0697 - Der Elefanten-Dämon
deine Sekretärin führe ich schließlich den Terminkalender. Doch der dritte Grund dürfte der Wichtigste sein.«
»Mach’s nicht so spannend.«
»Yvonnes Gruppe sucht in dem einsamen Tempel nach einem magischen Artefakt aus ferner Vergangenheit.« Nicole Duval machte eine Pause. »Mit diesem Gegenstand kann man angeblich über Nacht ganze Reiche zum Wohlstand führen. Oder in bitterste Armut stürzen.«
***
Yvonne Berthemy atmete tief durch.
Sie hängte den Telefonhörer auf die Gabel, nachdem sie das Gespräch mit ihrer alten Freundin Nicole Duval beendet hatte. Die Klimaanlage des Hotels ›Holiday International‹ verbreitete angenehme Kühle. Da konnte man die tropische Schwüle und den Abgasgestank der unzähligen Mopeds auf den Straßen Phnom Penhs kurzzeitig vergessen.
Die UNESCO-Mitarbeiterin war extra für diesen Anruf von dem abgelegenen Tempelgelände in die kambodschanische Hauptstadt gereist. Und zwar nicht nur, weil sie in dem renommierten Hotel ein funktionstüchtiges Telefon vorfand, mit dem man problemlos ein Gespräch mit Frankreich führen konnte.
Nein, Yvonne sehnte sich nach Wochen in dem Dschungelcamp einfach nach dem Luxus einer richtigen Dusche. Und nach einem weichen Bett. Die junge Französin hatte einige Tage Urlaub genommen.
Nicole Duval hatte versprochen, nebst ihrem Lebensgefährten, diesem Zamorra, umgehend nach Phnom Penh zu reisen.
Yvonne war sehr gespannt auf Zamorra, von dem sie die seltsamsten Dinge gehört hatte. Ein Parapsychologe, der gegen die Kräfte der Hölle und alle Arten von Dämonen kämpfte. Bis vor kurzem hätte die UNESCO-Mitarbeiterin solche Dinge als Schauermärchen abgetan. Aber diese Zeiten waren vorbei…
Yvonne stand auf. Sie fuhr sich durch ihr langes blondes Haar, in das sich schon einige graue Strähnen gemogelt hatten. Die vergangenen Tage und Wochen waren nicht spurlos an ihr vorübergegangen.
Die UNESCO-Mitarbeiterin knöpfte langsam ihre Bluse auf. Sie sehnte sich nach einer Dusche. Hier im Hotel konnte sie duschen, so lange und so oft sie wollte! Dieses Vergnügen kam ihr momentan wie ein unglaublicher Luxus vor.
Während Yvonne die Hüllen fallen ließ, dachte sie an ihre Begegnung mit dem bösen Kobold zurück. Die schlecht heilende Wunde auf ihrem Oberschenkel war eine allzu deutliche Erinnerung an dieses Biest.
Im ersten Moment hatte sie geglaubt, es mit einem wahnsinnigen Affen zu tun zu haben.
Doch Affen sahen anders aus. Vor allem hatten sie Augen.
Der Schädel des Kobolds war behaart gewesen, wurde von einer klumpigen Nase und einem Maul mit spitzen Zähnen beherrscht. Doch Augen besaß diese Kreatur nicht.
Mit einem widerwärtigen Triumphschrei hatte der Kobold sich auf Yvonne geworfen, die gerade an einem einsamen Grab gearbeitet hatte. Wenn nicht in diesem Moment Professor Remusat zufällig gekommen wäre…
Der UNESCO-Mitarbeiterin lief ein eiskalter Schauer über den Rücken.
Und dafür war gewiss nicht die Klimananlage des Luxushotels verantwortlich.
Du musst dringend mal aus spannen!, ermahnte die junge Französin sich selbst. Sie streifte nun noch ihren schwarzen Spitzenslip ab und griff sich eines der flauschigen Badetücher, die der Zimmerservice auf das Sofa geworfen hatte.
Yvonne Berthemy betrat die Nasszelle ihres Hotelzimmers. Sie rechnete im Geist die Flugzeit von Paris nach Phnom Penh durch. Mit etwas Glück konnte sie ihre langjährige Freundin Nicole Duval bereits am nächsten Tag in die Arme schließen.
Yvonne schloss die Badezimmertür hinter sich.
Plötzlich ertönte ein lautes Ratschen. Ungläubig riss die Nackte ihre blauen Augen auf.
In der Duschkabine stand bereits eine andere Frau.
Allerdings war diese Fremde vollständig bekleidet. Und sie hatte ein kurzes Schwert in der Hand. Mit diesem Schwert hatte sie soeben den Duschvorhang in der Mitte durchtrennt !
***
Yvonne Berthemy konnte es nicht glauben. Erst der augenlose Kobold, und nun diese Amazone in ihrer Dusche!
Die Unbekannte sah wirklich wie eine Kriegerin aus. Metallbeschlagene Handschuhe schützten ihre Unterarme gegen Messerstiche und Schwerthiebe. Der Oberkörper steckte in einer knapp sitzenden Korsage, die langen Beine in hautengen Lederhosen. Auf den Schultern hatte die gefährlich dreinblickende Schöne geheimnisvolle Tätowierungen.
»Was… was wollen Sie in meinem Zimmer?«, stammelte die UNESCO-Mitarbeiterin.
Die Fremde machte sich nicht die Mühe, zu antworten, Stattdessen stieg sie durch das Loch im Duschvorhang. Mit
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