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07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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ihm bekannt war und das er bisher offensichtlich nicht erreicht hatte. Barbara würde ebenfalls im Kreuzfeuer stehen, weil sie gewissermaßen Beihilfe geleistet hatte. Chief Superintendent Hillier hatte ihr das signalisiert, als er auch sie zu der einzigen Besprechung zitiert hatte, die er mit Lynley über den Fall abgehalten hatte.
    Sie konnte die Vorwürfe beinahe hören, die ihre nächste dienstliche Beurteilung begleiten würden. Haben Sie auch nur ein einziges Mal einen Einwand vorgebracht, Sergeant Havers? Gewiß, Sie nehmen in diesem Gespann eine untergeordnete Stellung ein, aber seit wann macht eine untergeordnete Stellung es überflüssig, in einer Frage des Ethos seine Meinung zu sagen? Es würde Chief Superintendent Hillier gar nicht interessieren, daß sie im Lauf der Ermittlungsarbeiten Lynley sehr wohl ihre Meinung gesagt hatte. Sie hatte es nicht öffentlich getan, genauer gesagt: nicht während der Konferenz, die Hillier einberufen hatte.
    Wenn es nach Hillier gegangen wäre, hätte sie Lynley darauf hinweisen müssen, daß mit den Medien kein Bund zu schließen war. Bestenfalls waren sie treulos, einzig darauf bedacht, sich zu holen, was immer greifbar war. Schlimmstenfalls waren sie rücksichtslos und zerstörerisch.
    Doch sie hatte nichts dergleichen gesagt. Und nun sank das Schiff, und sie war im Begriff, mit ihm unterzugehen.
    Es würde keinen von beiden die Stellung kosten. Ein Fehlschlag ab und an wurde erwartet. Aber zu scheitern, während man mitten im Rampenlicht stand, nach dem man sich auch noch gedrängt hatte ... Das würde niemand so schnell vergessen, am wenigsten die Herren von oben, die Barbaras Zukunft in ihren Händen hielten.
    »Blödmänner, alle miteinander«, brummte Barbara, während sie in ihrer Umhängetasche nach ihrem Hausschlüssel wühlte. Sie war beinahe zu müde, um deprimiert zu sein.
    Aber nicht müde genug. Im Haus knipste sie das Licht an und sah sich um. Sie seufzte. Gott, eine erbärmliche Bude war das. Immerhin lief jetzt der Kühlschrank, das war wenigstens etwas, da brauchte sie den Eimer nicht mehr, aber insgesamt war das Zimmer im Grunde nicht mehr als eine persönliche Bankrotterklärung. »Allein« schrie es aus allen Ecken. Ein Einzelbett. Ein Eßtisch, an dem nur zwei Stühle standen - und schon das war der Gipfel kühner Hoffnung. Ein altes Schulfoto eines längst verstorbenen Bruders. Ein Schnappschuß der Eltern; der Vater tot, die Mutter geistig verwirrt. Eine Sammlung anspruchsloser Romane - die man in zwei Stunden durch hatte -, in denen standhafte Männer von der Liebe in die Knie gezwungen wurden und immerwährende Seligkeit in den Armen guter Frauen fanden, mit denen sie in einem Bett oder einem Heuhaufen landeten. Und sie lebten danach, nachdem all ihr bebendes Sehnen endlich seine große Erfüllung gefunden hatte, glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende? Gab es das überhaupt?
    Hör auf, befahl sich Barbara ungeduldig. Du bist müde, du hast nasse Füße, du bist hungrig, beunruhigt und durcheinander. Du brauchst eine Dusche, die du jetzt gleich nehmen wirst. Du brauchst einen Teller Suppe, den du gleich nach der Dusche in dich hineinschlürfen wirst. Und dann rufst du eine Mutter an und sagst ihr, daß du am Sonntag zu einem Spaziergang im Park nach Greenford kommen wirst. Und wenn du das erledigt hast, kriechst du in dein Bett, knipst deine Leselampe an und genießt die zweifelhaften Freuden der Liebe aus zweiter Hand.
    »Genau«, sagte sie laut.
    Sie zog sich aus, ließ ihre Sachen auf einem Haufen liegen und ging ins Badezimmer, wo sie die Dusche aufdrehte, bis es dampfte. Dann stellte sie sich mit einer Flasche Shampoo darunter. Sie ließ das Wasser auf sich herabprasseln, und während sie kräftig ihre Kopfhaut massierte, sang sie aus vollem Hals einen Oldie nach dem anderen.
    Sie hatte sich gerade ein Handtuch um den Kopf geschlungen und ihren alten Frotteebademantel übergezogen, als sie hörte, wie es klopfte. Abrupt stellte sie das Singen ein. Das Klopfen hörte gleichzeitig auf, begann dann aber wieder. Sie hörte es jetzt ganz deutlich, viermal kurz und laut. »Wer kann das denn sein?« fragte sie sich und ging auf bloßen Füßen zur Haustür. »Ja?« rief sie.
    »Hallo, hallo! Ich bin's!« Eine dünne Kinderstimme.
    »Du bist es?«
    »Ich hab Sie doch neulich abends besucht. Wissen Sie noch? Der Junge hat Ihren Kühlschrank aus Versehen bei uns abgeliefert, und Sie haben davorgestanden und ihn sich angesehen, und da bin

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