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0703 - Stunden der Angst

0703 - Stunden der Angst

Titel: 0703 - Stunden der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W.K. Giesa und Claudia Kern
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paar Kühe und Schafe grasten hinter Zäunen, an denen Menschen mit Gewehren lehnten. Manche hoben die Waffen, wenn sie den Wagen bemerkten, die meisten starrten ihm jedoch nur mit verkniffenen Gesichtern hinterher.
    »Diese Welt unterscheidet sich nicht nur durch die Charakterfehler unserer Doppelgänger«, sagte Tendyke, als er Zamorras Verwunderung bemerkte. »Die USA und Europa leiden unter einer wirtschaftlichen Rezession, wie es sie bei uns Anfang der dreißiger Jahre gab. Der Süden Amerikas ist völlig verarmt, die Preise für landwirtschaftliche Produkte sind im Keller. Die Leute, die du siehst, sind Farmer, die ihren Besitz verloren haben. Sie versuchen sich und ihre Familien über Wasser zu halten, indem sie einfach ein Stück Land roden und mit ihrem bisschen Vieh dort leben. Theoretisch verstoßen die gegen das Gesetz, aber die Regierung lässt sie in Ruhe.«
    »Du scheinst aber nicht besonders unter der Rezession zu leiden«, bemerkte Carsten.
    Tendyke ignorierte seinen misstrauischen Tonfall und hob die Schultern. »Wie immer profitieren ein paar vom Leiden vieler. Obwohl ich seit Monaten hier lebe, weiß ich noch nicht viel über die Geschäfte, die Seneca betreibt. Ich muss sehr vorsichtig bei den Fragen sein, die ich stelle. Nur soviel kann ich euch sagen: Seneca kennt keine Skrupel. Er handelt mit Waffen, Drogen und allem, was sonst noch Geld bringt. Wenn es sein muss, stürzt er ganze Regierungen, um seinen Willen durchzusetzen. Sein Konzern ist so mächtig, dass ihm niemand etwas anhaben kann.«
    »Und das selbe versucht er jetzt in unserer Welt zu erreichen«, sagte Zamorra nachdenklich. »Die Übernahme des Möbius-Konzerns ist erst der Anfang.«
    Tendyke nickte. »Aber auch das Ende. Dafür werde ich sorgen, sobald wir wieder zurück sind.«
    »Und wie willst du dafür sorgen? Seneca hat deine Identität angenommen. Für die meisten seiner Leute wirst du der Doppelgänger sein, wenn du zurückkommst. Bei Tendyke Industries tauscht er systematisch Mitarbeiter aus, die misstrauisch werden.«
    Ein Schatten fiel über Robs Gesicht. Er lächelte so kalt, dass Zamorra für einen Moment glaubte, Seneca vor sich zu haben.
    »Dafür wird er bezahlen«, entgegnete er. »Ich habe noch ein paar Überraschungen parat, von denen er nichts ahnt. Wenn…«
    »Hubschrauber«, sagte Nicole unvermittelt.
    Zamorra beugte sich vor, konnte jedoch außer Bäumen nichts erkennen. »Wo?«
    »Direkt über uns. Ich habe zwei gesehen, aber es könnten auch mehr sein.«
    Carsten griff nach einer Maschinenpistole und überprüfte das Magazin. »Anscheinend will Scarth doch nicht bis Baton Rouge warten.«
    Zamorra schüttelte den Kopf. Er konnte sich nicht vorstellen, dass die Leibwächter einen Angriff riskierten, während ihr Boss noch im Wagen war.
    »Vielleicht…«, begann er, aber Nicoles Warnschrei schnitt ihm das Wort ab.
    Und dann geschah alles gleichzeitig.
    Für Sekundenbruchteile sah Zamorra einen dunklen Gegenstand, der plötzlich vor der Windschutzscheibe auftauchte. Ein Knall. Ein grellweißer Lichtblitz, so hell, dass er glaubte, im Zentrum einer Explosion zu stehen. Ein stechender Schmerz in den Augen.
    Dunkelheit.
    Blendgranate, war sein erster Gedanke. Er hörte das Quietschen der Reifen, fühlte sich herumgerissen, als der Wagen seitlich ausbrach. Der Boden wurde uneben. Äste kratzten über die Scheiben.
    »Nicole, halt an!«, rief Tendyke neben ihm. Zu spät, denn im gleichen Moment wurden sie von einem dumpfen Schlag in die Gurte geworfen. Der Motor des Cadillac erstarb. Zamorra hörte, wie die Türen aufgerissen wurden und stieg selber aus.
    »Sieht einer von euch noch was?«, fragte Carsten. Seine Stimme zitterte.
    Zamorra unterdrückte die Panik, die in ihm aufstieg. Er sah nichts außer wirbelnden weißen Flecken. Über sich hörte er das ohrenbetäubende Dröhnen der Hubschrauber. In unmittelbarer Nähe fielen zwei Schüsse.
    »Weg hier!«, sagte er. Ohne auf die Zustimmung der anderen zu warten, streckte er die Arme aus und tastete sich tiefer in den Wald. Die Bäume standen so dicht, dass er kaum Platz zwischen ihnen fand. Immer wieder stolperte er über Wurzeln oder kollidierte mit Ästen. Irgendwann nach dem zwanzigsten Mal hörte er auf, darüber zu fluchen.
    Die weißen Schlieren vor seinen Augen wurden dunkler. Er wusste nicht, ob das ein gutes Zeichen war, verdrängte aber die kleine, unangenehme Stimme in seinem Geist, die ihn fragte, was er machen würde, wenn er blind blieb, wenn die

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