Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
als löse sich langsam sein Rückgrat auf. Der Kopf hing schlaff herab, die Magengegend war tief eingefallen.
    »He!« rief Derrick. »Ich red mit dir, du Knallkopf!«
    »Jim«, rief Jean. »Ich hab's dir doch extra gesagt. Warum hast du nicht auf mich gehört?«
    Friskin sagte: »Mrs. Cooper, glauben Sie mir. Es ist noch früh am Tag.« Worauf Derrick brüllte: »Früh am Tag? Sie sind gut! Sie sollten dafür sorgen, daß er die Klappe hält, und jetzt kriegen wir zu hören, daß er geredet hat wie 'n Buch. Wozu sind Sie eigentlich da?« Wütend wandte er sich an seine Schwester: »Was ist mit dir los, Pook? Wo hast du diesen Kerl aufgegabelt? Und du« - zu Jimmy -, »was hast du eigentlich in deinem Kopf, hm? Grütze? Stroh? Oder was? Mit den Bullen redet man nicht. Niemals. Womit haben sie dir gedroht, du Dummkopf? Mit der Erziehungsanstalt?«
    Jimmy sah nicht einmal mehr wie ein Mensch aus, dachte, Jean. Er sah aus wie eine schmutzige, aufblasbare Puppe, der aus einem kleinen Loch irgendwo langsam die Luft ausging. Er stand nur da, ohne ein Wort zu sagen, und ließ sich beschimpfen, als wüßte er, daß es schneller aufhören würde, wenn er nicht widersprach.
    »Hast du etwas gegessen, Jim?« fragte sie.
    »Essen? Essen? Essen?« schrie Derrick, jedesmal lauter. »Der soll erst mal antworten. Auf der Stelle.« Er packte den Jungen beim Arm. Jimmy kippte nach vorn wie eine Lumpenpuppe. Jean sah, wie die massigen Muskeln am Arm ihres Bruders sich spannten. »Los, red, du Früchtchen.« Derrick schob sein Gesicht ganz dicht vor das den Jungen. »Red mit uns, wie du mit den Bullen geredet hast. Na los, mach schon.«
    »Das hat doch keinen Sinn«, mischte sich Friskin ein. »Der Junge hat Strapazen hinter sich, von denen sich die meisten Erwachsenen nur mühsam erholen.«
    »Hören Sie doch auf mit Ihrem Gequatsche«, fuhr Derrick wütend auf den Anwalt los.
    Friskin zuckte nicht einmal zusammen. Er sagte ruhig und tadellos höflich: »Mrs. Cooper, bitte treffen Sie eine Entscheidung. Wer soll Ihren Sohn in dieser Sache vertreten?«
    »Derrick!« ermahnte Jean ihren Bruder scharf. »Laß Jim endlich in Ruhe. Mr. Friskin weiß, was in diesem Fall das beste ist.«
    Derrick ließ Jimmy fallen, als wäre er ein Stück Dreck. »Blöder Spinner«, knurrte er, und ein paar Speicheltröpfchen trafen Jimmy ins Gesicht. Der Junge zuckte zusammen, doch er hob nicht einmal die Hand, um die Spucke wegzuwischen.
    »Geh rauf zu Stan«, forderte Jean ihren Bruder auf. »Er kotzt wie ein Reiher, seit sie Jimmy abgeholt haben.«
    Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Jimmy bei diesen Worten den Kopf hob; doch als sie sich ihm zuwandte, hatte er ihn schon wieder gesenkt.
    »In Ordnung«, knurrte Derrick und warf einen höhnischen Blick auf Jimmy und Friskin, ehe er die Treppe hinaufstampfte und rief: »He, Stan! Hast du den Kopf noch in der Kloschüssel?«
    »Tut mir leid«, sagte Jean zu Friskin. »Mein Bruder ist manchmal ein bißchen voreilig.«
    Friskin tat so, als wäre es ein alltägliches Ereignis, daß einem der Onkel eines Verdächtigen ins Gesicht schnaubte wie der gereizte Stier dem Matador. Er erklärte, daß Jim seine Doc Martens auf Bitte der Polizei zurückgelassen hatte, daß er nichts dagegen gehabt hatte, sich erkennungsdienstlich behandeln zu lassen, und daß man ihm schließlich mit seinem Einverständnis einige Haare abgeschnitten hatte.
    »Haare?« Jeans Blick flog zu dem verfilzten Schopf ihres Sohnes.
    »Entweder brauchen sie sie zum Vergleich mit Proben aus dem Haus oder für eine DNS-Untersuchung. Wenn es sich um das erstere handelt, können ihre Spezialisten das innerhalb von Stunden schaffen. Wenn es das zweite ist, gewinnen wir ein paar Wochen.«
    »Was hat das alles zu bedeuten?«
    Sie bauten ihre Beweisführung auf, erklärte Friskin. Sie hätten noch kein umfassendes Geständnis.
    »Aber sie haben genug?«
    »Um ihn zu verhaften? Und unter Anklage zu stellen?« Friskin nickte. »Wenn sie das wollen, ja.«
    »Wieso haben sie ihn dann wieder gehen lassen? Ist die Sache damit erledigt?«
    Nein, antwortete Friskin, erledigt sei gar nichts. Sie hätten irgend etwas in petto. Sie könne sich darauf verlassen, daß sie wiederkommen würden. Aber dann werde er sofort zur Stelle sein. Die Polizei werde keine Chance mehr bekommen, mit dem Jungen allein zu sprechen.
    Er sagte: »Haben Sie noch irgendwelche Fragen, Jim?« Als Jimmy den Kopf schüttelte, reichte Friskin Jean seine Karte.
    »Versuchen Sie, sich keine

Weitere Kostenlose Bücher