071 - Die weisse Wölfin
feiern, Jörg. Eine Hochzeit, wie sie nur Werwölfe feiern können.“
Die Wölfe im Käfig hatten sich noch immer nicht beruhigt.
Jennifer schob Jörg zur Seite und blieb vor dem Gitter stehen. Sie breitete die Hände aus, und die Wölfe beruhigten sich etwas.
„Ihr kommt alle zu eurem Recht“, sagte das Mädchen. „Bald werdet ihr herausgelassen. Und Ihr könnt euch die Opfer unter meinen Gästen aussuchen.“
Sie bückte sich, öffnete die Käfigtür und trat zwischen die knurrenden Wölfe. Ihre Hände strichen über die Körper. Der graue Wolf drängte sich ungestüm zwischen den anderen hindurch und rieb seinen Schädel an ihren nackten Schenkeln.
Ich sah zu Jörg Eklund. Er blickte wütend den grauen Wolf an.
„Komm endlich, Jennifer!“ sagte er ungeduldig. „Unsere Gäste fragen sich sicherlich schon, wo du bleibst.“
„Sofort“, sagte Jennifer und kraulte den Nacken des grauen Wolfes, der behaglich zu schnurren begann.
Die junge, schöne Frau koste noch kurze Zeit den grauen Wolf, dann verließ sie den Käfig. Der Wolf blickte ihr nach, als sie gemeinsam mit Jörg Eklund die Stufen hochstieg. Die Wölfe wurden wieder unruhig und rannten aufgeregt im Käfig auf und ab.
Ich wartete, bis Eklund und Jennifer verschwunden waren, dann stieg ich von der Kiste herunter. „Haben Sie mitgehört, Miß Pickford?“ fragte ich.
Die Alte nickte.
„Aber Sie haben nicht sehen können, was geschehen ist“, sagte ich und erzählte ihr, was ich gesehen hatte.
Sie hörte schaudernd zu.
„Jennifer Jennings will die Wölfe loslassen und auf ihre Gäste hetzen. Das müssen wir verhindern.“ „Aber wie?“ fragte Miß Pickford mit vor Angst bebender Stimme.
Ich überlegte kurz. „Wir müssen die Gäste warnen.“
„Das ist klar“, sagte sie. „Aber wie stellen Sie sich das vor? Jeder weiß, daß Miß Jennings Wölfe hat, doch alle glauben, daß die Tiere zahm sind.“
„Trotzdem“, sagte ich. „Sie mischen sich unter die Gäste und versuchen, an ein Telefon heranzukommen. Versuchen Sie den O.I. zu erreichen. Er soll einige Beamte herschicken – per Hubschrauber. Wenn es Ihnen aber nicht gelingen sollte, zu einem Telefon zu kommen, dann fangen Sie in fünfzehn Minuten hysterisch zu schreien an, daß die Wölfe frei seien und schon einen Mann zerrissen hätten. Haben Sie das verstanden, Miß Pickford?“
„Ja“, sagte sie. „Ich habe verstanden. Und was werden Sie unternehmen?“
„Eklund und die Jennings waren beide nackt“, sagte ich. „Sie müssen sich ankleiden. Ich werde versuchen, die beiden auszuschalten. Kommen Sie! Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.“
Ich gab der Kiste einen Stoß und öffnete die Tür. Die Wölfe tobten, als ich am Gitter vorbeiging, doch als Phillip in der Tür erschien, fingen sie kläglich zu winseln an und zogen sich in eine Ecke des Käfigs zurück.
Von Phillip mußte eine unglaublich starke Ausstrahlung ausgehen, die Wölfen ganz und gar nicht behagte. Ich war sicher, daß daran die aus seiner Brust wachsende Blume schuld war.
Rasch stiegen wir die Stufen hoch. Ein breiter Gang lag vor uns. Links führten Stufen ins erste Stockwerk hinauf.
„Gehen Sie zu den Gästen!“ sagte ich zu Miß Pickford.
Miß Pickford nickte. Ihre Lippen waren dünn wie eine Messerklinge. Ihr Körper straffte sich, und sie trat auf eine der Türen zu.
Ich lief die Stufen hoch. Phillip folgte mir. Er hatte die Augen geschlossen und folgte mir nur sehr zögernd.
Ich zog aus der Brusttasche den silbernen Brieföffner, den ich von Trevor bekommen hatte, umklammerte ihn mit der rechten Hand, und nahm in die linke die Tonnachbildung der Wolfsblume. Endlich hatte ich das erste Stockwerk erreicht. Ein langer Korridor zog sich rund um das Haus. Es würde schwierig werden, die Zimmer zu finden, in denen sich Eklund und Jennings aufhielten.
Ich wandte mich nach rechts.
„Phillip!“ rief ich leise.
Der Hermaphrodit war neben dem Stufenaufgang stehengeblieben und drückte beide Hände gegen die Brust.
„Phillip!“
Er reagierte nicht. Ich hob die Schultern. Mir blieb nicht viel Zeit. Ich mußte Eklund und Jennings ausschalten, bevor es ihnen gelang, ihren wahnsinnigen Plan in die Tat umzusetzen.
Der Gang machte einen Bogen nach links. Er schien unendlich lang zu sein. Mehr als ein Dutzend Türen befanden sich auf der linken Seite. Die ersten vier waren geschlossen, die fünfte ließ sich öffnen. Ich blickte in ein geschmackvoll eingerichtetes Gästezimmer, das aber
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