0682 - Das Geisterkind
stieg und fortfuhr. Über ihr Gesicht huschte ein Lächeln. Kate war froh, dass sie dieser Mann nicht mehr störte.
Zurück blieben Rami und Ray. Sie hatte noch gesehen, dass sie im Haus verschwunden waren, und sie ging davon aus, dass sie bald Besuch erhalten würde. Als wäre nichts geschehen, ließ sie die Gardine wieder vor die Scheibe fallen, betrat die Küche und begann damit, einen starken Kaffee zu kochen. Den hatte sie sich redlich verdient. Vielleicht würden auch die beiden Künstler eine Tasse mittrinken.
Sie brachte den Kaffee in den Wohnraum, wo sie in einem der Sessel Platz nahm. Kate ließ sich Zeit. Sie wusste, dass die beiden Besucher irgendwann kommen würden.
Wie eine Statue saß sie da. Sie bewegte sich nur, wenn sie die Tasse zum Mund führte, um hin und wieder einen kleinen Schluck Kaffee zu trinken. Ansonsten genoss sie die Stille, denn von draußen drangen keine Geräusche durch die Schall schluckenden Scheiben.
Irgendwann schellte es. Kate hatte nicht auf die Uhr geschaut, sie wusste aber, wer gekommen war.
Als sie den Flur betrat, klingelte es zum zweiten Mal.
»Ja, ich komme schon.«
Rami und Ray standen vor ihr. Kate hielt den Türgriff noch fest, als sie sagte: »Bitte, kommt herein. Ich habe bereits auf euch gewartet. Es ist alles okay.«
»Sinclair ist weg«, sagte Rami.
»Und der andere auch!«, fügte Ray hinzu.
Sie lächelten zu dritt, weil sie der Meinung waren, dass sie ein Hindernis überwunden hatten.
Im Wohnzimmer ließen sie sich nieder. Kate schenkte Kaffee ein, während die beiden Männer wieder ihre Stirnbänder umbanden. Rami das helle, Ray das dunkle.
Erst als ihre Tassen zur Hälfte geleert waren, stellte Rami die erste Frage. »Haben wir mit unserer Befürchtung Recht behalten? Sind Weltentore geöffnet worden?«
»Ich habe es nur gehört, aber ich habe keinen gesehen. Der Inspektor sah die Gestalt.«
»Das ist Raniel, der Todesengel«, sagte Ray.
»Wie kommt ihr darauf?«
»Er will nicht mehr drüben bleiben. Er will sich hier umschauen. Es ist ein furchtbares Geschöpf, vor dem sich schon die Druiden gefürchtet haben, denn er hat sie oft genug aus dem Leben gerissen und in andere Welten geschafft, nur nicht dorthin, wo sie nach ihrem Ableben eigentlich hin wollten!«
»Wo wäre das gewesen?«
»Nach Aibon.«
Kate Foreman ließ die Tasse sinken und stellte sie vorsichtig ab. »Es ist wieder ein neuer Begriff für mich. Den Namen Aibon habe ich noch nie gehört.«
»Es ist auch etwas Besonderes«, gab Ray zu. »Es ist eine Welt für sich, aber das braucht dich nicht zu interessieren. Du hast eben das Pech gehabt, einer Tochter das Leben zu schenken, die anders war als die normalen Kinder. Ihren Körper wirst du begraben müssen. Der Geist aber wird weiterhin bei dir bleiben, schätzen wir.«
»Kann ich mit ihm reden?«
Rami hob die Schultern. »Das ist eine gute Frage, die wir dir leider auch nicht beantworten können. Geister können nicht reden oder sprechen. Du musst schon versuchen, auf eine andere Art und Weise mit dem Astralleib deiner Tochter zu kommunizieren.«
»Klappt das denn?«
»Es ist möglich, Kate. Allerdings benötigt man ein gewisses Training, um die Telekräfte zu intensivieren. Die Verständigung findet eben auf einer anderen Ebene statt.«
»Auf einer rein geistigen«, fügte Ray hinzu.
Kate schüttelte den Kopf. Ihre Hände bewegten sich unruhig. »Das ist mir alles zu hoch. Kann ich denn davon ausgehen, dass Millie keine Gefahr mehr für mich darstellt?«
»Das kannst du.«
»Aber sie hat einen - Helfer?«
Rami nickte. »Leider ist das so. Raniel der Todesengel. Er ist auf dem gleichen Weg gekommen, und es gibt nur wenige Möglichkeiten, um ihn zu stoppen. Unter anderem gehört der Dunkle Gral dazu. Er aber befindet sich im Besitz des John Sinclair, und der wiederum ist nicht gewillt, ihn herzugeben.«
»Das ist verständlich.«
»Aus seiner Sicht schon, aber nicht aus unserer. Denn wir können durch den Gral Schaden vermeiden und begrenzen. Leider hat man uns die Chance genommen.«
»Das muss doch gesagt werden. Sinclair wird sich…«
Ray lächelte wissend. »Entschuldige, wenn ich dich unterbreche, aber John Sinclair kocht seine eigene Suppe. Er wird einen Teufel tun und uns zur Seite stehen. Er hat einen Job zu erfüllen, und dabei waren wir im Weg, das erlebten wir oben in Schottland. Bei ihm und seinem Kollegen Suko müssen wir vorsichtig sein. Uns hätte der Gral gehasst. Wir haben lange geforscht und
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