07 - Old Surehand I
aber ich nahm an, daß man zu seiner Verfolgung die bestberittenen Krieger ausgewählt habe, und so konnte der Abstand zwischen ihnen, also der Vorsprung, den er vor ihnen hatte, kein allzu großer sein. Vielleicht hatten sie beim Einbruch des Abends Lager gemacht; da sie aber vermuten mußten, daß er in dem leicht gangbaren Tal noch weiter geritten sei, so war es sehr leicht möglich, daß sie dasselbe getan hatten. In diesem Fall konnten sie jetzt nicht sehr fern von uns sein. Mochte meine Vermutung das Richtige treffen oder nicht, ich wollte einmal suchen gehen.
Als ich über den Bach gesprungen war, wendete ich mich abwärts. Meine an die Dunkelheit gewöhnten Augen machten es mir leicht, mich zu orientieren. Ich wählte zum Gehen solche Stellen, die ein Reiter vermeiden mußte, und fühlte mich also ziemlich sicher. Dennoch hatte ich das Bowiemesser in der Hand und hielt mich zur schnellsten Verteidigung bereit, denn die Roten konnten das Feuer gerochen haben und zu Fuß herangeschlichen kommen.
So ging ich unhörbar weiter und weiter, keinen Schritt eher wagend, als bis ich mich überzeugt hatte, keinen Feind unmittelbar vor mir zu haben. Als dann das Feuer kaum mehr zu riechen war, blieb ich stehen. Das war der kritische Punkt, die entscheidende Stelle, und ich setzte mich nieder, um zu warten. Hatten die Verfolger sich gelagert, so kamen sie nicht, und wir mußten morgen früh auf sie treffen; waren sie trotz der Dunkelheit weitergeritten, so mußte hier der Rauch ihre Nasen berühren, und sie blieben wahrscheinlich halten, um sich zu besprechen. In diesem Fall wollte ich versuchen, ihre Worte zu belauschen.
Als ich wohl über eine Stunde gewartet hatte, sagte ich mir, daß mein Weg ein vergeblicher gewesen sei und die Begegnung erst morgen erfolgen werde. Ich stand auf, um zurückzukehren. Da war es mir, als ob ich von unten her ein Geräusch gehört hätte; ich blieb stehen und horchte. Ja, es kam jemand. Sofort kauerte ich mich hinter einen Busch nieder.
Das Geräusch näherte sich; ich vernahm den dumpfen Huftritt von Pferden im weichen Grasboden; es konnten nur drei sein. Jetzt sah ich die Reiter; es waren nur zwei, und zwar Indianer. Da sie hoch im Sattel saßen, konnte ich gegen den Himmel ihre Gestalten deutlich erkennen. Sie ritten, ohne anzuhalten, an mir vorüber; ich huschte seitwärts hinter Sträuchern neben ihnen her. Wenn ich dabei ja ein leises Geräusch verursachte, so wurde es von den Schritten der Pferde übertönt. Übrigens hatte ich ihnen nicht weit zu folgen, denn der eine hielt plötzlich an, sog die Luft laut hörbar ein und sagte in der mir geläufigen Sprache der Comanchen, welche derjenige der Schoschonen ähnlich ist:
„Uff! Riecht das nicht wie Rauch?“
Der andere schnüffelte auch und antwortete dann:
„Ja, das ist Rauch.“
„Der weiße Hund ist so unvorsichtig gewesen, ein Feuer anzubrennen.“
„Da er das getan hat, kann er kein berühmter Krieger sein, denn ein solcher würde diese große Unvorsichtigkeit nicht begangen haben.“
„Ja, er ist ein ganz gewöhnlicher und unerfahrener Krieger, und es wird mir und meinem Bruder nicht schwerfallen, ihm den Skalp zu nehmen.“
„So hat es also genügt, daß nur wir beide ihm folgten. Mein Bruder wollte lagern, als es dunkel wurde. Wie gut, daß er mir folgte, als ich weiterritt! Wir holen den Skalp und kehren dann sogleich nach den Saskuan-kui (Blaues Wasser) zurück, wohin unsre Krieger vorangezogen sind. Wir müssen aber hier absteigen.“
„Das braucht mein Bruder mir nicht zu sagen; ich weiß, daß man sich nicht zu Pferd anschleicht, um einen Feind zu überraschen.“
Sie schwangen sich von ihren Tieren und pflockten diese an; dann schlichen sie weiter, ich hinter ihnen her. Sie richteten ihre Aufmerksamkeit nur nach vorn; ich war nur acht Schritte von dem Hintersten entfernt. Sollte ich warten, bis sie sich bei unserm Feuer in die Büsche verkrochen? Nein; das wäre ein großer Fehler gewesen. Ich mußte sie jetzt angreifen und zauderte nicht, dies zu tun. Ich steckte das Messer ein und zog den Revolver. Drei, vier schnelle, weite Sprünge, ich erreichte den Hintermann und schlug ihm den Griff der Waffe so an den Kopf, daß er zusammenstürzte. Der Vorangehende hörte das, blieb stehen, sah sich um und fragte:
„Was war das? Was hat mein Bruder – – –?“
Er konnte nicht weitersprechen; ich war auf ihn zugesprungen, faßte ihn mit der linken Hand beim Hals und gab ihm mit der rechten einen
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