07 - Geheimagent Lennet jagt das Geisterschiff
sagte der Alte und er bewegte dabei seine schmalen und blutleeren Lippen kaum, »seit ich durch meine Tochter von dem Märchen mit dem japanischen Unterseeboot gehört habe, wußte ich, daß ein Agent des FND auf Ibiza war. Nun, was Ihren Rang betrifft: Ihr Alter läßt wohl kaum die Möglichkeit zu, Sie für einen Hauptmann, zu halten", fügte er nicht ohne Humor hinzu.
»Und wie haben Sie es geschafft, mich zu erwischen, so gewissermaßen mit der linken Hand?«
»Durch meinen alten Sekretär, der Sie so sehr angezogen hat.
Er hat die Gewohnheit, ein wenig zu knirschen, wenn man ihn öffnet. Sie können sich in Ihrem Beruf noch immer vervollkommnen, auch wenn Sie ihn schon mit viel Talent ausüben, junger Mann.«
War diese Bemerkung ironisch gemeint? Niemand konnte dies wissen. Aber nun war auch geklärt, warum »unser Mann"
über die Geschichte mit dem japanischen Unterseeboot geschwiegen hatte: Wenn Don Diego die Anwesenheit eines Agenten des FND auf Ibiza entdeckt hatte, wozu sollte er dies nach Paris melden? Kurz, die ganze Untersuchung Lennets schien ins absolute Nichts zu münden.
»Ich bin hier fertig", sagte Lennet. »Können wir jetzt die Papiere durchgehen, die sich mit Ihrer Tätigkeit als unser Korrespondent befassen?«
Don Diego erhob sich bedächtig und führte Lennet in ein großes Schlafzimmer. Er ging bis zum Bett, kehrte dann aber um und schaltete das Licht ein. Dann wandte er sich einem großen Wandschrank zu und öffnete ihn mit einem Schlüssel.
Im Inneren befanden sich ein Schreibtisch und ein Stuhl. Auf dem Schreibtisch stand der Sender, wie ihn der FND jedem seiner Korrespondenten stellte.
Don Diego öffnete die Schubladen.
»Bitte, bedienen Sie sich", sagte er gelassen. Lennet warf einen Blick auf seine Uhr. Zwanzig Minuten waren vergangen, und Chiquita mußte jetzt schon langsam unruhig werden. Doch um den Schein zu wahren, mußte er nun diese Schubladen durchsuchen, eine nach der anderen, mußte er sich das Archiv, die Rechnungen und den Briefwechsel ansehen. Es fiel ihm auf, daß bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, der etwa fünf Monate zurücklag, alles mit der Hand geschrieben war, in einer großen, schrägen Handschrift. Dann plötzlich war alles mit der Maschine geschrieben worden.
»Sie sehen", erklärte Don Diego, der sich einige Meter von Lennet entfernt hielt und in eine andere Richtung sah, um nicht indiskret zu erscheinen, »Sie sehen, daß ich mich seit einiger Zeit einer Schreibmaschine bediene. Dadurch wird alles übersichtlicher, finden Sie nicht auch?«
Alles war übersichtlich, in der Tat. Die Spesenabrechnungen schienen durch die gelieferten Informationen gerechtfertigt, die Summen, die Don Diego vom FND erhalten hatte, waren säuberlich registriert. Alles schien in bester Ordnung.
Nach abermals zwanzig Minuten sagte Lennet mutig:
»Routinekontrolle beendet. Es bleibt mir nur noch, Sie zu der Ordnung zu beglückwünschen, mit der Sie Ihre Geschäfte führen.«
»Ich danke Ihnen", sagte der Alte schlicht.
Er begleitete Lennet bis zur Tür, die zur Straße führte, und er knickte seine lange schwarze Silhouette zu einer Verbeugung ab, als er sich verabschiedete.
Lennet stieg in seinen Wagen. Außer dem bitteren Bewußtsein, sein Ziel verfehlt zu haben, hatte er noch den sonderbaren Eindruck, daß im Verhalten des vornehmen Alten nicht alles so in Ordnung war, wie er es erscheinen lassen wollte. Einzelheiten wollten nicht mit dem Gesamtbild übereinstimmen. Aber was war da nur? Trotz verzweifelten Nachdenkens kam Lennet nicht darauf.
Der Hauptmann wird wütend sein, dachte der junge Offizier, der seinen Vorgesetzten, Hauptmann Montferrand, wie einen Vater liebte. Und er hat ganz recht. Ich habe mich benommen wie der letzte Dummkopf. Was kann einem Geheimagenten Schlimmeres passieren, als sich erwischen und auch noch durchschauen zu lassen? Aber hätte ich alles leugnen und mich für einen einfachen Einbrecher ausgeben sollen? Doch dann hätte Don Diego die Polizei gerufen, mein Auftrag wäre im Eimer gewesen, und überdies hätte es auch noch einen Skandal gegeben. Und jetzt habe ich auch noch die wütende Chiquita vor mir. Dabei habe ich fast genausoviel Lust, den Abend mit beruhigenden Sprüchen zu verbringen als mich erwischen zu lassen.
Aber im Columna wartete eine Überraschung auf ihn.
Wie auf einer Geisterbahn
Zuerst erwartete ihn sein Freund, der »Knopf", am Hafen und gab ihm seinen Brief zurück. Die Senorita hatte nicht die geringsten Anstalten
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