Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
und Therapeut mir das gesagt? Haushalten Sie mit Ihren Kräften, haushalten Sie mit Ihrer Energie, sagen sie immer.
    Ich rufe Chris. Er streckt den Kopf in den Korridor. Er hat einen rotgoldenen Fez aus seinem Schrank gekramt und ihn sich auf den Hinterkopf gedrückt. »Ja, Memsahib?« sagte er, die Hände auf der Brust aneinandergelegt.
    »Das ist das falsche Land, du Dummkopf. Du brauchst einen Turban. Würdest du dich zu mir setzen, Chris?«
    »Du bist jetzt soweit?« fragt er.
    »Ja«, antworte ich.
    »Gut«, sagt er und wirft seinen Kopf in den Nacken, um den Fez in sein Zimmer zu schleudern. Er kommt in die Küche, hebt Panda von der Kommode auf seine Schulter und setzt sich mir gegenüber. Die Katze reagiert überhaupt nicht. Sie weiß, daß sie bei Chris ist. Wie ein nasser Sack hängt sie über seiner Schulter und fängt an zu schnurren.
    Chris streckt seinen anderen Arm über den Tisch, öffnet meine linke Hand und schiebt vorsichtig seine Finger zwischen die meinen. Ich beobachte, wie meine Finger zucken, ehe ich sie dazu bringen kann, sich um die seinen zu schließen. Selbst als ich es schaffe, merke ich, daß ich nicht mehr fest zupacken kann. Erst als meine Finger ganz gekrümmt sind, umschließt er sie mit seinen. »Mach weiter«, sagt er.
    Und ich tue es.
    Mutter und ich redeten in jener Nacht in Kensington bis in die frühen Morgenstunden hinein. Wir redeten, bis Chris kam, um mich abzuholen. Ich sagte: »Er ist mein Freund. Ich glaube, er wird dir gefallen.« Worauf sie erwiderte: »Es ist gut, Freunde zu haben. Ein einziger guter Freund ist wichtiger als alles andere.«
    Sie senkte den Kopf und fügte beinahe schüchtern hinzu: »Jedenfalls habe ich diese Erfahrung gemacht.«
    Chris sah völlig fertig aus, als er kam. Er trank eine Tasse Tee mit uns. Ich fragte: »Alles in Ordnung?« Er sah mich nicht an, als er antwortete: »Alles in Ordnung.«
    Mutter sah neugierig von einem zum anderen, aber sie stellte keine Fragen. Sie sagte: »Danke, daß Sie sich um Olivia kümmern, Chris.« Und er erwiderte: »Livie kümmert sich am liebsten um sich selbst.«
    »Puh!« stöhnte ich. »Du hältst mich aufrecht, das weißt du ganz genau.«
    Mutter meinte: »So soll es sein.« Ich sah ihr an, daß sie vermutete, zwischen mir und Chris bestünde mehr als Freundschaft. Wie die meisten Frauen, die lieben, wünschte sie jedem einen Anteil an diesem Gefühl. Ich hätte gern gesagt, es sei nicht so zwischen uns, Ma, aber ich war ein bißchen neidisch, daß es ihr gelungen war, das zu ergreifen, was für mich nicht erreichbar war.
    Als Chris und ich gingen, begann es schon hell zu werden. Er habe sich schon mit Max getroffen, sagte er, die geretteten Tiere seien versorgt. »Ich habe ein paar neue Mitglieder in der Truppe« bemerkte er. »Hab ich dir von ihnen erzählt? Ich glaube, sie werden sich gut machen.«
    Ich vermute, er hätte mir gern von Amanda erzählt. Er muß erleichtert gewesen sein. Ich war nun versorgt, was hieß, daß ich ihm mit fortschreitender Krankheit nicht mehr zur Last fallen würde. Wenn er die Beziehung zu Amanda den Regeln von ARM zum Trotz fortsetzen wollte, konnte er dies tun, ohne sich darum zu sorgen, daß er mich damit verletzen könnte. Diese Gedanken gingen ihm wahrscheinlich durch den Kopf, aber mir fiel nicht auf, wie still er auf der Rückfahrt nach Little Venice war. Ich war zu beschäftigt mit dem Wiedersehen mit meiner Mutter.
    »Sie hat sich völlig verändert«, erzählte ich. »Sie wirkt so, als wäre sie mit sich im Frieden. Ist dir das auch aufgefallen, Chris?«
    Er habe sie ja früher nicht gekannt, erwiderte er, und könne deshalb nicht sagen, ob sie sich verändert habe. Aber er sei noch nie einer Frau begegnet, die, wie sie, nach einer Nacht ohne Schlaf morgens um fünf hellwach gewesen sei. Woher sie diese Energie nehme, wollte er wissen. Er selbst sei hundemüde, und ich sähe auch ziemlich fertig aus.
    Ich sagte, es sei wahrscheinlich der Tee, das Koffein, das Ungewohnte und die Aufregung dieser Nacht. »Und die Liebe«, fügte ich hinzu. »Sie ist sicher auch daran schuld.« Ich wußte nicht, wie wahr das war.
    Wir kehrten nach Hause zurück, auf unser Boot. Chris führte die Hunde aus. Ich füllte ihre Näpfe mit Futter und mit Wasser. Ich fütterte die Katze. Ich genoß es, diese einfachen Dinge zu tun, die ich noch tun konnte. Es wird alles gut, dachte ich.
    Mein Körper reagierte heftig auf die lange Nacht in Kensington. Am folgenden Tag hatte ich mit Zittern

Weitere Kostenlose Bücher