0699 - Schule des Satans
Gedanken wie Sie«, sagte Elsa Radcliffe zu Nicole und tupfte sich die letzten Tränen aus den Augenwinkeln, »deshalb haben wir alle Datenbanken überwachen lassen. Niemand hat darauf zugegriffen.«
Zamorra sah Norman an. »Das ist der Grund deiner Einladung, nicht wahr? Du willst wissen, was an deiner Schule vorgeht. Warum hast du das nicht gleich gesagt?«
Der Schulleiter zögerte einen Moment. »Weil es selbst für mich lächerlich klingt. Ich weiß ein wenig über deine Arbeit, Zamorra, und muss ehrlich gestehen, dass ich bisher nicht an übernatürliche Dinge geglaubt habe, aber ich finde einfach keine vernünftige Erklärung. Vielleicht ist es tatsächlich nur eine simple Betrügerei, aber ich will alle Möglichkeiten in Betracht ziehen. Rede mit diesen Schülern.«
Irgendwie überzeugt mich deine Argumentation nicht, dachte Zamorra. Laut sagte er: »Das wird wohl kaum möglich sein, ohne dass sie merken, dass etwas faul ist.«
»Es gäbe eine Möglichkeit.« Norman sah auf seine Armbanduhr. »In zehn Minuten beginnt der Geschichtsunterricht. Eigentlich wollte ich die Stunde halten, aber ein Gastlehrer wäre bestimmt eine nette Abwechslung.«
»Gastlehrer?«
»Warum nicht«, stimmte Nicole zu. »Du hast schließlich oft genug Vorlesungen gehalten. Der Unterschied dürfte nicht sehr groß sein.«
Jetzt mischte sich auch Elsa Radcliffe ein. »Die Schüler sind normalerweise sehr diszipliniert. Sie wissen, dass sie zur Elite gehören und verhalten sich entsprechend. Sie werden bestimmt zurechtkommen.«
Ihre Ausführungen hätten vielleicht überzeugender geklungen, wenn sie nicht mit tränenverschmiertem Make-up vor Zamorra gesessen hätte. So dachte er nur an ihren hysterischen Auftritt, den eben diese disziplinierten, elitären Schüler ausgelöst hatten, verzichtete aber darauf, die Lehrerin daran zu erinnern.
»Also gut«, gab er stattdessen nach. »Worüber soll ich sprechen?«
Norman hob die Schultern. »Such dir was aus. Hauptsache, es steht nicht auf dem Lehrplan. Wenn die Schüler dann noch immer mit Fachwissen glänzen, wissen wir zumindest endgültig, dass sie die nicht aus dem Internet haben.«
Zamorra seufzte. Es gefiel ihm nicht so recht, zu einer Unterrichtsstunde gedrängt zu werden, auf die er überhaupt nicht vorbereitet war. Sicher war es etwas anderes, 45 Minuten mit Schülern hinter sich zu bringen als anderthalb Stunden in einer Universitäts-Vorlesung - aber Nicole und er hatten ja noch nicht einmal ihr Gästezimmer gesehen und sich von der Fahrt erholen können!
Aber er wollte Norman nicht gleich vor den Kopf stoßen.
Er stand auf. »Bringen wir es hinter uns.«
***
Tagebucheintrag von Kenneth McLean
12. Februar 1701
Bruder Drummond ist tot.
Bruder Lawrence kam heute mor-gen in die Schlafsäle, um uns davon zu unterrichten. Er hat uns nicht gesagt, woran Drummond gestorben ist, aber die Gerüchte werden immer lauter.
Erhängt haben soll er sich in der gestrigen Nacht. Ich kann nicht glauben, dass ein Mönch seine Seele der Hölle preisgeben würde, doch die Nachricht stammt von den Küchenmädchen und jeder weiß, dass sie stets alles zuerst erfahren - vor allem, wenn es nicht für ihre Ohren bestimmt ist.
Ich habe Bruder Drummond gemocht. Wenn er predigte, schlief man nicht ein, denn seine Stimme war laut und er beschwor die Grauen der Hölle herauf. Ich glaube, dass er viele Sünder auf den Pfad der Tugend zurückgebracht hat und hoffe, dass Gott ihm seine eigene schwere Sünde vergibt.
Wegen dieses tragischen Vorfalls fiel der Unterricht heute aus. Jeffrey und ich verbrachten den Tag trotz des schlechten Wetters unten am Fluss, wo wir versuchten einen kleinen Damm zu bauen. Die Strömung war jedoch zu stark. Sie riss die Äste mit sich, bevor wir sie befestigen konnten, deshalb gaben wir schließlich auf.
Als wir zum Schloss zurückkehrten, sah ich Alfred, der mit zwei älteren Schülern, Benjamin und Francis, sprach. Trotz seiner Jugend hörten die beiden ihm mit andächtigen Mienen zu. Jeffrey sagte, sie hätten sogar ein wenig ängstlich gewirkt.
Ich frage mich nur, warum? Die älteren Schüler wollen doch sonst nichts mit uns zu tun haben. Wir gehen ihnen aus dem Weg, wenn immer es möglich ist, da sie das Recht haben, uns wie Diener zu behandeln und häufig ganze Abende damit verbringen, sich unangenehme Aufgaben für uns auszudenken. Nur Alfred scheint das nicht zu schrecken.
Und noch etwas anderes bereitet mir Sorgen. Neben der Tür, die in den Keller
Weitere Kostenlose Bücher