07 - Asche zu Asche
Mini, schwarzen Strümpfen, Stöckelschuhen und haufenweise Armbändern, und zog los. Beim Paddington-Bahnhof gabelte ich einen australischen Cutter auf, der an einem Projekt in den Shepperton Studios arbeitete. Er wollte in sein Hotel gehen, aber das paßte mir nicht. Ich wollte ihn auf dem Hausboot haben.
Er war noch da - in seligem Schlummer und splitterfasernackt, eine Hand auf seinen Augen, die andere auf meinem Kopf, der auf seiner Brust lag -, als am nächsten Morgen früh um halb sieben endlich Chris zurückkehrte, so leise wie ein Einbrecher. Er machte die Tür auf und kam mit seiner Jacke im Arm die Treppe herunter. Einen Moment lang konnte ich ihn im Gegenlicht nicht richtig sehen. Ich kniff die Augen zusammen. Als ich den vertrauten rostroten Schimmer seines Haars erkannte, streckte ich mich mit Behagen. Ich gähnte und strich mit der Hand das Bein des Australiers hinauf und hinunter. Der Typ stöhnte.
»Morgen, Chris«, sagte ich. »Das ist Bri. Er ist Australier. Hübscher Kerl, nicht?« Ich widmete ihm meine Aufmerksamkeit, um ihn ein bißchen scharf zu machen, und er kam mir freundlicherweise entgegen, indem er stöhnte: »Nicht schon wieder! Ich kann nicht mehr, Liv.«
Chris sagte: »Sieh zu, daß er geht, Liv. Ich brauche dich.«
Ich winkte ab und widmete mich wieder Brian, der verwirrt »Was? Wer?« fragte und sich mit einiger Mühe auf seine Ellbogen stemmte. Er packte eine Decke und warf sie sich über den Schoß.
»Das ist Chris«, stellte ich vor und kraulte Brians Brust.
»Wer ist er?«
»Niemand. Einfach Chris. Er wohnt hier.« Ich zog an der Decke, doch Brian hielt sie fest. Mit der anderen Hand tastete er auf dem Boden nach seinen Kleidern. Ich stieß sie mit dem Fuß weg und sagte: »Er hat zu tun. Wir wollen ihn nicht stören. Komm schon. Gestern abend warst du doch ganz begeistert.«
»Ich hab schon kapiert«, erwiderte Chris. »Schick ihn jetzt weg.«
Plötzlich hörte ich leises Winseln und sah, daß Chris gar nicht seine Jacke in den Armen hatte, sondern eine alte, braune Decke, in die etwas Großes eingehüllt war. Chris trug es durch das Boot zum anderen Ende des Raums, wo die Tiere wohnten. Die Küche war jetzt fertig, ebenso der Platz für die Tiere und die Toilette. Ich konnte deshalb nicht erkennen, was er dort tat. Aber ich hörte Jam bellen.
Chris rief über seine Schulter: »Hast du wenigstens die Tiere gefüttert? Warst du mit den Hunden draußen?« Dann: »Ach, vergiß es.« Und danach sehr leise: »So. So. Ist ja gut. Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Ist ja gut.« Seine Stimme war sehr sanft.
Brian meinte: »Ich glaube, ich geh jetzt besser.«
»Gut«, erwiderte ich, aber mein Blick lag auf der Tür zur Küche. Ich zog mir ein T-Shirt über und hörte Brian die Treppe hinaufgehen. Dann fiel die Tür hinter ihm zu. Ich lief durch die Küche zu Chris.
Er stand über den langen Arbeitstisch gebeugt und hatte das Licht nicht eingeschaltet. Schwach schien die Morgensonne zum Fenster herein. »Ist ja gut«, beruhigte er mit liebevoller Stimme.
»War eine schlimme Nacht, nicht? Aber jetzt ist es vorbei.«
»Was hast du da?« fragte ich und sah ihm über die Schulter.
»O Gott!« Mir drehte sich der Magen um. »Was ist passiert? Warst du betrunken? Wo kommt der her? Hast du ihn mit dem Auto angefahren?«
Das war das einzige, was ich mir vorstellen konnte, als ich den Beagle sah. Wäre ich weniger benebelt vom Alkohol gewesen, so hätte ich gleich erkannt, daß die Nähte, die sich von einer Stelle zwischen den Augen des Hundes zu seinem Hinterkopf zogen, nicht frisch genug waren, um von einer Notoperation in der Nacht zu stammen. Er lag auf der Seite und atmete flach und sehr langsam. Als Chris ihm mit dem Handrücken leicht über die Schnauze strich, wedelte er schwach mit dem Schwanz.
Ich packte Chris am Arm. »Er sieht gräßlich aus. Was hast du mit ihm gemacht?«
Er sah mich an, und zum erstenmal fiel mir auf, wie weiß er war. »Ich habe ihn geklaut«, sagte er.
»Geklaut? Diesen ...? Von ...? Was, zum Teufel, ist in dich gefahren? Hast du bei einem Tierarzt eingebrochen?«
»Er war nicht bei einem Tierarzt.«
»Wo dann?«
»Sie haben ihm die Schädeldecke geöffnet, um sein Gehirn bloßzulegen. Sie benützen gern Beagles dafür, weil das eine freundliche Rasse ist. Es ist leicht, ihr Vertrauen zu gewinnen. Und das ist notwendig, bevor sie -«
»Sie? Wer? Wovon redest du?« Er machte mir angst, genau wie an dem Abend, als ich ihm das erstemal
Weitere Kostenlose Bücher