Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0688 - Das Hohe Volk

0688 - Das Hohe Volk

Titel: 0688 - Das Hohe Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
Erklärung nicht nur verstanden hatte, sondern sie auch ihrem besorgten Vater vermitteln konnte. Sie war intelligenter als die meisten Frauen ihres Alters, und Cylas dankte dem Hohen Volk erneut dafür, dass seine Eltern sie für ihn ausgesucht hatten.
    Doch es war nicht nur die Intelligenz, die ihn anzog. Cylas gestand es sich nicht gerne ein, weil Gefühle etwas waren, das er nicht erklären konnte, aber er liebte sie.
    Er hatte ihr das noch nie gesagt, wusste auch nicht, ob er jemals die Kraft finden würde, sich offen einzugestehen, was er fühlte.
    Er hoffte, dass Wrishta es auch so spürte.
    Sie sprang auf und lachte. »Du hast Recht. Es ist ganz einfach. Ich werde keine Mühe haben, Vater zu erklären, dass -«
    Ein Donnerschlag unterbrach sie.
    Die Erde bebte unter Cylas' Füßen.
    Der junge Krieger warf einen erschrockenen Blick in den wolkenlosen blauen Himmel und sah dann zum schwebenden Turm herüber, dessen dunkle Umrisse in gleißendes Licht getaucht waren. Seine Augen begannen zu tränen.
    »Das Hohe Volk«, sagte Wrishta ehrfürchtig. »Es möchte jemanden zu sich holen.«
    Sie ergriff die Hand des Kriegers und zog ihn auf die Beine. »Komm schnell, ich möchte wissen, wer es ist.«
    Sie lief aufgeregt los, und Cylas ließ sich mitziehen. Er wusste nicht, warum er plötzlich Angst hatte.
    ***
    »Das ist vollkommen unmöglich«, rief Zamorra über das Jaulen der Polizeisirenen hinweg. »Wenn er aus seiner eigenen Zeit käme, hätte er kein Schwert getragen. Die Neandertaler waren längst ausgestorben, als die Metallbearbeitung erfunden wurde.«
    »Außer er kam nicht direkt aus der Steinzeit, sondern hat ein paar Umwege gemacht«, gab Nicole zu bedenken.
    Auf dem Fahrersitz des Renaults hob Robin die Schultern. »Ich weiß nur, dass ich einen toten Neandertaler auf dem Autopsietisch habe und dafür eine halbwegs vernünftige Erklärung finden muss, bevor die Presse Wind von der Sache bekommt.«
    Was nicht ganz einfach sein dürfte, dachte Zamorra. Selbst wenn sie am Unfallort eine Erklärung für das Auftauchen des Steinzeitmenschen fanden, glaubte der Parapsychologe nicht, dass sich die Presse damit zufrieden geben würde. Zeitreisen und Dimensionssprünge gehörten nun einmal nicht in die Morgenzeitung.
    »Egal, was wir finden, du solltest die Presse belügen, sonst hast du ganz schnell den Namen Spooky Robin weg«, sagte Nicole in Anlehnung an Akte-X.
    Robin lachte. »Du meinst, ich soll irgendwas von einem Unbekannten erzählen, dessen Missbildungen ihn wie einen Neandertaler aussehen lassen? Hatte ich auch schon in Erwägung gezogen, aber leider gibt es mehr als zwanzig Augenzeugen und Schwertspuren an den Autos.«
    Der Chefinspektor bremste den Wagen ab. Vor ihm lag eine Autobahnauffahrt, die mit einer provisorischen Straßensperre abgeriegelt war. Zwei gelangweilt aussehende Polizisten lehnten daran und rauchten.
    Robin hielt seinen Ausweis aus dem Fenster. Die Uniformierten traten hektisch ihre Zigaretten aus und schoben die Absperrung zur Seite. Der Chefinspektor beschleunigte wieder.
    Immerhin war - dank der Autobahnsperrung - die Mautstelle vorübergehend außer Betrieb gestellt worden und konnte glatt durchfahren werden.
    »Willst du dieses Zeitdings machen?«, fragte Robin Zamorra.
    »Die Zeitschau«, korrigierte der. »Ja, vielleicht bekommen wir damit zumindest heraus, wo unser toter Steinzeitmensch herkam.«
    Er tastete nach dem Amulett, das vor seiner Brust hing. Die handtellergroße Metallscheibe ermöglichte ihm, bis zu vierundzwanzig Stunden in die Vergangenheit zu blicken. Da der Unfall weniger als sieben Stunden zurücklag, hoffte er, damit einen Hinweis auf den Neandertaler zu finden.
    Robin schaltete Sirene und Blaulicht aus, als sie auf die Unfallstelle Zufuhren. Einige Polizei- und Abschleppwagen standen auf dem Standstreifen. Dahinter türmten sich ineinander verkeilte, ausgebrannte Wracks.
    Polizisten maßen die Länge der schwarzen Bremsspuren, die ein verwirrendes Muster auf dem Asphalt bildeten.
    Ein Fotograf nahm die Überreste der Fahrzeuge aus verschiedenen Winkeln auf, damit der genaue Unfallablauf später rekonstruiert werden konnte.
    Robin stoppte den Wagen und stieg aus. Zamorra und Nicole folgten ihm.
    »Es ist fast schon ein Wunder, dass außer dem Neandertaler niemand getötet wurde«, sagte der Chefinspektor. »Die meisten sind mit dem. Schock davongekommen.«
    Gemeinsam gingen sie zu einer Stelle, an der ein Körperumriss mit weißer Kreide markiert war.

Weitere Kostenlose Bücher