0681 - Leichenschiff der Druiden
dass sich die Zeiten verändert haben?«, fragte ich vorsichtig.
»Was gut war, wird immer gut bleiben. Da brauchen sich die Zeiten nicht zu verändern. So etwas wird überleben, das schwöre ich dir. Das Leichenschiff der Druiden hat auch überlebt, und es wird auch jetzt die Grenzen überwinden mit dir an Bord. Dich hat es schon gelockt. Ich habe gespürt, wie du die Spuren des Schneemenschen verfolgt hast. Du bist ein besonderer Mensch, du weißt viel, und deshalb möchte ich auch, dass du auf diesem Schiff bleibst.«
»Und wenn ich es verlassen will?«
»Wird dich der Krake zerdrücken.«
Ich verzog den Mund. »Ja, das hatte ich mir schon gedacht. Gut, dann bleibe ich. Aber ich möchte genau wissen, wohin die Reise geht. Werden wir noch länger auf dem Meer bleiben?«
»Nein, wir werden hineinsegeln in die magische Zone. Hast du nicht das Bild in der Mulde gesehen?«
»In der Tat.«
»Es war die Probe für diese Nacht. Nur bist du diesmal dabei, ein Mensch, der nichts mit mir und meiner Magie direkt zu tun hat, aber sehr genau weiß, dass es sie gibt. Und du wirst wieder meine beiden Freunde kennen lernen, die du…«
»Sie wollten mich niederschlagen.«
»Es war nur zu deinem Besten.«
»Danke, das sehe ich anders.«
»Bleib hier an Bord, rühre dich nicht, denn die Zeit ist reif. Wir werden segeln und die Grenzen überschreiten. Wir beide kommen aus der Vergangenheit, doch nur ich bin so gut wie immer. Ich werde an meinen alten Platz zurückkehren und mit meinen Lehren fortfahren. Man kann mich nicht stoppen.«
»Das sind Guywanos Lehren, wie ich denke.«
»Ja, denn die Gruppen der Menschen wissen von ihm. Er selbst hält sich zurück. Er hat mich vorgeschickt, und meine Freunde Rami und Ray werden dafür sorgen, dass die Mulde zu einer Pilgerstätte meiner Anhänger werden wird.«
Er hatte es genau gesagt. Seine Arme breitete er aus und streckte sie gleichzeitig den weißen Segeln des Leichenschiffes entgegen. Es sah so aus, als hätte jemand in die Tücher hineingeblasen. Die Planken fingen an zu schwanken, durch das Schiff ging ein Ruck. Ich hatte Mühe, mich zu halten, und die Fangarme des Kraken rutschten wieder zurück. Gleichzeitig verschwand auch der Kopf. Er hielt das Schiff nicht mehr fest, würde es aber begleiten.
Ich war bis zur Reling zurückgewichen und klammerte mich dort fest. Der Wind brauste auch hier unten. Er wühlte sich in meine Haare hinein, spielte mit der Kleidung. Er war warm, als käme er direkt aus einem großen Föhn.
Für den Totengott wirkte dieser Wind wie Balsam. Er war glücklich. Seine Gestalt straffte sich.
Dann nickte er ins Leere hinein und schritt wie ein König über das Deck.
Sein Ziel war der Bug des Schiffes.
Dort blieb er stehen und schaute nach vorn, dem neuen und dem alten Ziel entgegen…
***
Suko traute den beiden Künstlern nicht. Rami und Ray mochten zwar originell sein, aber sie waren gleichzeitig auf eine gewisse Art und Weise hinterlistig, und sie würden auf keinen Fall von ihren Plänen abgehen.
Horace F. Sinclair hatte dafür plädiert, zur Mulde zu fahren. Suko war auch nicht dagegen gewesen, nur hatte er sich einen anderen Plan zurechtgelegt und Sinclair senior gebeten, allein zu fahren und dort auf ihn zu warten.
»Kommen Sie denn?«
»Bestimmt, Mr. Sinclair.«
Horace F. war gefahren. Suko hatte ihm sogar den BMW überlassen, eine Geste, die bei ihm nicht oft vorkam. Hier aber hatte er es tun müssen, anders hätte er seinen Plan nicht in die Tat umsetzen können, und der war riskant genug.
Es war ihm gelungen, wieder zum Hort der beiden Künstler zurückzuschleichen. In der Nähe suchte er sich eine Deckung aus, wartete ab und bewegte sich erst, als sich die Dämmerung über das Land zu legen begann.
Suko hatte sich ein bestimmtes Ziel ausgesucht. Er rechnete damit, dass die beiden Männer ihr Refugium verlassen würden, und das sicherlich nicht zu Fuß.
Aus diesem Grund fasste Suko den VW-Transporter ins Auge, der schien ihn am geeignetsten zu sein. Er wollte nicht glauben, dass sich die beiden auf ihre Motorräder verließen.
Der Wagen stand noch so da, wie beim ersten Besuch. Er war nicht um einen Zentimeter bewegt worden. Hinter dem Fenster des Hauses leuchtete ein geheimnisvolles Licht. Es hatte einen goldenen Schein angenommen und wirkte wie eine überirdische Botschaft.
Geduckt huschte Suko auf sein Ziel zu und presste sich gegen die Außenhaut des Fahrzeugs.
Er wartete.
Nichts passierte. Weder Rami noch Ray war
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