0695 - Hexentod
Kräfte anderer bedienen. Die Thessalischen Hexen unterstützten sie dabei, und sie konnten auch dafür sorgen, dass Yaga nicht nur deren Kraft verwendete…
Merlin stöhnte leise auf. Sekundenlang schien er zu taumeln; dann straffte sich seine Gestalt wieder. Er wirkte etwas verwirrt.
Yaga entzog ihm Kraft!
Und mit dieser Kraft und der der Thessalischen Hexen belegte sie Asmodis mit einem Zwang, dem er nichts mehr entgegenzusetzen hatte!
Denn auch er war erschöpft von dem zurückliegenden Kampf. Er wunderte sich, dass die Hexen so ungeschwächt wirkten, aber er konnte nicht mal rätseln, woran das lag.
Er wurde einfach überwältigt.
»Du wirst den Zauberwald neu schaffen«, sagte Baba Yaga.
»Und wir werden darauf achten, dass du dich deiner Pflicht nicht entziehst«, wurde sie von den Thessalischen Hexen bestärkt.
»Und Merlin…«, fuhr Yaga fort, »nehmen wir mit uns.«
***
Professor Zamorra sah seine Gefährtin überrascht an!
»Wir brauchen nichts mehr zu suchen, was wir bereits besitzen. Ich habe inzwischen die fehlenden Teile besorgt«, hatte sie eben gesagt.
»Verrückt!«, entfuhr es ihm.
Sie lächelte. »Natürlich ist es verrückt - aber es stimmt trotzdem. Wir haben alles, was Merlin benötigt.«
»Harfe, Querflöte und Kelch… verflixt, wo hast du die beiden anderen Teile so schnell her, Nici?«, drängte Zamorra.
»Die Querflöte besaß ein Typ in Lyon«, berichtete sie. »Inspektor Robin hat mich hinzugezogen. Jedesmal, wenn der Bursche auf dem Ding spielte, starb ein Mensch und wurde dabei mumifiziert. Jetzt sitzt er erstmal im Knast, und ich habe die Flöte.«
Es war eine sehr vereinfachte Darstellung der Geschehnisse des vergangenen Tages. Aber zur grundsätzlichen Information reichte sie erst einmal. [4]
»Wenn die als Mordinstrument diente…«, murmelte Zamorra misstrauisch.
»Ich habe mit dem Dhyarra-Kristall eine Kopie angefertigt«, sagte Nicole. »Und diese Kopie ist jetzt im Besitz von Polizei beziehungsweise Staatsanwaltschaft - und natürlich ungefährlich. Wenn jemand auf dieser kopierten Flöte bläst, wird niemand sterben. Das funktioniert nur beim Original.«
»Denkst du, dass die Kopie dauerhaft sein wird?«
Sie nickte.
»Arawns- Flöte«, murmelte Zamorra nachdenklich. Arawn entstammte der keltisch-irischen Mythologie. Im Mabinogion wurde über ihn berichtet, und der Parapsychologe entsann sich, dass vor langer Zeit einmal auch eine Weiße Hexe namens Damona King mit ihm zu tun gehabt haben sollte. [5]
Damals sollten dem Bericht zufolge alte keltische Göttergestalten wieder zu neuem Leben erwacht sein und versucht haben, sich die Menschen untertan zu machen. King hatte sich ihnen entgegengestellt, und dabei war angeblich auch der legendäre »Kessel der Wiedergeburt« zerstört worden.
Professor Henri Vart hatte herausgefunden, dass der Kelch, der ihm zum tödlichen Schicksal geworden war, angeblich aus einem Bruchstück jenes Kessels hergestellt worden sein sollte…
Irgendwie schien alles zusammenzupassen.
Zamorra hatte diese Hexe selbst nie kennengelernt, aber über den vor Jahren tragisch verstorbenen Scotland Yard-Inspektor Kerr, mit dem er gut befreundet gewesen war, hatte er davon gehört. Kerr hatte die inzwischen spurlos verschollene Damona King gekannt und auch mit ihr zu tun gehabt, und einige Male hatten sie über sie gesprochen.
»Bleibt die Harfe«, fuhr Zamorra bedächtig fort. »Arianwedds Mond harte…« Arianwedd mit dem silbernen Haar, auch eine jener mystischen Gestalten aus dem Mabinogion, der irischen Sagenwelt. Zamorra verwunderte ein wenig, dass die von Merlin verlangten Artefakte speziell aus der irischen Mythologie stammten, nicht aus der wälischen, cornischen oder bretonischen, in der der Zauberer von Avalon viel bekannter war. Andererseits - in wie vielen Kulturen der Erde mochte er seine Spuren auch unter anderen Namen hinterlassen haben? Vielleicht war er sogar identisch mit dem legendären ›Prester John‹ oder ›Priester Johannes‹, der einst im asiatischen Raum gewirkt haben sollte.
Aber es war vermutlich zwecklos, Merlin selbst danach zu fragen. Der alte Geheimniskrämer rückte doch nie mit persönlichen Informationen heraus, es sei denn, es war einfach unvermeidlich…
»Die Harfe war das Witzigste an der ganzen Sache«, berichtete Nicole. »Pater Ralph rief an. Er sei selbst angerufen worden von jemandem, dessen Stimme klang wie die von Raffael Bois.«
»Aber der ist doch seit über einem Jahr tot!«,
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