0695 - Hexentod
konnte ihm nicht mehr entfliehen. Wenn sie es tat, fand er Gelegenheit, sie zu überwältigen und sie sich untertan zu machen.
Es gab jetzt nur noch den Angriff.
Er stand ihr gegenüber, diese große Knochengestalt, die ständig vergnügt zu lachen schien. Hier jonglierte er mit seinem eigenen Herzen, und Stygia erkannte jäh das dahinter stehende Ritual. Er war bereits dabei, sie zu bezwingen!
Sie hatte es viel zu spät bemerkt!
Schon griff seine Magie nach ihr!
Sie schrie nicht.
Sie versuchte auch nicht, seinen Angriff abzuwehren, denn ihr war völlig klar, dass ihr das niemals gelingen konnte. Ihr Status als Dämonin schützte sie nicht gegen die Macht des Lachenden Todes.
Ihr blieb nur eine einzige Chance, und dazu musste sie schnell genug sein. Nur etwas schneller als der Lachende Tod selbst.
Der Zauberbann, der auf dem Stein der Kapelle in Barle-Duc geschrieben stand!
Sie riss den Stein hoch, so dass der Lachende Tod ihn sehen konnte.
Er war irritiert.
Stygia setzte ihre magische Stimme ein, die Worte mit befehlender, absoluter Magie unterlegt. So prägte sich das einfache Wort sogleich tief in das Bewusstsein dessen ein, für den es bestimmt war.
»Ein Herz zu…«
Sie kam nicht weiter. War der Lachende Tod doch schneller als sie selbst? Sie fühlte, wie sich in ihrer Brust irgendetwas zu verändern begann, und sie sah, wie der Lachende Tod ausholte, um ihr sein Herz zuzuwerfen…
Im nächsten Moment gehörte sie dann ihm!
»Halt!«, schrie sie ihn an, und tatsächlich zögerte er, seine Bewegung auszuführen. Einen winzigen Augenblick nur, aber der genügte der Fürstin der Finsternis.
Sie wiederholte den Zauberspruch mit der Kraft der Befehlenden Stimme.
»Ein Herz zu verschenken heißt Dienen!«
Simple Worte, denen nur die Magie selbst Kraft gab - eine unwahrscheinlich starke Magie, so gewaltig, dass der Dämonenfürstin schier der Atem stockte.
Über welche Kraft mochte jener Unbekannte verfügt haben, der einst dafür sorgte, dass diese einfachen Worte zu einem so übermächtigen Zauberspruch werden konnten? Jener Unbekannte, dem es einst gelungen war, den Lachenden Tod wie eine Steinfigur in die Kirche von Barle-Duc zu bannen?
Aber war schon nicht immer das Einfachste das Beste gewesen?
Stygia starrte den Lachenden Tod an.
Er konnte seine erneute Wurfbewegung nicht mehr ausführen.
Er war völlig erstarrt; er lachte auch nicht mehr. Wenn es eine Möglichkeit gab, mit einem Totenschädel Gefühle auszudrücken, dann war es jetzt absolute Fassungslosigkeit, die von ihm ausging. Er war nicht einmal mehr in der Lage zu sprechen.
Stygia war um den Bruchteil einer Herzschlagdauer schneller gewesen als er!
Nicht er hatte sie zu seiner Begleiterin gemacht, sondern sie ihn bezwungen!
Er musste ihr gehorchen…
Die Fürstin der Finsternis lächelte kalt.
»Folge mir«, befahl sie.
***
Für eine Weile standen sie sich reglos gegenüber - Asmodis und seine Gegnerinnen. Der Ex-Teufel glaubte so etwas wie ungläubiges Staunen in den Gesichtern der Thessalischen Hexen zu erkennen. Sie trauten ihm nicht über den Weg, hielten sein Vorgehen für einen Trick und fürchteten, er werde ihnen in den Rücken fallen, sobald sie glaubten, dass er es ehrlich meinte.
Ausgerechnet Baba Yaga sprach für ihn.
»Gelogen hat er noch nie! Wenn er den Kampf für beendet erklärt, ist er beendet!« Sie brach dabei in schrilles Gelächter aus.
Noch zögerten die Thessalischen Hexen, waren nicht sicher, ob Asmodis nicht doch noch einen Trick in der Hinterhand hielt. Aber er begann bereits, seine Kampfgestalt zurückzuwandeln und sich ein friedfertigeres Aussehen zu geben.
Holt ihn euch, hatte er gesagt.
»Du bürgst für ihn«, rief eine der Hexen der Baba zu. Die grinste Asmodis an und lachte wieder spöttisch.
»Und wie ich das tun werde…«
Da machten die anderen sich auf die Jagd nach Merlin in Asmodis' Unterschlupf.
Der Ex-Teufel ließ es grimmig geschehen. Es gefiel ihm nicht, was er da tat - er hatte Merlin versprochen, ihm Asyl zu gewähren, und jetzt gab er ihn der Meute preis. Aber er war auch nicht gewillt, ein zu großes Opfer zu bringen.
Er beschloss, diesen Unterschlupf völlig aufzugeben und später niemals wieder hierher zurückzukehren. Wie auch immer die Hexen ihn aufgespürt hatten - es war geschehen, ließ sich nicht rückgängig machen, und damit war dies Refugium ein für alle Mal enttarnt und nutzlos geworden.
Er besaß noch genügend andere Verstecke, in die er sich
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