0704 - Vampir-Zyklopen
unsterblich sind, wenn sie nicht von ihre untoten Existenz erlöst werden.«
»Sie… Sie hatten wohl schon öfter mit Blutsaugern zu tun?«, wollte Denise Mercier schaudernd und gleichzeitig bewundernd wissen.
»Kann man sagen.«
»Ich auch!«, mischte sich Nicole ein und legte wie zufällig ihre Hand auf Zamorras Oberschenkel. Das brachte ihr einen giftigen Seitenblick der Pariser Studentin ein.
»Dann werden Sie also mit uns nach Korsika zurückkehren?«, fragte Aurillac hoffnungsvoll.
»Selbstverständlich«, erwiderte Zamorra. »Diese Vampir-Zyklopen sind wahrscheinlich eine große Gefahr für die Menschen im korsischen Hinterland. Wir müssen damit rechnen, dass sie jetzt die Grotte auch verlassen können!«
»Ich werde den nächstmöglichen Flug nach Bastia buchen lassen!«, verkündete Nicole Duval tatendurstig. »Müsste klappen. Das ist schließlich nur ein Inlandsflug - auch wenn die Korsen das nicht wahrhaben wollen!«
Zamorra bat die Besucher nun in sein Arbeitszimmer, um noch einige Details zu besprechen.
»Was ist mit Bertrand Sassons unerklärlichen Lichtern?«, fragte Nicole ihren Lebensgefährten halblaut.
»Oh, das war falscher Alarm. Das heißt, gesehen hat Bertrand wirklich etwas. Aber das war nur der amerikanische Spionagesatellit, der heute Nacht abgeschmiert und dann über den Pyrenäen verglüht ist. Kam vorhin in den Nachrichten.«
Der Dämonenjäger nahm seine Lebensgefährtin bei der Hand. Sie folgten den Gästen ins Schloss.
Fooly blieb alleine zurück. Der Drache wartete noch einige Minuten. Aber niemand beobachtete ihn.
Aufgeregt griff Fooly zu dem Nagellack-Fläschchen, das Nicole zurückgelassen hatte. Geschickt drehte er es auf und schnüffelte daran. Einen Moment versuchte er noch, sich zu beherrschen.
Aber dann wurde die Gier zu groß.
Fooly trank den Nagellack restlos aus…
***
Lautlos glitten die beiden Jäger durch das Unterholz. Schwer und rund hing der Mond tief über den Kastanien- und Eukalyptus-Wäldern der korsischen Berge.
Die Nacht war ihr Freund. Es war die erste Nacht, in der sie als Jäger unterwegs waren. In stummem Einverständnis blickten sich die beiden Wesen gegenseitig in die starren Augen.
Sie gehörten nun zu einer uralten Bruderschaft…
Plötzlich raschelte es in dem immergrünen Buschwald!
Panisch quiekend rannte ein verwildertes Hausschwein um sein Leben. Von ihnen gab es auf Korsika ganze Herden. Das Tier hatte mit seinem untrüglichen Instinkt die tödliche Gefahr gewittert.
Der Jäger wollte dem Schwein schon nachsetzen. Beim Gedanken an das heiße, dampfende Blut in seinem Maul geriet er förmlich in Extase.
Doch die Jägerin hielt ihn zurück. Sie legte ihm beschwichtigend ihre rechte Kralle auf den Unterarm.
Lass das Schwein laufen, schienen ihre dunklen Augen zu sagen. Am Fuß des Hügels wartet etwas Besseres auf uns…
Und nun hatte auch der Jäger die Witterung aufgenommen.
Menschen!
Die beiden Wesen beschleunigten ihre leisen Schritte. Seite an Seite glitten sie talwärts. Ihre schmutzigen weißen Overalls waren im Mondlicht deutlich zu erkennen.
***
Matthias Lackner konnte nicht schlafen.
Ruhelos wälzte sich der junge Deutsche in seinem Schlafsack hin und her. Seine Freundin Doris Knaus schien hingegen tief zu schlummern. Ihr Atem ging regelmäßig.
Sehen konnte Matthias fast nichts. Es war stockdunkel in dem Zwei-Mann-Zelt, das Doris und er irgendwo in der Castagniccia aufgeschlagen hatten.
Leise glitt er aus seinem Schlafsack. Nur mit Boxershorts und T-Shirt bekleidet verließ er das Zelt. Matthias wollte draußen eine Zigarette rauchen.
Eine innere Unruhe hatte ihn befallen.
Bereue ich bereits unseren Entschluss?, fragte sich der junge Deutsche, als er sich vor dem Zelteingang auf einen Stein kauerte und sich eine starke korsische Zigarette ins Gesicht steckte. Dabei sind wir erst die zweite Nacht auf der Insel…
Matthias und Doris waren mit der Fähre von Livorno herübergekommen und hatten die erste Nacht in einem billigen Hotel in Bastia verbracht. Dann waren sie mit einem der wenigen Busse weitergefahren, die überhaupt diese gottverlassene Castagniccia ansteuerten. Die Fahrt hatte ewig gedauert. Aber die beiden Deutschen hatten es nicht eilig.
Denn Matthias und Doris waren Aussteiger…
Sie wollten hier, im unwegsamen Inneren der Mittelmeerinsel, einen neuen Anfang wagen. Es gab in der Castagniccia ganze Dörfer, die zur Hälfte oder noch mehr entvölkert waren. Genügend leer stehende Häuser und
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