07 - Asche zu Asche
griechischen Chors.
»- Anwalt? Dann steht er unter Verdacht?«
»Können Sie das bestätigen, Inspector? Kann man davon ausgehen -«
»Haben Sie schon den Obduktionsbefund?«
»Nun kommen Sie schon, Inspector! Sagen Sie uns was!«
Lynley ignorierte sie alle. Barbara zog die Pforte auf. Sie drängte sich an der Meute vorbei und schuf Platz für Lynley und den Jungen. Die Reporter und Fotografen rannten ihnen bis ans Auto nach. Als ihre Fragen auch weiterhin ignoriert wurden, steigerten sie einfach die Lautstärke und schalteten von »Möchtest du eine Erklärung abgeben?« auf »Hast du deinen Vater umgebracht?« um. Der Lärm lockte die Nachbarn aus ihren Häusern; Hunde begannen zu bellen.
»O Gott«, murmelte Barbara unterdrückt und sagte zu Jimmy: »Ziehen Sie den Kopf ein«, als Lynley die hintere Tür des Bentley öffnete. Der Junge stieg ein, während die Fotografen sich ans Fenster drückten, um jede Veränderung seines Gesichtsausdrucks festzuhalten. Plötzlich drängte sich Jean Cooper zwischen ihnen hindurch. Sie schwenkte eine Einkaufstüte in der erhobenen Hand. Lynley erstarrte und Barbara rief:
»Vorsicht, Sir« und trat nach vorn, als wollte sie eingreifen.
Jean stieß einen Fotografen zur Seite. Einem anderen zischte sie »Hau ab, du!« ins Gesicht. Sie schleuderte die Einkaufstüte Lynley entgegen. »Eines sage ich Ihnen, wenn Sie meinem Sohn was antun ... Wenn Sie ihn auch nur anrühren ...« Ihre Stimme zitterte, und sie preßte eine Hand auf den Mund. »Ich kenne meine Rechte«, sagte sie. »Er ist sechzehn Jahre alt. Ohne einen Anwalt stellen Sie ihm keine einzige Frage. Sie lassen sich nicht mal seinen Namen buchstabieren.« Sie neigte sich zum Wagen und schrie durch das geschlossene hintere Fenster. »Jimmy, du redest mit keinem Menschen, solange nicht der Anwalt da ist. Hast du verstanden, Jim? Du redest mit niemandem.«
Ihr Sohn starrte geradeaus. Jean rief weiter seinen Namen.
»Wir können von uns aus einen Anwalt besorgen, Mrs. Cooper. Wenn Ihnen das eine Hilfe wäre«, versuchte Lynley sie zu beschwichtigen.
Sie richtete sich auf und warf den Kopf in den Nacken. »Auf Ihre Hilfe pfeif ich«, zischte sie. Dann zwängte sie sich zwischen den Journalisten hindurch und begann zu laufen, als diese ihr folgten.
Lynley reichte Barbara die Plastiktüte, doch sie waren schon auf der Manchester Road nach Norden, ehe sie sie öffnete.
»Einmal Kleider zum Wechseln«, sagte sie, während sie den Inhalt durchging. »Zwei Butterbrote. Ein Seglerbuch. Eine Brille.« Sie drehte sich in ihrem Sitz herum, hielt Jimmy die Brille entgegen und fragte: »Wollen Sie die haben?«
Er starrte sie trotzig an, als wollte er sagen: Laß mich doch in Ruhe, dann sah er zur Seite.
Barbara steckte die Brille wieder in die Tüte, stellte diese auf den Boden und murmelte: »Okay«, während Lynley zum Autotelefon griff und die Nummer von New Scotland Yard eintippte. Er erreichte Constable Nkata im Dienstraum. Die Hintergrundgeräusche, das Läuten von Telefonen und das allgemeine Stimmengewirr verrieten ihm, daß zumindest einige der Beamten, die er aus dem Wochenende zur Arbeit gerufen hatte, mittlerweile von ihrer Ermittlungstätigkeit zurückgekehrt waren.
»Also«, sagte er. »Was haben wir?«
»Kensington ist zurück«, antwortete Nkata. »Keine Neuigkeiten. Die gute Mrs. Whitelaw ist total sauber.«
»Wie sieht der Bericht aus?«
»Die ganze Straße ist voll mit alten Villen, die in Mehrfamilienhäuser umgewandelt worden sind. Wußten Sie das, Inspector?«
»Ich war schon mal in der Straße, Nkata.«
»Also, in jedem Haus gibt's ungefähr sechs bis sieben Wohnungen. Und in jeder Wohnung leben vielleicht drei, vier Leute.«
»Das klingt allmählich wie die große Klage eines armen Bullen.«
»Ich will damit nur sagen, Sir, daß die Frau sauber ist. Wir haben mit jedem Jack und Dick gesprochen, den wir in jeder gottverdammten Wohnung angetroffen haben. Kein Mensch in Staffordshire Terrace hat sie letzte Woche irgendwo hinfahren sehen.«
»Das spricht nicht gerade für die Beobachtungsgabe der Leute, hm? Da sie ja gestern vormittag mit uns weggefahren ist.«
»Aber wenn sie mitten in der Nacht nach Kent gefahren wäre, hätte sie ihren Wagen genommen, richtig? Sie hätte sich bestimmt nicht im Taxi rausbringen und den Fahrer warten lassen, bis sie das Feuer gelegt hat. Und den Bus hat sie garantiert auch nicht genommen. Den Zug ebensowenig. Nicht um diese Zeit.«
»Erzählen Sie mir
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