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07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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hörte sie auf, mit der Gartenschere zu klappern, bückte sich und begann, die herabgefallenen, verwelkten Blumen aufzuheben. Sie hatte vergessen, einen Müllbeutel mit in den Garten zu nehmen, und benutzte jetzt ihr langes Oberteil wie eine Schürze, in die sie die verblühten Rosen warf. Er ging zu ihr hinaus.
    »In dem Garten muß etwas getan werden«, sagte sie. »Wenn man die Rosen am Busch läßt, nachdem sie verwelkt sind, gibt der Busch seine Kraft an sie ab und blüht dann nicht mehr so üppig. Hast du das gewußt, Tommy?«
    »Nein.«
    »Es ist aber wahr. Wenn man die Blüten jedoch abschneidet, sobald sie welk geworden sind, geht die ganze Kraft in die neuen Knospen.« Sie bückte sich, um wieder eine der abgeschnittenen, verblühten Rosen aufzuheben. Sie trug keine Handschuhe, und ihre Hände waren schmutzig. Aber sie trug seinen Ring. Das machte ihm Hoffnung. Es bedeutete Verheißung. Und ein Ende des Chaos.
    Unvermutet sah sie auf und registrierte seinen Blick auf ihrer Hand. »Sag's mir«, bat sie.
    Er suchte nach Worten. »Würdest du mir zustimmen«, fragte er, »wenn ich sagte, daß Elizabeth Barrett ihren Robert Browning geliebt hat?«
    »Ja, wahrscheinlich, aber ich weiß nicht viel über die beiden.« »Sie ist mit ihm durchgebrannt. Sie hat sich für den Rest ihres Lebens von ihrer Familie getrennt - insbesondere von ihrem Vater -, um ihr Dasein mit ihm zu teilen. Sie hat ihm eine Reihe Liebesgedichte geschrieben.«
    »Die portugiesischen Sonette?«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Und doch kann sie ihm im berühmtesten dieser Sonette nicht sagen, warum, Helen. Sie sagt ihm, daß sie ihn liebt, sie sagt ihm, wie sehr sie ihn liebt - frei, rein, mit dem Vertrauen eines Kindes -, aber sie sagt ihm niemals, warum. Browning mußte ihr einfach vertrauen. Er mußte das Das und das Wie ohne das Warum akzeptieren.«
    »Und du möchtest, daß ich das auch tue. Richtig?«
    »Ja.«
    »Hm.« Sie nickte nachdenklich und hob wieder einige abgeschnittene Blütenköpfe auf. Die Blütenblätter lösten sich in ihrer Hand. Der Ärmel ihres Pullis verfing sich an einem Dorn, und er löste ihn vorsichtig für sie. »Tommy«, sagte sie und wartete, bis er sie ansah. »Sag's mir.«
    »Mehr gibt es nicht zu sagen, Helen. Es tut mir leid. Ich hab mein Bestes getan.«
    Ihr Gesicht wurde weich. Sie deutete erst auf ihn, dann auf sich selbst und sagte: »Das meinte ich nicht, ich habe nicht von uns gesprochen, von der Frage der Liebe, Darling. Ich meinte, sag mir, wie es steht. In der Zeitung las ich, es sei vorbei, aber es ist wohl nicht vorbei. Das sehe ich dir doch an.«
    »Wieso?«
    »Sag es mir«, wiederholte sie.
    Er setzte sich auf den Rasen neben dem Rosenbeet, und während sie unter den Büschen herumkroch, die abgeschnittenen Blüten einsammelte, ihr hübsches aprikosenfarbenes Ensemble und ihre Hände schmutzig machte, erzählte er ihr alles. Von Jean Cooper und ihrem Sohn. Von Olivia Whitelaw. Von deren Mutter. Von Kenneth Fleming und den drei Frauen, die ihn geliebt hatten, und was wegen dieser Liebe geschehen war.
    »Am Montag wird mir der Fall entzogen«, schloß er. »Und im Grunde ist es auch gut so, Helen. Ich weiß wirklich nicht mehr weiter.«
    Sie setzte sich neben ihn auf den Rasen, die Beine gekreuzt, den Schoß voll verblühter Rosen. »Vielleicht gibt es noch einen anderen Weg«, sagte sie.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe nichts als Olivia. Sie braucht nur bei ihrer Geschichte zu bleiben, und sie hat alle Gründe dieser Welt, das zu tun.«
    »Nur nicht den Grund, den sie wirklich braucht« entgegnete Helen.
    »Und der wäre?«
    »Daß das, was sie tut, das Rechte ist.«
    »Ich habe nicht den Eindruck, daß Recht und Unrecht in Olivias Leben große Bedeutung besitzen.«
    »Das kann schon sein. Aber die Menschen überraschen einen immer wieder, Tommy.«
    Er nickte. Er wollte jetzt nicht mehr über den Fall sprechen. Wenigstens für den Augenblick, an diesem Abend, konnte er sich dafür entscheiden, ihn zu vergessen. Er nahm ihre Hand und rubbelte die Schmutzflecken von ihren Fingern.
    »Das ist übrigens das Warum«, sagte er.
    »Was?«
    »Daß du zu mir gesagt hast, ich solle es dir erzählen. Du hast mich angesehen, du hast sofort gemerkt, daß etwas nicht stimmte, und du hast danach gefragt. Das ist das Warum, Helen. Das wird immer das Warum sein.«
    Sie schwieg einen Moment und sah auf seine Hand hinunter, die ihre umfaßt hielt. »Ja«, meinte sie schließlich ruhig und mit fester Stimme.
    »Du

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