07 - Asche zu Asche
begegnet war.
Er griff nach einer Flasche und einem Beutel Watte und tupfte dann die Nähte ab. Der Hund sah mit traurigen, trüben Augen zu ihm auf. Seine Ohren klebten schlaff an seinem verunstalteten Kopf. Chris zog mit Daumen und Zeigefinger vorsichtig die Haut ein wenig hoch und kniff. Als er das Fältchen los ließ, blieb es, wie es war.
»Ausgetrocknet«, sagte Chris. »Wir brauchen einen Tropf.«
»Wir haben keinen -«
»Das weiß ich. Paß auf ihn auf. Sieh zu, daß er nicht aufsteht.«
Er ging in die Küche. Wasser rauschte. Die Augen des Hundes fielen langsam zu. Der Atem wurde noch langsamer. Seine Pfoten begannen zu zucken. Unter den Lidern schien er die Augen zu rollen.
»Chris!« rief ich. »Schnell!«
Toast stupste meine Hand an. Jam hatte sich in eine Ecke zurückgezogen und kaute auf einem Stück Büffelhaut.
»Chris!« Und als er mit der Schale voll frischem Wasser zurückkam: »Er stirbt. Ich glaube, er stirbt.«
Chris stellte das Wasser nieder und neigte sich über den Hund. Ich sah ihm zu, wie er eine Hand auf die Flanke des Tieres legte. »Er schläft«, sagte er.
»Aber seine Pfoten. Seine Augen.«
»Er träumt, Livie. Tiere träumen genau wie wir.« Er tauchte seine Finger in das Wasser und hielt sie dem Beagle unter die Nase. Sie bebte leise. Der Hund öffnete die Augen und leckte die Wassertropfen von Chris' Fingern. Seine Zunge war fast weiß.
»Ja«, sagte Chris. »Nur schön langsam.«
Wieder tauchte er seine Hand in das Wasser, hielt sie dem Hund hin und sah zu, wie dieser leckte. Ganz leise klopfte der Schweif des Hundes auf den Tisch. Er hustete. Chris blieb geduldig bei ihm stehen und flößte ihm Wasser ein. Es dauerte ewig. Als er fertig war, legte er das Tier behutsam auf ein Lager aus Decken, das er auf dem Boden bereitet hatte. Toast humpelte herbei und beschnupperte die Ränder der Decken. Jam blieb, wo er war, und kaute, was das Zeug hielt.
»Wo warst du? Was ist passiert? Woher hast du den Hund?« fragte ich gerade aufgeregt, als vom anderen Ende des Boots eine Männerstimme herüberschallte. »Chris? Bist du hier? Tut mir leid. Ich hab die Nachricht eben erst bekommen.«
Chris rief über seine Schulter: »Hier, Max!«
Ein älterer Mann gesellte sich zu uns. Er war kahlköpfig und trug eine Augenklappe, doch er war tadellos gekleidet - marineblauer Anzug, weißes Hemd, gemusterte Krawatte - und hatte ein schwarzes Arztköfferchen bei sich. Er sah erst mich an, dann Chris und zögerte.
»Sie ist in Ordnung«, beruhigte ihn Chris. »Das ist Livie.«
Der Mann nickte mir zu und hatte mich schon wieder vergessen. »Was habt ihr geschafft?«
»Ich hab den hier«, antwortete Chris. »Robert hat noch zwei. Seine Mutter hat einen vierten. Der hier war am schlimmsten dran.«
»Und sonst?«
»Zehn Frettchen. Acht Kaninchen.«
»Wo?«
»Sarah und Mike.«
»Und der hier?« Er kauerte sich nieder, um sich den Hund anzusehen. »Schon gut. Ich seh's.« Er öffnete sein Köfferchen.
»Bring die anderen raus, ja?« meinte er, mit einer Kopfbewegung auf Toast und Jam weisend.
»Du schläferst ihn doch nicht ein, Max? Ich kann mich um ihn kümmern. Gib mir nur, was ich brauche. Ich pflege ihn.«
Max sah auf. »Laß die Hunde raus, Chris.«
Ich nahm die Leinen von den Nägeln an der Wand. »Komm«, sagte ich zu Chris.
Er ging nicht weiter als bis zum Treidelpfad und beobachtete die Hunde, die zur Brücke davonsprangen. Sie schnupperten an der Mauer, machten häufig halt, um sie zu taufen. Sie sprangen ans Wasser und verbellten die Enten. Jam schüttelte sich mit fliegenden Ohren, als wäre er naß. Toast machte es ihm nach, verlor die Balance, stürzte auf die Schulter, rappelte sich wieder auf. Chris pfiff. Sie kehrten um und kamen zu uns zurückgeflitzt.
Schließlich gesellte Max sich zu uns.
»Und?« fragte Chris.
»Ich geb ihm achtundvierzig Stunden.« Max verschloß sein Köfferchen. »Ich hab dir Tabletten hingelegt. Gib ihm gekochten Reis und gehacktes Lamm. Eine halbe Tasse. Wir werden sehen.«
»Danke«, sagte Chris. »Ich nenne ihn Beans.«
»Glückspilz solltest du ihn nennen.«
Max kraulte Toast am Kopf, als die Hunde wieder zurückgekehrt waren. Er zupfte Jam sachte am Ohr. »Der hier ist gesund genug für eine Familie«, sagte er zu Chris. »Ich kenne eine in Holland Park.«
»Ich weiß nicht. Mal sehen.«
»Du kannst sie nicht alle behalten!«
»Das ist mir klar.«
Max sah auf seine Uhr. »Hm.« Er kramte in seiner Tasche. Die beiden Hunde
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