07 - Old Surehand I
mit jedem Schritt stärker, und als wir nur noch eine kurze Strecke bis zur Furt hatten, sahen wir das Feuer. Es brannte in der Nähe des Wassers. Wer sich dort befand, das konnten wir nicht sehen, weil Büsche dazwischen lagen.
Wir huschten mit Anwendung aller Vorsicht weiter und weiter, bis wir dieses Gebüsch erreicht hatten. Es lag ungefähr zwölf Schritte von dem Feuer entfernt, an welchem zwei Indianer einander gegenüber saßen, die Gesichter einander zugekehrt, so daß wir beide im Profil sehen konnten. Es waren Comanchen. Was wollten sie hier an der Furt? Wozu hatten sie dieses Feuer? Das waren die zwei Fragen, die wir uns natürlich vorlegen mußten. Die Beantwortung konnte uns nicht schwerfallen.
Old Surehand hatte dieselben Gedanken wie ich. Er gab ihnen Ausdruck, indem er mir zuflüsterte:
„Nale-Masiuv ist noch nicht da. Ihr habt also mit Euern Vermutungen recht gehabt, Sir.“
„Ja; sie warten auf ihn und haben diese Wachen hier ausgestellt, die ihn empfangen sollen.“
„Warum sie das für nötig gehalten haben?“
„Das ist sehr einfach. Nale-Masiuv ist von einem andern Stamm als Vupa Umugi und hat seine Weideplätze entfernter von hier. Darum kennt er die Furt nicht, und diese beiden sollen sie ihm zeigen, wenn er kommt.“
„Das trifft jedenfalls zu. Wie gut, daß wir erst am Abend hierherkamen!“
„Ja; am Tag hätten sie uns wahrscheinlich bemerkt, denn da waren sie jedenfalls auch schon da. Nun hat uns der Geruch ihres Feuers vor Entdeckung bewahrt.“
„Das wäre schlimm gewesen, denn wenn es auch ganz unmöglich gewesen wäre, daß sie uns hätten fassen können, so wüßten sie doch nun, daß wir noch immer hier sind, während sie das Gegenteil dachten.“
„Dieses Feuer ist allerdings ein Beweis, daß sie überzeugt sind, wir seien über alle Berge. Wenn sie uns noch hier in der Gegend glaubten, würden sie sich hüten, eins anzuzünden. Dumme Kerls, sie werden doch nie klug!“
„Sie dürfen sich nicht darüber beschweren, daß sie keine Gelegenheit gehabt hätten, gescheit zu werden. Ihr habt ihnen genug gute Lehren erteilt. Bleiben wir hier?“
„Ich möchte.“
„Ich auch. Jetzt sitzen sie zwar stumm wie Ölgötzen da, aber es ist doch möglich, daß sie miteinander reden.“
„Wenn sie das tun, werden wir etwas erfahren.“
„Wichtiges?“
„Wenn nicht grad das, so doch wenigstens etwas, was uns interessiert. Der eine rechts ist nämlich ein hervorragender Krieger.“
„Kennt Ihr ihn?“
„Ja. Als ich sie da drüben am ‚Blauen Wasser‘ belauschte, saß er mit bei dem Häuptling und nahm neben dem Alten mit am Gespräch teil. Wenn sie reden, dann doch wahrscheinlich von ihrem kriegerischen Vorhaben. Horcht!“
Der Rote, von dem wir sprechen, hatte ein Wort gesagt, aber so kurz und unterdrückt, daß es nicht zu verstehen gewesen war. Der andere antwortete, aber auch für uns unverständlich. So fielen eine Zeitlang einzelne Worte hin und her, ohne daß wir wußten, wen oder was sie betrafen. Da legten wir die Ohren auf die Erde, um besser verstehen zu können.
Kaum hatten wir das getan, so stieß Old Surehand mich mit dem Ellbogen bedeutungsvoll an. Ich wußte sogleich, was er meinte, denn ich hatte das Geräusch, auf welches er mich aufmerksam machen wollte, auch gehört. Wir kannten es beide genau; es war das dumpfe Hufstampfen von Pferden auf weichem Grund, wobei an eine Wurzel oder sonst etwas Festes gestoßen wird.
„Waren das etwa unsre Pferde?“ fragte Old Surehand.
„Nein. Der Schall kam abwärts.“
„Da handelt es sich um Rote, die da kommen.“
„Jedenfalls.“
„Auch Comanchen, sonst würden sie sich sehr in acht nehmen und ihre Pferde besser führen.“
„Comanchen sind es; aber sie wissen nicht, daß hier auch Rote sitzen.“
„Sollten sie das Feuer nicht sehen?“
„Nein. Der Schall läßt auf eine Entfernung von wenigstens achtzig Schritten schließen, und nach oben hin stehen dichte Sträucher, welche das Feuer verdecken.“
„Aber riechen müssen sie es doch!“
„Nein, denn der Wind kommt von oben und weht den Rauch und also auch den Geruch abwärts.“
„Bin neugierig, wer es ist!“
„Ich auch. Sobald sie das Feuer entdecken, werden sie die Pferde anhalten, um abzusteigen und herbeizuschleichen. Dann erfahren wir jedenfalls etwas.“
Wir warteten. Das dumpfe Geräusch wiederholte sich noch zweimal. Die beiden Comanchen am Feuer hörten es nicht, weil sie nicht, so wie wir mit den Ohren auf der Erde
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