07 - Old Surehand I
Auch jetzt ist er fort und – – – sieh!“
Er unterbrach seinen Satz und deutete bei dem letzten Wort dahin, woher ich gekommen war. Da kamen mehrere Reiter, Old Surehand, Old Wabble, Parker, Hawley und Entschar-Ko, der Apache. Ihnen voran ritt Bloody-Fox, genau so wie die mexikanischen Vaqueros ganz in Büffelkuhleder gekleidet, und zwar so, daß alle Nähte mit Fransen versehen waren. Eine rote, breite Schärpe umschlang anstatt des Gürtels seine Taille und hing mit ihren Enden an der linken Seite herab. In dieser Schärpe steckten ein Bowiemesser und zwei mit Silber ausgelegte Pistolen. Auf dem Kopf trug er einen breitkrempigen Sombrero; quer über die Knie hielt er eine schwere, doppelläufige Kentuckybüchse, und vorn zu beiden Seiten des Sattels waren nach mexikanischer Art Schutzleder angebracht, um die Beine bis herunter auf die Füße zu bedecken und gegen Lanzenstöße und Pfeilschüsse zu beschützen.
Er war jetzt fünfundzwanzig Jahre alt; ein voller, langer Schnurrbart beschattete seine Lippen. Der untere Teil seines Gesichts mit den stark entwickelten Kauwerkzeugen deutete auf einen festen, unerschütterlichen Willen; seine Augen aber schauten, vielleicht nur jetzt, da er sich freute, froh und wild in die Welt wie diejenigen eines Kinds, welches kein Würmchen, keinen Schmetterling anrührt, um ihm keinen Schmerz zu bereiten. Und doch war dieser jugendliche Mann der fürchterliche Avenging-Ghost, dessen sichere Kugel jeden ‚Geier‘ des Estacado grad in die Mitte der Stirn getroffen hatte!
Er sprang mitten im Trab von seinem Pferd und reichte mir die Hand. Nachdem er mich mit aufrichtig gemeinten, herzlichen Worten begrüßt hatte, wendete er sich an Winnetou:
„Dieses Mal habe ich sie gefunden, die ich suchte. Aber es sind nicht die Krieger der Apachen allein. Ahnt Winnetou, was für berühmte Männer ihm sein Freund und Bruder Shatterhand mitgebracht hat?“
Der Häuptling antwortete mit einem leisen Schütteln seines Kopfes. Hierauf stellte Fox sie vor:
„Hier steht Old Surehand, einer der berühmtesten unter den weißen Jägern. Er ging nach dem Süden, um den Häuptling der Apachen kennenzulernen, und traf dabei auf Old Shatterhand.“
Jetzt endlich standen diese beiden Männer einander gegenüber! Ihre Augen waren prüfend aufeinander gerichtet; dann reichte Winnetou dem Jäger die Hand und sagte:
„Wen Old Shatterhand bringt, der ist dem Häuptling der Apachen willkommen. Ich habe viel von dir gehört; nun mag die Tat an die Stelle des Worts treten wie heut die Person an die Stelle der Erzählung.“
Old Surehand erwiderte einige Worte; ich sah, daß Winnetou auf ihn einen großen, sehr großen Eindruck machte.
„Und hier“, fuhr Bloody-Fox fort, „ist Old Wabble, welcher der ‚König der Cowboys‘ genannt wird. Er hat Old Shatterhand und Old Surehand geholfen, Bob zu befreien.“
Es ging ein eigentümliches, ich möchte sagen, heiteres Zucken über das Gesicht Winnetous, als er dem Alten seine Hand mit den Worten bot:
„Old Wabble ist dem Häuptling der Apachen wohlbekannt; er ist pfiffig wie ein Fuchs, reitet wie ein Teufel und raucht gern Zigaretten.“
Das Gesicht des Alten strahlte bei dem Anfang dieser Begrüßungsrede; kaum aber hörte er die letzten Worte, so verfinsterten sich seine Züge sofort und er rief aus:
„Thunder-storm, das ist freilich wahr! Aber ich habe nun seit Monaten keine einzige zwischen die Lippen gebracht. Wo soll man sie hernehmen in dieser verteufelten Gegend? Wenn das nicht bald anders wird, fahre ich vor Sehnsucht aus der Haut und wickle mir Zigarren daraus; th'is clear!“
Er war ein so leidenschaftlicher Raucher, daß er sich ohne Zigarette nicht wohl fühlte. Daher dieser Gefühlsausbruch.
Bloody-Fox stellte auch noch Parker und Hawley vor, die auch einige freundliche Worte zu hören bekamen. Er hatte einen Rundritt gemacht, um nach mir und den Apachen auszuschauen, und war, von Norden kommend, während ich mit Bob östlich geritten war, auf sie gestoßen. Die Weißen hatten ihm sofort gesagt, wer sie waren, und er hatte sie eingeladen, schnell mit ihm zu kommen.
Was hätten Winnetou, Fox und ich jetzt einander zu fragen und zu erzählen gehabt! Dazu gab es aber keine Muße, denn die Comanchen nahmen zunächst unsre ganze Zeit in Anspruch. Bob und Sanna mußten unsre Pferde zur Tränke führen, und wir nahmen alle vor dem Haus Platz, um uns zu beraten. Da stand eine aus rohen Brettern zusammengefügte Tafel mit zwei Bänken,
Weitere Kostenlose Bücher