07 - Asche zu Asche
ich rausgekommen, und Sie haben mich in Ihr Haus eingeladen, weil ich es gern sehen wollte, und -«
Eingeladen war nicht das Wort, das Barbara gewählt hätte. Sie rief: »Hadiyyah!«
»Sie erinnern sich! Das wußte ich. Ich hab Sie heimkommen sehen, weil ich aus dem Fenster geschaut habe, und da hab ich meinen Dad gefragt, ob ich Sie besuchen darf. Dad hat mir's erlaubt, weil ich ihm gesagt hab, daß Sie meine Freundin sind. Und jetzt -«
»Ach, ich bin total erledigt«, sagte Barbara, ohne die Tür zu öffnen. »Ich bin eben erst nach Haus gekommen. Können wir uns nicht später sehen? Morgen vielleicht?«
»Oh. Ich hätte wohl nicht ... Wissen Sie, ich wollte Ihnen nur ...« Die kleine Stimme verstummte entmutigt. »Gut, ja. Vielleicht später.« Dann mit neuer Zuversicht: »Aber ich hab Ihnen was mitgebracht. Soll ich es vor der Tür lassen? Geht das? Es ist nämlich was Besonderes.«
Zum Teufel, dachte Barbara und sagte: »Warte einen Augenblick, okay?«
Sie hob den Kleiderhaufen vom Boden auf, warf ihn ins Badezimmer und kehrte zur Tür zurück.
»Na, was hast du so alles getrieben«, sagte sie, als die Tür öffnete. »Weiß dein Dad -« Sie brach ab, als sie sah, daß Haddiyyah nicht allein war.
Ein Mann stand neben ihr. Seine Haut war dunkel, dunkler als die des Kindes. Er war schlank und trug einen Nadelstreifenanzug. Hadiyyah selbst hatte ihre Schuluniform an und trug rosa Schleifchen in den Zöpfen. Sie hielt den Mann bei der Hand. Er hatte, wie Barbara sah, eine sehr edle goldene Uhr am Handgelenk.
»Ich hab meinen Dad mitgebracht«, verkündete Hadiyyah stolz.
Barbara nickte. »Aber er ist doch wohl nicht das, was du mir vor der Tür liegenlassen wolltest, hm?«
Hadiyyah kicherte und zog ihren Vater an der Hand. »Sie ist frech, Dad. Das hab ich dir ja gesagt, nicht?«
»Ja, das hast du gesagt.«
Der Mann musterte Barbara mit dunklen Augen. Und sie starrte zurück. Er war nicht sehr groß und wirkte mit seinem zart geschnittenen Gesicht eher hübsch als gutaussehend. Das volle schwarze Haar war glatt aus der Stirn zurückgekämmt, und ein Muttermal hoch oben auf dem Wangenknochen saß so perfekt, daß Barbara hätte schwören mögen, es sei nicht echt. Er konnte ebensogut fünfundzwanzig wie vierzig sein. Es war schwer, sein Alter zu schätzen, weil seine Haut praktisch faltenlos war.
»Taymullah Azhar«, sagte er förmlich.
Barbara hatte keine Ahnung, was man darauf korrekterweise erwiderte. War das eine muslimische Grußformel? Mit einem Nicken, bei dem das kunstvoll geschlungene Handtuch verrutschte, sagte sie: »Gut«, und zog das Handtuch wieder gerade.
Ein Lächeln flog über das Gesicht des Mannes. »Ich bin Taymullah Azhar. Hadiyyahs Vater.«
»Ach so! Barbara Havers.« Sie reichte ihm die Hand. »Sie haben mir den Kühlschrank hierhergebracht und mir einen Brief hinterlassen. Ich konnte nur die Unterschrift nicht lesen. Vielen Dank. Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen, Mister-«
Sie krauste die Stirn, während sie überlegte, mit welchem Namen sie ihn ansprechen sollte.
»Azhar allein reicht, da wir ja Nachbarn sein werden«, sagte er. Unter seinem Jackett trug er ein Hemd, das so weiß war, daß es im schwindenden Licht zu fluoreszieren schien. »Hadiyyah wollte unbedingt, daß ich sofort nach dem Nachhausekommen ihre Freundin Barbara kennenlerne, aber ich sehe, daß wir in einem ungünstigen Moment gekommen sind.«
»Hm, ja. Eigentlich schon. Tut mir leid.« Hör auf zu plappern, ermahnte sie sich zornig und riß sich zusammen. »Ich habe nämlich gerade ein Fußbad in der Themse genommen. Deswegen bin ich in diesem Aufzug. Ich meine, wie spät ist es überhaupt? Bestimmt noch nicht Schlafenszeit, oder? Möchten Sie hereinkommen?«
Hadiyyah zog an seiner Hand und begann zu tänzeln. Ihr Vater legte ihr die Hand auf die Schulter, und sie stand sofort still. »Nein, wir würden Sie heute abend nur stören«, sagte er.
»Aber wir danken Ihnen, Hadiyyah und ich.«
»Haben Sie schon zu Abend gegessen?« fragte Hadiyyah hoffnungsvoll. »Wir nämlich noch nicht. Und bei uns gibt's Curry. Dad macht es. Er hat Lamm mitgebracht. Wir haben ganz viel. Dad kann wunderbares Curry kochen. Wenn Sie noch nicht zu Abend gegessen haben.«
»Hadiyyah«, mahnte Azhar in ruhigem Ton. »Bitte, sei nicht so vorlaut.« Die Kleine wurde wieder still, aber das Strahlen in ihrem Gesicht und ihren Augen blieb. »Wolltest du deiner Freundin nicht etwas geben?«
»Ach ja! Natürlich!« Sie tat
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