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07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Sorgen zu machen, Mrs. Cooper.«
    Dann ging er.
    Als die Tür hinter ihm zufiel, sagte Jean: »Jim?« Sie griff nach der Einkaufstüte, nahm sie ihm ab und legte sie so behutsam, als enthalte sie zerbrechliches Glas, auf den Couchtisch. Jimmy blieb stehen, wo er war. Er krümmte die Zehen, als hätte er kalte Füße. »Möchtest du deine Hausschuhe haben?« fragte sie. Er zog eine Schulter hoch und ließ sie wieder fallen. »Ich habe Tomatensuppe mit Reis, Jim. Ich mach dir einen Teller warm. Komm mit.«
    Sie erwartete Widerstand, doch er folgte ihr in die Küche. Er hatte sich gerade an den Tisch gesetzt, als quietschend die hintere Haustür geöffnet wurde und Shar hereinkam. Sie drückte die Tür zu und blieb dann stehen. Ihre Nase war rot, und ihre Brillengläser waren verschmiert. Wortlos und mit großen Augen starrte sie ihren Bruder an. Sie schluckte, und Jean sah, wie ihre Lippen bebten und versuchten, das Wort »Dad« zu formen. Aber sie schaffte es nicht, es auszusprechen. Jean wies mit dem Kopf zur Treppe. Shar machte ein so trotziges Gesicht, als wollte sie sich der Aufforderung widersetzen, aber im letzten Moment, als ein Schluchzen aus ihr hervorbrach, floh sie aus der Küche und rannte die Treppe hinauf.
    Jimmy hockte zusammengesunken auf seinem Stuhl. Jean machte die Suppendose auf und goß ihren Inhalt in einen Topf. Sie stellte den Topf auf den Herd, versuchte das Gas anzuzünden und schaffte es auch beim zweiten Versuch nicht. »Mist«, murmelte sie. Sie wußte, daß dieser Moment mit ihrem Sohn kostbar war. Sie wußte außerdem, daß eine Kleinigkeit ihn jeden Moment zerstören konnte. Aber das durfte keinesfalls geschehen. Erst mußte sie alles wissen.
    Sie hörte, wie er sich bewegte, wie der Stuhl über das Linoleum rutschte. Um ihn zu halten, sagte sie: »Ich glaub, wir brauchen mal einen neuen Herd, hm?« Und: »Gleich fertig, Jim«, als sie glaubte, er werde abhauen. Aber er ging nur zu einer Schublade, holte eine Schachtel Streichhölzer heraus, zündete eines an, hielt es an den Gasring, und die Flamme sprang auf. Das Streichholz brannte zwischen seinen Fingern herunter wie am Freitag abend. Doch sie war ihm in diesem Augenblick näher als am Freitag abend, nahe genug, um die Flamme auszublasen, ehe sie ihn verbrennen konnte.
    Er war nun größer als sie. Bald würde er so groß sein, wie sein Vater es gewesen war. Vor kurzem noch, schien ihr, hatte sie in sein emporgewandtes Gesicht hinuntergeblickt. Und jetzt mußte sie den Kopf heben, um ihm in die Augen sehen zu können. Er war fast schon ein Mann.
    »Die Bullen haben dir doch nichts getan?« fragte sie. »Sie haben dich nicht mißhandelt oder so was?«
    Er schüttelte den Kopf. Er wandte sich zum Gehen, doch sie faßte sein Handgelenk. Er wollte sich ihr entziehen, aber sie hielt ihn fest.
    Zwei Tage der Qual waren genug, sagte sie sich. Zwei Tage des stummen »Nein, ich werde nicht, nein, ich kann nicht« hatten ihr nichts gebracht. Keine Erkenntnisse, kein Verstehen und, vor allem, keinen inneren Frieden. Sie dachte: Wie bist du mir entglitten, Jimmy? Wo? Wann? Ich wollte für uns alle stark sein, aber das hat nur damit geendet, daß ich dich weggestoßen habe, als du mich brauchtest. Ich glaubte, wenn ich euch zeigte, wie gut ich die Schläge aushalten kann, ohne zusammenzubrechen, würdet ihr drei auch lernen, Schläge auszuhalten. Aber so war es nicht, oder, Jimmy? So ist es nicht gelaufen.
    Nur weil sie wußte, daß sie endlich ein Maß an Verständnis erlangt hatte, das ihr vorher gefehlt hatte, fand sie den Mut.
    »Erzähl mir, was du der Polizei gesagt hast«, forderte sie ihn auf.
    Es sah aus, als verhärte sich sein Gesicht, zuerst um die Augen herum, dann auch an Mund und Kinn. Er versuchte nicht noch einmal, vor ihr wegzulaufen, aber er entfernte seinen Blick von ihr, um ihn auf die Wand über dem Herd zu richten.
    »Sag es mir«, wiederholte sie. »Sprich mit mir, Jimmy. Ich habe vieles falsch gemacht. Aber ich habe es immer gut gemeint. Das mußt du wissen, Jim. Und du mußt auch wissen, daß ich dich liebhabe. Immer. Du mußt jetzt mit mir sprechen. Ich muß wissen, was du am Mittwoch abend getan hast.«
    Er schauderte so heftig, daß es sich anfühlte, als durchlaufe ein Krampf seinen Körper von den Schultern bis zu den Zehen. Vorsichtshalber nahm sie ihn fester beim Handgelenk. Aber er versuchte gar nicht, sie abzuschütteln. Sie schob ihre Hand von seinem Handgelenk über seinen Arm hinauf bis zu seiner Schulter.

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