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07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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klein und häßlich. Sie hatte nur zu fordern, ich brauche oder ich will, und schon hat er sich halb umgebracht, um ihre Wünsche zu erfüllen. Und wenn er mit ihr fertig war, ist er -« Jimmy brach ab, den Blick auf die Suppenschale gerichtet, als läse er aus ihr die ganze Geschichte.
    »Und wenn er mit ihr fertig war -«, wiederholte Jean trotz des schrecklichen Schmerzes, der ihr nun schon zum vertrauten Begleiter geworden war.
    Ihr Sohn lachte spöttisch. »Das weißt du doch selbst, Mam.«
    Endlich kam er an den Tisch und setzte sich ihr gegenüber. »Er war ein Lügner. Ein Schwein. Und ein gemeiner Betrüger.« Er tauchte einen Löffel in die Suppe und hielt ihn in Kinnhöhe. Zum erstenmal seit seiner Heimkehr sah er ihr in die Augen.
    »Und du hast dir gewünscht, er wäre tot, Mam. Das wissen wir doch beide, oder?«

Olivia
    Ich kann den Lichtschimmer von Chris' Leselampe sehen. Ich höre, wie er umblättert. Er müßte eigentlich längst im Bett sein, aber er sitzt in seinem Zimmer und liest, weil er warten will, bis ich mit dem Schreiben fertig bin. Die Hunde sind bei ihm. Ich kann Toasts Schnarchen hören. Beans kaut wieder einmal auf einem Büffelhautknochen. Vor einer halben Stunde ist Panda zu mir hereingekommen, um mir Gesellschaft zu leisten. Erst machte sie es sich auf meinem Schoß bequem, aber jetzt hat sie sich auf der Kommode, ihrem Lieblingsplatz, zusammengerollt - auf der Post, die sie sich vorher zurechtgeschoben hat. Sie tut so, als schliefe sie, aber mich kann sie nicht täuschen. Jedesmal, wenn ich in meinem Block zur nächsten Seite blättere, drehen sich ihre Ohren wie Radarschirme.
    Ich nehme den Becher zur Hand, aus dem ich meinen Tee getrunken habe, und sehe mir die Blättchen auf seinem Grund an, die durch das Sieb geschlüpft sind. Sie liegen in einer Anordnung, die einem Regenbogen unter einem Blitz gleicht. Ich berühre den Blitz mit der Bleistiftspitze, um ihn gerade auszurichten, und frage mich, was eine Wahrsagerin aus einer solchen Konstellation an guten und unheilvollen Zeichen herauslesen würde.
    Letzte Woche, als ich mit Max Poker gespielt habe - mit Hundebiskuits statt Münzen -, legte er seine Karten verdeckt auf den Tisch, lehnte sich in seinem Sessel zurück und sagte, während er sich mit der Hand über den kahlen Kopf strich: »Es ist Mist, Mädel. Daran gibt's keinen Zweifel.« »Hm. Genau.«
    »Aber Mist hat ganz eindeutig Vorteile, wie du weißt.«
    »Die du mir gleich offenbaren wirst, nehme ich an.«
    »Richtig eingesetzt, hilft er dem Wachstum der Blumen.«
    »Genau wie Fledermauskot, aber darin wälzen möchte ich mich lieber nicht.«
    »Ganz zu schweigen von Gemüse und Getreide. Er reichert den Boden an, aus dem das Leben entspringt.«
    »Ich werde diesen Gedanken in Ehren halten.« Ich schob meine Karten herum, als könnte eine neue Anordnung aus einem einzigen Paar Vieren etwas Vorteilhaftes machen.
    »Zu wissen, wann, Livie. Hast du mal darüber nachgedacht, was für eine Macht es bedeutet, zu wissen, wann?«
    Ich warf zwei Hundebiskuits als Einsatz in die Mitte des Tischs. »Ich weiß nicht, wann. Ich weiß, wie. Das ist ein Unterschied.«
    »Aber du weißt mehr als die meisten.«
    »Und inwiefern soll das eine Genugtuung sein? Ich würde mein Wissen mit Freuden gegen selige Ahnungslosigkeit tauschen.«
    »Was würdest du anders machen, wenn du ahnungslos wärst wie wir anderen alle?«
    Ich sah meine Karten an und überlegte, wie hoch die Wahrscheinlichkeit war, daß ich ein »Full House« bekommen würde, wenn ich drei umtauschte. Nahe null, sagte ich mir. Ich legte meine Karten ab. Max teilte aus. Ich ordnete neu und beschloß zu bluffen. Ich warf noch sechs Hundebiskuits zwischen uns auf den Tisch und sagte: »Okay, Baby. Machen wir das Spiel.«
    »Also?« fragte er. »Was würdest du tun? Wenn du ahnungslos wärst wie wir anderen.«
    »Nichts«, antwortete ich. »Ich wäre trotzdem hier. Aber die Umstände wären anders, weil ich konkurrieren könnte.«
    »Mit Chris? Aber warum, in Gottes Namen, willst du mit Chris -«
    »Nicht mit Chris. Mir ihr.«
    Max blies seine Lippen auf, hob seine Karten hoch und ordnete sie. Schließlich sah er mich an. Sein Auge blitzte ungewöhnlich stark. Er besaß die Freundlichkeit, Unwissenheit vorzutäuschen. »Das tut mir leid«, sagte er. »Ich ahnte nicht, daß du es weißt. Es ist bestimmt nicht seine Absicht, grausam zu sein.«
    »Er ist nicht grausam, er ist sehr diskret: Er hat noch nicht einmal ihren Namen

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