0708 - Verliebt in eine Tote
er.
Seine Faust traf Sukos Rücken wie ein Hammerschlag, katapultierte ihn nach vorn - und hinein ins Leere.
Nichts war da, was ihn hielt. Der Inspektor fiel in die Tiefe!
***
Für einen Moment schoß ihm ein irrwitziger Gedanke durch den Kopf.
Wenn sie dich reingelegt haben und sich der Fallschirm nicht öffnet, haben sie dir eine Reise in den Tod verschafft.
Er war nach vorn gekippt, drehte sich in der Luft und dachte daran, was die Fallschirmspringer taten, um dem fallenden Körper mehr Luftwiderstand zu geben.
Wie auch sie, so breitete Suko ebenfalls seine Arme und zugleich die Beine aus.
Er jagte in die Tiefe.
Wind umspülte ihn mit harten Wellen. Es war ihm unmöglich, die Augen offenzuhalten. Er mußte sie einfach schließen, denn der Druck hatte sich gesteigert und erzeugte Tränen, die kein klares Sichtbild zuließen.
Er raste weiter, dachte an den Fallschirm, an die Leine, suchte sie und bekam sie zwischen die Finger. Er wußte nicht, aus welcher Höhe er abgesprungen war, doch als er die Augen öffnete, hatte er das Gefühl, in die Strahlen der Sonne hineinzufallen, die sich ihm öffneten wie ein gewaltiges Becken.
Er jagte tiefer.
Dann der Ruck an der Leine.
Über ihm flatterte etwas hoch, wie ein Tier, das mit wilden Flügelschlägen heranjagte.
Der Fallschirm öffnete sich.
Der Ruck.
Hart, beinahe brutal. Der Gegendruck zerrte ihn hoch. Suko schrie seinen Frust heraus, während er den Druck unter den Achselhöhlen spürte.
Es wurde besser, sehr schnell sogar. Nach dem ersten rasenden Fall aus dem Flugzeug, kam es ihm vor, als würde er sanft dahingleiten, nur bewegt vom Wind und angewärmt von den Strahlen der Sonne.
Er zwinkerte einige Male mit den Augen, bevor er sie öffnete und in die Tiefe schaute.
Wie auf dem Tablett präsentiert, breitete sich unter ihm die weite Landschaft aus.
Was normalerweise hoch war, sah niedrig und flach aus, was Tiefe hatte, wurde begradigt, und hinter einem beinahe geometrisch genau gezirkelten Waldstück sah er die Ansammlung der Häuser, aus seiner Höhe noch in Spielzeuggröße zu sehen.
Das würde sich ändern. Schon jetzt hatte Suko den Eindruck, daß diese Ansammlung von Gebäuden sein Ziel war. Dort mußte er hin, nur wollte er nicht gerade zwischen sie vom Himmel fallen und auch nicht in den Bäumen hängenbleiben, denn wie es aussah, trieb ihn der Wind genau in die Richtung.
Er wußte, daß man einen Fallschirm mit den Armen steuern konnte. Da tat er auch jetzt, Und er freute sich darüber, daß es einigermaßen klappte. Er schaute zu Boden.
Er wischte über das schmale Band einer grauen Straße hinweg und erkannte bereits jetzt, daß der Untergrund nicht so flach war, wie es aus großer Höhe ausgesehen hatte.
Da gab es Wellen, Strauchwerk und sanfte Abhänge, auf denen sich das Grün der Wiesen verteilte.
Da die Sonne bereits schräg stand, gab sie dem Wald Gelegenheit, einen Schatten zu werfen.
In ihn hinein tauchte Suko.
Auf einmal war der Boden da, viel zu schnell für seinen Geschmack. Ein Schreck durchfuhr ihn, doch die Zeit, darüber länger nachzudenken, blieb ihm nicht.
Er prallte auf. Nur für einen winzigen Augenblick, denn Suko lief automatisch weiter, den Schirm hinter sich herziehend, der an seinen Schultern zerrte.
Dann fiel er, rollte sich ab, auch mehrere Male herum - und kam zur Ruhe.
Geschafft!
Er atmete tief durch. Die Leinen waren noch gestrafft. Suko lag halb auf der Seite und halb auf dem Rücken. Er schaute zu, wie die Seide des Schirms allmählich zu Boden sank, ihn berührte und sich dort dann zusammenfaltete.
Erledigt.
Befreit lachte er auf, schaute in den sommerblauen Himmel und weg von der Sonne, um nicht geblendet zu werden. Die Maschine konnte er nicht mehr sehen.
Er war froh darüber. An sie hatte er nur schlechte Erinnerungen.
Suko ging daran, sich zu befreien. Die kleine Siedlung jenseits des Waldes spukte in seinem Kopf herum. Wenn er sich ihren Anblick ins Gedächtnis rief und auch an die Worte seines Bewachers dachte, dann konnte nur sie das Ziel sein.
Für den Inspektor war es wichtig, ungesehen an sein Ziel heranzukommen. Mochte die Siedlung aus der Höhe auch noch so unbewohnt ausgesehen haben, daran glauben konnte er nicht.
Außerdem mußte er an Li Choung denken. Dieser Mann befehligte eine halbe Armee von Mitläufern, unter denen sich auch zahlreiche Mörder befanden oder Männer, die bereit waren, für ihn in den Tod zu gehen. Er wußte auch, wo sich dieser ungewöhnliche Ort
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