruß vom Nordpol in das Fahrzeug. Die Hyäne wollte es besser machen. Obwohl wir fuhren, sprang sie den Wagen an. Ich sah noch ihren Kopf und schoss. Die Kugel erwischte sie genau zwischen beide Augen. Mehr ein Zufallstreffer, aber er zählte.
Der Kopf verschwand ebenso wie der Körper, und ich dachte daran, dass wir zu spät kamen. Der blutige Boris war schneller gewesen als wir.
Die selben Gedanken beschäftigten auch Olga. Sie drehte sich zu mir um. Ihr Gesicht war nicht nur wegen der Kälte so bleich. »Ich rechne mit dem Schlimmsten, John.« Mein Nicken war Antwort genug. »Wir sind da!« Die Stimme des Russen klang hart. Er bremste, wir schleuderten, mussten uns festhalten, dann endlich rutschten wir aus.
Ich flog fast aus dem Fahrzeug, musste mich noch etwas drehen und sah vor mir das Haus.
Zuerst dachte ich, dass die Eingangstür offenstehen würde. Das stimmte nicht ganz. Beim Näherkommen stellte ich fest, dass sie aus den Angeln gerissen worden war.
»Er!« sagte Olga mit einer fremden Stimme. »Er war da. Er ist hier. Er hat es getan!«
Sie wollte vorgehen. Ich streckte den Arm aus und hielt sie zurück.
»Nein, Olga, wir machen das.«
»Was denn? Ihr…«
»Los, Wladimir!«
Mein Freund zog seine Waffe. In seinen Augen lag ein Ausdruck, vor dem man sich fürchten konnte. Sicherlich nicht ein Wesen wie der blutige Boris, der für mich kein Mensch mehr war.
Zu zweit betraten wir das Haus. Wir erwarteten den Angriff, ich erhoffte ihn sogar, doch nicht einmal die verfluchten Hyänen hielten sich in dem großen Raum auf.
In der Mitte aber lag jemand auf den alten Holzbohlen. Eine Frau, Jana Jaschin. Ihr fehlte der Kopf!
***
Das Schweigen war schlimm. Es lastete wie ein Druck auf uns. Eine tödliche Decke, die aus einem anderen Reich gekommen war und alles hier umfing.
Hinter mir hörte ich ein Geräusch, was nicht zu identifizieren war. Olga war uns gefolgt. Sie hatte den Torso ebenfalls gesehen und konnte nicht mehr. Aus ihrem Mund drang eine Mischung aus Schluchzen und Schreien, dann schwankte sie und stolperte zur Seite, bis sie sich fangen konnte.
Ich rührte mich nicht. Mein Blick brannte sich an der schrecklichen Gestalt fest. Ich wollte eigentlich nicht hinschauen, aber dieser Körper war einfach zu dominierend, und das
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