0682 - Das Geisterkind
stand daneben!
Und ihn erwischte der Gral. Ich hatte auf sein Eingreifen gehofft und wurde nicht enttäuscht.
Die Kugel löste sich, jagte hoch bis unter die Decke, sodass aus der Öffnung das Licht in Form von Energieblitzen schießen konnte, die den Todesengel zurücktrieben.
Sie nagelten ihn gegen die Längswand, als ihn eine mächtige Kraft herumgerissen hatte.
Er breitete die Arme aus. Das Licht umtoste ihn, es drang hinein in seinen Körper, wo es Wunden riss und den mächtigen Raniel unter Blitzen und einem geheimnisvollen Zischen zerstörte, das sich anhörte, als würden Holzscheite verbrannt.
Es blieb nichts mehr zurück, kein Fetzen Tuch, kein Stück Haut, eine Welt hatte sich geöffnet und wieder geschlossen. Der Dunkle Gral, auf dessen Kraft der Todesengel wohl gehofft hatte, war letztendlich zu einem Gegner geworden.
Ich ließ das Gefäß sinken. Die Kugel fiel gleichzeitig herab, verminderte ihre Fallgeschwindigkeit und senkte sich wieder vorsichtig auf die Öffnung, wo sie ihren alten Platz einnahm.
Für einen Moment glaubte ich noch, Taniths Gesicht zu sehen. Ein Gesicht, das lächelte.
Und auch ich lächelte erleichtert.
Suko trat neben mich. »Alles okay?«
»Für uns schon«, erwiderte ich kratzig.
»Okay, John, ich weiß Bescheid, was du meinst…«
***
Zuerst öffnete ich die Tür zum Zimmer des toten Kindes. Millie Foreman lag regungslos in ihrem Bett. Beim ersten Hinsehen zeigte ihr Gesicht keine Veränderung. Wer sie allerdings schon vorher betrachtet hatte, dem fiel jetzt etwas auf.
Ihr Mund hatte sich geschlossen und zeigte jetzt ein Lächeln. Eine Erlösung…
Ich verließ den Raum. Eine weitere Tür stand offen. Ich schaute durch den Spalt gegen Sukos Rücken, der sich in dem Augenblick aufrichtete, als ich über die Schwelle ging.
Das Gesicht meines Freundes war bleich. Schweigend machte er Platz und gab mir die Sicht frei.
Rami und Ray saßen in den Sesseln. Beide waren etwas zur Seite gekippt, und beide waren tot!
Ich blickte nur kurz hin, denn was die Kraft des Todesengels mit ihren Köpfen gemacht hatte, war unbeschreiblich.
»Lass uns gehen!«, keuchte ich und schloss die Tür hinter mir zu. Suko schaute zu Boden.
»Es war ein Fehler, John, okay, aber…«
»Ja, ich weiß, was du sagen willst. Ich weiß es so verdammt genau, mein Freund.«
»Soll ich die Kollegen anrufen?«
»Tu das. Ich werde mit Mrs. Foreman reden.«
Die Menschen machten mir schweigend Platz. Sie sahen meinem Gesicht an, wie ich mich fühlte.
Steifbeinig schritt ich die Stufen hinab und blieb vor Mrs. Foreman stehen, die sich am Geländer aufstützte und festklammerte. Das Sprechen fiel ihr schwer, aber sie musste die Frage einfach stellen. »Hat Millie ihren Frieden?«
»Ja, Kate, den hat sie…«
Die Frau senkte den Kopf und weinte. Vor Glück und vor Schmerz zugleich…
ENDE
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