07 - Old Surehand I
den Gefährten zurück. Wir müssen über den Fluß, so lange die Furt frei und unbeobachtet ist. Kommt!“
„Das hat eine halbe Ewigkeit gedauert“, empfing uns Old Wabble, als wir bei ihm ankamen. „Hätte sich Eure Abwesenheit verlängert, so wäre ich nachgekommen.“
„Um uns in Gefahr zu bringen!“ antwortete ich. „Das ist es ja, was ich Euch abgewöhnen möchte. Ich bin überzeugt, daß Euch dieser Fehler, den Ihr nicht lassen zu können scheint, noch einmal ins Verderben führt!“
„Old Wabble ins Verderben? Der denkt gar nicht daran!“
Ja, er glaubte es nicht, er war trotz seines hohen Alters noch der leichtblütige, unbesorgte Cowboy von früher. Hätte er mir doch geglaubt! Die Worte, welche ich ihm gesagt hatte, waren eine Weissagung, welche leider später wörtlich in Erfüllung ging.
Wir setzten über die Furt, ritten langsam durch den schmalen Waldstreifen des Flußufers und konnten dann unsre Pferde ausgreifen lassen, weil die Sterne uns das dazu nötige Licht spendeten. Dieser günstige Umstand erlaubte mir auch, eine so schnurgerade Linie einzuhalten, daß wir, als wir den Regenberg erreichten, gewiß nicht zwei Minuten umgeritten waren. Es war um Mitternacht, als wir die nicht bedeutenden zwei Höhen des Bergs vor uns auftauchen sahen.
Der Fuß des Bergs war mit Gebüsch umsäumt. Als wir an demselben hinritten, hörten wir den Apachenruf erschallen:
„Ti arku – Wer da?“
„Old Shatterhand“, antwortete ich.
„Owan utah arhonda – kommt hierher!“
Wir lenkten hin. Es trat ein Roter auf uns zu, der ganz nahe zu mir herankam, um mich zu betrachten.
„Ja, das ist Old Shatterhand, der große Häuptling der Apachen“, sagte er. „Wir haben an verschiedenen Seiten dieses Bergs Posten ausgestellt, um auf Euch zu warten.“
„Sind die Krieger der Apachen angekommen?“
„Ja, dreimal hundert an der Zahl.“
„Mit Proviant?“
„Fleisch und Mehl für mehrere Wochen.“
„Wer ist der Anführer?“
„Entschar-Ko (‚Großes Feuer‘), welcher der Liebling Winnetous ist, wie mein großer Bruder Old Shatterhand weiß.“
„Ist ‚Langes Messer‘ mit zwei Bleichgesichtern bei euch hier eingetroffen?“
„Sie sind hier angekommen und haben von den Taten Old Shatterhands erzählt. Meine Brüder mögen mir folgen.“
Er führte uns ein Stück in das flache Tal hinein, welches sich zwischen den beiden Bergeshälften aufwärts zog, und bald langten wir im Lager der Apachen an.
Entschar-Ko war nicht nur der Liebling Winnetous, sondern auch der meinige. Wir begrüßten uns mit großer und aufrichtiger Herzlichkeit, und er erklärte mir, daß er sich und seine Schar unter meinen Befehl stelle. Parker und Hawley kamen natürlich auch herbei, um uns die Hände zu drücken. Wir erzählten ihnen in kurzen Worten, wie uns die Befreiung Bobs gelungen war. Sie hatten Sorge um uns gehabt; um so größer war nun ihre Freude.
Eine Beratung brauchte nicht gehalten zu werden. Ich wollte nach dem Llano, das genügte. Ich teilte Entschar-Ko mit, wie die Verhältnisse lagen, und da wir schlafen mußten, übernahm er es, die notwendigen Vorbereitungen so zu treffen, daß wir nach unserm Erwachen sofort aufbrechen konnten.
Am nächsten Morgen, als die Sonne aufging, waren wir schon fern von dem Regenberg, und unser Zug bewegte sich mit hinreichender Schnelligkeit über die Ebene, die nach dem schon mehrerwähnten Höhenzug führt, von dem hinab man nach dem Llano steigt. Zwischen seinen östlichen Ausläufern gibt es jene fließenden Wasser, welche später im Sand versickern und wahrscheinlich dann sich in dem See sammelten, an dem Bloody-Fox seine geheimnisvolle Heimstätte aufgeschlagen hatte.
Old Surehand freute sich über unsre Apachen. Er bemerkte, daß sie fast militärisch geschult waren. Eines so vortrefflich eingerichteten Proviantwesens wie sie konnte sich wohl kein anderer Indianerstamm rühmen, und als ich ihm während des Ritts erzählte und erklärte, welche Mühe sich Winnetou gegeben und welche Umsicht er aufgewendet hatte, um aus seinen Mescaleros eine Elitetruppe zu machen, wuchs die Hochachtung, welche er bisher vor diesem Häuptling empfunden hatte, noch weit mehr. Es waren sogar aus Gazellenhäuten angefertigte Wasserschläuche vorhanden, damit die Krieger nicht zu dürsten brauchten.
Am Nachmittag überstiegen wir die erwähnten Höhen. Ich führte den Trupp nach einem mir bekannten Tal, in dem wir ausruhten. Es gab da ein kleines, freilich sehr dünn
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