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07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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erwähnt.«
    »Chris mag dich, Mädel.«
    Ich warf ihm nur einen vernichtenden Blick zu.
    »Du weißt, daß ich die Wahrheit sage«, meinte er.
    »Das macht es auch nicht leichter. Chris mag auch die Tiere.«
    Max und ich sahen einander lange an. Ich wußte, was er dachte. Nicht nur er, auch ich hatte die Wahrheit gesagt.
    Nie hätte ich gedacht, daß es so kommen würde. Ich glaubte, ich würde aufhören zu wünschen, die Waffen strecken, sagen:
    »Na schön, das war's dann wohl, nicht wahr?«, und dieses schlechte Pokerblatt akzeptieren, ohne zu versuchen, die Karten neu zu ordnen. Aber es ist mir nicht mehr gelungen, als Hunger und Zorn zu verbergen. Ich weiß, das ist mehr, als mir früher möglich gewesen wäre, aber zum Feiern ist es kaum ein Anlaß.
    Ein kurzes Stolpern. Damit begann der Abstieg. Ein kleines Stolpern vor gerade mal einem Jahr, als ich aus dem Lieferwagen stieg. Zuerst schob ich es darauf, daß ich es so eilig gehabt hatte. Ich öffnete die Wagentür, machte einen Schritt und strauchelte, als ich auf den Bürgersteig treten wollte. Ehe ich wußte, wie mir geschah, lag ich mit aufgeschlagenem Kinn auf dem Pflaster und schmeckte das Blut aus der Platzwunde in meiner Lippe. Beans beschnupperte mich mit einiger Besorgnis, und Toast schob die Orangen herum, die aus meiner Einkaufstüte in den Rinnstein gerollt waren.
    Ich dachte: Du Tolpatsch, und richtete mich auf. Mir tat alles weh, aber es schien nichts gebrochen zu sein. Ich drückte den Arm ans Kinn. Als ich ihn wegnahm, war der Ärmel meines Pullovers voll Blut, und ich sagte: »Verdammt.« Ich sammelte die Orangen ein, rief die Hunde und stieg vorsichtig die Treppe hinunter zum Treidelpfad am Kanal.
    Als ich an diesem Abend mit den Hunden, die vor lauter Vorfreude auf den Abendspaziergang außer Rand und Band waren, durch das Arbeitszimmer lief, sagte Chris: »Hast du dir weh getan, Livie?«
    »Wieso?«
    »Du hinkst.«
    Ich sei hingefallen, antwortete ich ihm. Es sei nichts weiter passiert. Ich hätte mir wohl einen Muskel gezerrt.
    »Dann solltest du lieber nicht joggen. Schon dich. Ich geh mit den Hunden, wenn ich hier fertig bin.«
    »Ach, Unsinn. Ich schaff das schon.«
    »Sicher?«
    »Würd ich's sonst sagen?«
    Ich stieg die Treppe hinauf und ging hinaus ins Freie. Dort nahm ich mir erst einmal ein paar Minuten Zeit, um mich vorsichtig zu strecken. Eigentlich tat mir nichts weh, und ich fand das etwas merkwürdig, denn wenn ich mir tatsächlich einen Muskel gezerrt oder ein Band gerissen oder einen Knochen gebrochen hatte, hätte ich es doch spüren müssen. Doch ich spürte gar nichts. Aber jedesmal, wenn ich mein rechtes Bein vorwärtsbewegte, stellte sich das Hinken ein.
    Ich muß an diesem Abend ein wenig wie Toast gewirkt haben, als ich hinter den Hunden am Kanal entlangjoggte. Ich schaffte nur das kurze Stück bis zur Brücke. Als die Hunde die Treppe hinaufsprangen, um, wie immer, die Maida Avenue in Richtung Lisson Grove und Grand Union Canal hochzulaufen, rief ich sie zurück. Sie zögerten, offensichtlich verwirrt, hin- und hergerissen zwischen Gewohnheit und Gehorsam.
    »Los, kommt, ihr beiden«, sagte ich. »Heute abend nicht.«
    Und auch an keinem der folgenden Abende. Am nächsten Tag funktionierte plötzlich mein rechter Fuß nicht mehr richtig. Ich half im Zoo dem Ultraschall-Team, die Geräte in ein Tapirgehege zu bringen, wo man die Schwangerschaft eines weiblichen Tiers überwachen wollte. Einer von den jungen Männern sagte: »Was fehlt dir, Livie?« Das war der erste Hinweis, daß ich meinen Fuß nachzog.
    Was mich beunruhigte, war die Tatsache, daß ich beide Male - beim Hinken und beim Fußnachziehen - überhaupt nicht gemerkt hatte, wie ich mich bewegte.
    »Könnte ein eingeklemmter Nerv sein«, vermutete Chris am Abend, nahm meinen Fuß in seine Hand und drehte ihn nach rechts und links.
    Ich sah zu, wie er mit seinen Fingern tastete und fühlte.
    »Würde ich nicht was merken, wenn es die Nerven wären? Würde es nicht kribbeln oder weh tun oder so was?«
    Er ließ meinen Fuß langsam zu Boden gleiten. »Könnte auch was anderes sein.«
    »Nämlich?«
    »Reden wir doch mal mit Max, hm?«
    Max klopfte an die Sohle und den Ballen meines Fußes. Er rollte ein Rad mit winzigen Zacken über meine Haut und bat mich, zu beschreiben, was ich fühlte. Er zupfte sich an der Nase und klopfte sich mit dem Zeigefinger ans Kinn. Dann schlug er vor, ich sollte zum Arzt gehen.
    »Wie lang geht das schon so?« fragte

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