0708 - Verliebt in eine Tote
nannte sich nicht Mafia, sondern Triaden.
Suko kannte sich da aus. Zudem hatte er vor nicht allzu langer Zeit böse Erfahrungen mit den Triaden gesammelt. Er wollte nicht wieder mit ihnen zusammenstoßen, dieses Gespräch aber schien darauf hinauszulaufen.
Er schwieg.
Der andere spielte noch immer mit den Grashalmen. Hinter ihm kicherten die beiden barbusigen Mädchen, was Suko nicht kümmerte, denn er dachte an den zweiten Chinesen auf der Luftmatratze. Daß er ihn in seinem Rücken wußte, paßte ihm gar nicht.
Töten würde er ihn nicht, dazu waren einfach zu viele Zeugen in der Nähe, aber er würde schon sehr darauf achtgeben, was in den nächsten Minuten geschah.
»Nun?«
»Ich habe dich gehört. Du hast von Li Choung gesprochen. Mag er für dich auch wie ein Vater sein, für mich ist er es nicht. Tut mir leid, ich gehöre in diesem Fall nicht zu euch.«
Der Sprecher ließ sich nicht beirren. Er schaute nach vorn, auf seinem Gesicht lag ein Lächeln, das schon fast einem überirdischem Leuchten glich. »Er ist einfach wunderbar«, flüsterte er. »Er sorgt für seine Familie, er liebt sie über alles, vor allen Dingen Tommy Li, seinen Sohn. Er ist Choungs ganzer Stolz, auch wenn die Mutter eine Amerikanerin ist, aber er hängt an ihm.«
»Das tun wohl alle Väter. Die meisten jedenfalls. Es ist nichts Besonderes für mich.«
»Ja, ja, da kannst du recht haben, Bruder. Ich hätte dir das auch nicht gesagt, wenn es nicht ein Problem gäbe, das plötzlich vor uns allen aufgetaucht ist.«
»Es interessiert mich nicht.«
»Doch Bruder. Es sollte dich aber interessieren, denn es ist ungemein wichtig.«
Suko wollte seine Ruhe haben, obgleich er wußte, daß er sie nicht bekommen würde. Er seufzte und sagte. »Okay, worum geht es?«
»Um Tommy Li.«
»Er ist nicht mein Sohn.«
»Ja, das weiß ich.«
»Also ist es nicht mein Problem.«
»Noch nicht.«
Suko verlor allmählich die Geduld. Er hatte sich vorgenommen, einen Tag zu faulenzen, aber nicht, um sich anmachen zu lassen. »Ich weiß nicht, was du von mir willst. Mich interessiert dein großer Meister nicht. Verschwinde, laß mich in Ruhe!«
Der Mann dachte nicht daran. Er schaute an Suko vorbei und warf die abgeknickten Halme weg. »Jetzt ist Tommy Li verschwunden. Einfach so, schon seit mehr als drei Tagen. Er ging weg und kam nicht mehr wieder. Du kannst dir vorstellen, welche Qualen ein derart besorgter Vater wie Li Choung durchmacht.«
»Das gebe ich zu. Wenn Tommy Li entführt wurde, dann ist das nicht mein Problem. Dein Meister soll sich an die entsprechenden Stellen wenden, dort wird ihm geholfen.«
»Er würde nicht entführt.« Noch immer warf der Mann die Halme weg.
»Um so besser für ihn.«
»Er ging einfach weg.« Er schleuderte den letzten Halm.
»Damit wäre alles klar.«
Abrupt drehte sich der Mann um. Starr schaute er in Sukos Gesicht, dann schüttelte er sehr langsam den Kopf. »Nein, es ist nichts, überhaupt nichts klar, verstehst du?«
»Nie.«
»Tommy Li ging einfach weg und kam nicht mehr wieder. Wir haben ihn gesucht und ihn nicht gefunden.«
»Vielleicht war er es leid, bei seinem Vater zu sein. So etwas kommt immer wieder vor. Wie alt ist er denn?«
»Einundzwanzig.«
Suko lachte. »Und da macht ihr diesen Wirbel? Ich bitte dich, das ist lächerlich.«
»Li Choung will ihn aber zurückhaben, Suko. Und zwar so schnell wie möglich.«
»Dann soll er sich anstrengen.«
»Ja, das tut er auch. Aber er will alle Mittel auskosten, wenn du verstehst.«
»Nein, noch nicht.«
»Er will, daß du dich um Tommy Li kümmerst. Du sollst dich auf den Weg machen und ihn suchen.«
Suko hatte genau verstanden, tat aber so, als hätte er keine Ohren und schlug dem anderen vor, endlich zu verschwinden.
»Nein, ich bleibe. Du wirst es tun. Wir müssen Tommy Li finden. Es ist für uns alle wichtig.«
»Okay«, flüsterte Suko, »ich habe verstanden. Wenn er freiwillig gegangen ist, dann kann nicht einmal die Polizei etwas dagegen tun. Begreifst du das? Es ist nicht unser Bier, so sehr du dich auch dagegen wehrst. Aber das ist eine ganz andere Richtung. Und jetzt laß mich bitte in Ruhe. Ich habe keine Lust mehr…«
»Entschuldige, wenn ich dich unterbreche. Du sollst alles wissen, sagte man mir.«
»Das will ich nicht.«
»Doch, du mußt es. Tommy ist nicht nur einfach gegangen. Er ging, weil er den Lockruf der Totenseele gehört hat. Die Tote rief ihn. Sie ist es gewesen, die sich bei ihm meldete. Sie will ihn hinein
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