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07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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ich. »Danke.«
    »Oolong?« fragt er.
    »Nein«, erwidere ich. »Haben wir Gunpowder?«
    Er sucht im Schrank nach der Dose. »Ich weiß nicht, wie du das Zeug trinken kannst«, sagt er. »Für mich schmeckt das nicht anders als Wasser.«
    »Man braucht eben einen empfindlichen Gaumen«, sage ich.
    »Manche Geschmäcker sind feiner als andere.«
    Er dreht sich um. Wir sehen einander an und drücken mit unserem Schweigen all die Dinge aus, die laut zu sagen wir nicht riskieren können. Schließlich meint er: »Ich muß den Verschlag fertig machen. Felix braucht heute nacht ein Plätzchen.«
    Ich nicke, aber mein Gesicht fühlt sich an wie erstarrt. Als er an mir vorübergeht, berührt seine Hand fast meinen Arm, und ich möchte sie fassen und an mein Gesicht drücken.
    Ich sage: »Chris«, und er bleibt hinter mir stehen. Ich hole Atem, und es bereitet mir mehr Schmerz, als ich erwartet hätte:
    »Ich werde wahrscheinlich noch eine ganze Weile an dieser Sache sitzen. Wenn du weggehen möchtest ... mit den Hunden noch eine Runde drehen willst oder so ... oder ins Pub ...«
    Er entgegnet ruhig: »Ach, ich denke, die Hunde sind für heute genug gelaufen.«
    Ich sehe auf diesen gelben, linierten Block hinunter, den dritten, seit ich zu schreiben begonnen habe, und sage: »Viel länger kann es jetzt nicht mehr dauern.«
    »Laß dir Zeit.«
    Dann geht er wieder an seine Arbeit. »So, mein Junge«, sagt er zu Felix, »jetzt verrat mir mal, ob du in deiner neuen Hütte lieber ein West- oder ein Ostfenster haben möchtest.« Und dann beginnt er zu hämmern, mit schnellen, kurzen Schlägen, eins-zwei für jeden Nagel. Chris ist geschickt. Er macht keine Fehler.
    Anfangs wollte ich immer wissen, warum er mich aufgenommen hatte. »War es eine Augenblickslaune?« fragte ich. Ich konnte nicht verstehen, wieso er eine Nutte auflas, ihr zwei Tassen Tee und eine Frühlingsrolle spendierte, sie mit zu sich nach Hause nahm, sie Zimmermannsarbeiten machen ließ und sie am Ende aufforderte zu bleiben, wenn er nie die Absicht gehabt hatte - ganz zu schweigen von der Lust -, mit mir zu bumsen. Zuerst glaubte ich, ich solle vielleicht für ihn anschaffen. Ich dachte, er brauche Geld, um eine Sucht zu finanzieren, und wartete nur darauf, daß Nadeln, Löffel, kleine Beutel mit weißem Pulver auftauchen würden. Als ich sagte: »Was soll das alles eigentlich?«, erwiderte er: »Was soll was eigentlich?« und sah sich auf dem Boot um, als bezöge sich meine Frage darauf.
    »Das hier. Ich. Bei dir.«
    »Muß da denn irgendwas dahinterstecken?«
    »Ein Mann und eine Frau. Da steckt doch meistens was dahinter, würde ich sagen.«
    »Aha.« Er schulterte ein Brett und neigte den Kopf ein wenig zur Seite. »Wo ist denn der Hammer wieder?« murmelte er und machte sich wieder an die Arbeit.
    Solange das Boot noch nicht fertig war, übernachteten wir auf zwei Luftmatratzen links von der Treppe, ein Stück entfernt von den Tieren. Chris schlief in seiner Unterwäsche. Ich schlief nackt. Manchmal entblößte ich mich frühmorgens und legte mich auf die Seite, damit mein Busen voller aussah. Ich tat so, als schliefe ich, und wartete darauf, daß sich zwischen uns was abspielen würde. Einmal ertappte ich ihn dabei, wie er mich anstarrte. Ich sah, wie sein Blick langsam meinen ganzen Körper entlangwanderte. Sein Gesicht wurde nachdenklich. Ich dachte: Jetzt hab ich dich. Ich streckte mich mit, wie ich aus Erfahrung wußte, wollüstiger Bewegung.
    »Du hast ganz ordentliche Muskeln, Livie. Trainierst du regelmäßig? Läufst du?«
    Ich erwiderte: »Na, toll.« Dann sagte ich: »Ja, ich denke, wenn ich muß, kann ich ganz schön laufen.«
    »Wie schnell?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Wie geht's dir mit der Dunkelheit?«
    Ich streckte meinen Arm aus und kraulte ihm die Brust.
    »Kommt ganz drauf an, was in der Dunkelheit los ist.«
    »Laufen. Springen. Klettern. Sich verstecken.«
    »Was? Willst du Krieg spielen?«
    »So was Ähnliches.«
    Ich schob meine Finger unter den Bund seiner Unterhose. Er hielt meine Hand fest.
    »Mal sehen«, sagte er.
    »Was?«
    »Ob du außer dem hier noch was anderes kannst.«
    »Bist du vielleicht schwul? Hm? Oder warum hast du keine Lust?«
    »Weil das zwischen uns nicht läuft.« Er wälzte sich von seiner Luftmatratze und stand auf. Er nahm seine Jeans und sein Hemd. In weniger als einer Minute war er angezogen. Er stand mit dem Rücken zu mir, den Kopf gesenkt, so daß ich den kleinen Buckel des Halswirbels in seinem

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