07 - Old Surehand I
kennenlernen.“
Wir lenkten in die Fährte ein und kamen bald an eine Stelle, wo die Reiter angehalten hatten; sie wurde an der vom Fluß abgewendeten Seite von Büschen begrenzt, in denen es eine schmale Lücke gab.
„Ja, es sind ungefähr zwanzig Reiter gewesen“, wiederholte ich; „weiter ist nichts herauszufinden.“
„Also ein Vortrab?“ fragte Old Wabble.
„Das möchte ich bezweifeln.“
„Warum?“
„Weshalb sollte Nale-Masiuv seine Schar geteilt und eine Vorhut vorausgesandt haben? Das tut man nur vor dem Kampf oder wenn man sich in einer sehr unsicheren Gegend befindet. An einen Kampf war nicht zu denken, und unsicher haben sich diese Leute nicht gefühlt, sonst wären sie in ganz andrer Weise geritten. Wir haben es also nicht mit einem Vortrab zu tun, sondern mit einem ganz selbständigen Trupp. Nale-Masiuvs Leute sind es nicht gewesen.“
„Hm! Ich denke da an den jungen Häuptling Schiba-bigk, meinen Bekannten, der ja auch nach dem ‚Blauen Wasser‘ kommen muß, wenn er mit Vupa Umugi nach dem Llano estacado will; er soll den Führer machen. Vielleicht ist er es gewesen.“
„Das ist sehr leicht möglich, Sir. Was tun wir nun? Folgen wir dieser Fährte?“
„Das hat keinen Zweck und würde uns nur in Gefahr bringen können.“
„Aber wir müssen doch stromabwärts gehen, um wieder an das andre Ufer zu kommen!“
„Ja, aber nicht so nahe am Wasser hin, wo wir jeden Augenblick auf Rote treffen können. Wir reiten einen Bogen, und zwar so, daß wir die Furt erst dann erreichen, wenn es dunkel ist und wir nicht gesehen werden können.“
„Das ist klug und zugleich gefährlich.“
„Wieso gefährlich?“
„Wenn noch vor der Dunkelheit Indsmen hinter uns herkommen, sehen sie die Stelle, wo wir diese Fährte verlassen haben; unsre Spur muß ihnen auffallen; sie folgen uns, und wir sind verraten.“
„Wenn wir es dumm anfangen, ja. Wir müssen eben da abweichen, wo es nicht bemerkt werden kann.“
„Wo wäre das?“
„Hier.“
„Hier? Ah!“
„Ja, hier. Meint Ihr nicht, daß diese Lücke im Gebüsch die beste Gelegenheit dazu bietet?“
„Ob Lücke oder nicht, sie werden doch bemerken, daß eine Fährte abseits führt.“
„Nein, wenn wir es richtig machen. Wir reiten nicht langsam hinein, sondern im Sprung. Daß unsre Pferde hier zum Sprung angesetzt haben, können sie nicht sehen, weil diese Stelle von Spuren ganz bedeckt und niedergetreten ist. Unsre Pferde fassen jenseits der Lücke wieder Fuß, wodurch allerdings Hufeindrücke erzeugt werden, die aber von hier aus nicht gesehen werden können, weil die Lücke schmal ist und die Zweige unten ineinander gehen. Wir müssen hoch springen und uns dabei hüten, Blätter abzustreifen oder gar Äste abzubrechen.“
„Well, das geht, Mr. Shatterhand! Wer springt zuerst?“
„Ich. Kommt ihr mir einzeln nach, und macht es genau wie ich!“
Ich nahm mein Pferd hoch, gab ihm die Hilfe und flog in einem weiten Bogen zwischen den Büschen hindurch, wo ich natürlich nicht halten blieb, sondern für die andern Platz machte. Sie kamen ebenso gut hinüber wie ich, und dann durchquerten wir den hier schmalen Waldessaum des Flusses, bis wir hinaus auf das offene Terrain kamen. Da ritten wir in gerader, rechtwinklig vom Fluß wegführender Linie weiter, bis wir so weit von ihm entfernt waren, daß wir von dort aus nicht gesehen werden konnten. Von hier aus schlugen wir die parallele Richtung ein und lenkten, als wir weit genug abwärts gekommen waren, wieder nach dem Pecos zurück. An sein Ufer zurückgekehrt, mochten wir uns ungefähr eine halbe englische Meile unterhalb der Furt befinden und waren also gezwungen, uns rückwärts zu wenden. Dabei war große Vorsicht erforderlich, denn es war inzwischen dunkel geworden und die Situation überhaupt nicht ganz geheuer. Infolge des Zuzugs, den Vupa Umugi erwartete, mußte man grad an der Furt stets auf Bewegungen gefaßt sein. Wir stiegen also ab und gingen zu Fuß, indem wir die Pferde führten und uns bemühten, so wenig Geräusch wie möglich zu verursachen.
Es zeigte sich gar bald, daß diese Behutsamkeit gar nicht überflüssig war, denn wir bemerkten, noch ehe wir die Furt erreicht hatten, einen brenzligen Geruch. Es gab ein Feuer in der Nähe; wir blieben also stehen. Es galt natürlich zu erfahren, wer das Feuer angebrannt hatte; das wollte ich mit Old Surehand tun. Wir übergaben also Old Wabble und Bob unsre Pferde und Gewehre und schlichen uns weiter. Der Geruch wurde
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