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07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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einen kleinen Hüpfer. Ihr Vater nahm einen grasgrünen Briefumschlag aus seiner Jackentasche und gab ihn Hadiyyah, die ihn wiederum mit feierlicher Geste Barbara weiterreichte. »Den wollte ich Ihnen eigentlich vor die Tür legen«, erklärte sie. »Sie brauchen ihn nicht gleich aufzumachen. Aber Sie können natürlich, wenn Sie wollen. Wenn Sie wirklich wollen.«
    Barbara schob ihren Finger unter die Klappe und zog ein Stück gelbes Tonpapier mit gebogtem Rand heraus, das, als sie es entfaltete, zu einer Sonnenblume wurde. In der Mitte stand in sauberen Druckbuchstaben: »Zu Khalidah Hadiyyahs Geburtstagsfest am Freitag abend, um sieben Uhr, sind Sie herzlichst eingeladen. Wir machen viele schöne Spiele. Es gibt köstliche Erfrischungen.«
    »Hadiyyah wollte die Einladung unbedingt heute abend überbringen«, erklärte Taymullah Azhar höflich. »Ich hoffe, Sie werden uns die Freude machen und kommen, Barbara.«
    »Ich werde acht Jahre alt«, verkündete Hadiyyah. »Es gibt Erdbeereis und Schokoladenkuchen. Sie brauchen auch kein Geschenk mitzubringen. Ich bekomme bestimmt andere. Mami schickt mir sicher etwas aus Ontario. Das ist in Kanada. Sie ist im Urlaub, aber sie weiß, daß ich Geburtstag habe, und sie weiß auch, was ich mir wünsche. Das hab ich ihr gesagt, bevor sie weggefahren ist, nicht wahr, Vater?«
    »Ja, das stimmt.« Azhar suchte ihre Hand und umschloß sie mit der seinen. »So, und jetzt, wo du deine Einladung an deine Freundin überbracht hast, wäre es vielleicht das beste, gute Nacht zu sagen.«
    »Kommen Sie?« bohrte Hadiyyah. »Es wird bestimmt lustig. Ganz bestimmt!«
    Barbara blickte von dem eifrigen Kind zu dem ernsten, ruhigen Vater. Sie fragte sich, was für verborgene Strömungen es hier gab.
    »Es gibt Schokoladenkuchen«, sagte das Kind wieder. »Und Erdbeereis.«
    »Hadiyyah«, mahnte Azhar in ruhigem Ton.
    »Aber ja«, willigte Barbara ein. »Ich komme gern.«
    Hadiyyah strahlte und trat wieder einen kleinen Hüpfer.
    »Um sieben Uhr«, erinnerte sie noch einmal. »Sie vergessen es doch nicht, nicht wahr?«
    »Nein, ich vergesse es nicht.«
    »Vielen Dank, Barbara Havers«, sagte Taymullah Azhar schlicht.
    »Nennen Sie mich Barbara. Nur Barbara«, entgegnete sie.
    Er nickte. Mit sanfter Hand führte er seine Tochter, wieder auf den Fußweg.
    Sie lief ihm mit fliegenden Zöpfen voraus. »Geburtstag, Geburtstag, Geburtstag«, sang sie.
    Barbara sah ihnen nach, bis sie hinter der Ecke des Haupthauses verschwunden waren. Sie schloß ihre Tür, betrachtete die Einladung und schüttelte den Kopf.
    Drei Wochen und vier Tage, dachte sie, ohne ein Wort und ein Lächeln. Wer hätte gedacht, daß ein achtjähriges Mädchen ihre erste Freundin hier werden würde?

Olivia
    Ich habe fast eine Stunde Pause gemacht. Ich sollte zu Bett gehen, aber ich habe das Gefühl, wenn ich jetzt, wo ich dem Ende so nahe bin, in mein Zimmer gehe, ohne fertig geschrieben zu haben, werde ich den Mut verlieren.
    Chris kam vor einer Weile aus seinem Zimmer. Er hatte rote Ränder um die Augen wie immer kurz nach dem Aufwachen, daher wußte ich, daß er geschlafen hatte. Er trug seine gestreifte Pyjamahose und sonst nichts. Er blieb an der Tür zur Küche stehen, zwinkerte ein paarmal und gähnte.
    »Ich hab gelesen und bin dabei eingeschlafen. Ich glaube, ich werde alt.« Er schlurfte zur Spüle und ließ sich ein Glas Wasser einlaufen, doch er trank es nicht. Er beugte sich über das Becken und schwappte sich das Wasser an den Hals und ins Haar, das er dabei kräftig rubbelte.
    »Was liest du?« fragte ich ihn.
    » Atlas Shrugged. Die Rede.«
    »Schon wieder?« Ich schauderte. »Kein Wunder, daß du eingeschlafen bist.«
    »Eines wollte ich immer schon wissen ...« Er gähnte wieder und reckte die Arme über den Kopf. Er wirkte magerer denn je.
    »Was wolltest du immer schon wissen?«
    »Wie lange man braucht, um eine Rede von dreiundsechzig Seiten zu halten.«
    »Wenn einer dreiundsechzig Seiten benötigt, um zu sagen, was er meint, lohnt sich's nicht, ihm zuzuhören«, stellte ich fest. Ich legte meinen Bleistift auf den Tisch und konzentrierte mich darauf, beide Hände zu Fäusten zu ballen. »Auf die Frage: ›Wer ist John Galt?‹, kann die Antwort nur lauten: ›Wen interessiert das schon?‹«
    Chris lachte. Er kam zu meinem Stuhl. »Rutsch nach vorn«, sagte er und schob mich zur Kante, um sich hinter mich zu setzen.
    »Ich fall gleich runter«, warnte ich.
    »Ich halt dich schon fest. Komm, lehn dich

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