071 - Die weisse Wölfin
unter mir stehen. Es war ein schwarzer Wolf, dessen Augen mich böse an funkelten. Er zog die Lefzen zurück und knurrte böse.
Dann tauchte noch ein Wolf auf. Sein Fell war schneeweiß. Ich sprang wieder hinunter und blieb neben Phillip stehen.
„Verdammt!“ brummte ich. „Im Garten laufen Wölfe herum.“ Nachdenklich kratzte ich mich am Kinn. Wie konnte ich ins Haus gelangen?
Plötzlich zupfte mich Phillip am Ärmel. Ich sah ihn an. Er ging langsam die Mauer entlang und zog mich mit. Nach etwa zweihundert Metern blieb er stehen, ließ meinen Ärmel los und zeigte auf die Mauer.
Ich trat einen Schritt näher. In die Mauer war eine kleine Tür eingelassen. Ich griff nach der Klinke. Die Tür öffnete sich knarrend.
Ich zögerte noch immer, denn ich hatte wenig Lust, mich auf einen Kampf mit den frei herumlaufenden Wölfen einzulassen. Noch dazu, wo sich Phillip und Miß Pickford in meiner Begleitung befanden.
Phillip nahm mir die Entscheidung ab. Bevor ich noch reagieren konnte, schlüpfte er an mir vorbei durch die Tür und trat in den Garten.
„Phillip!“ rief ich mit gedämpfter Stimme und folgte ihm rasch.
Ich packte ihn an den Schultern und wollte ihn zurückziehen. In diesem Augenblick tauchte aus einem Gebüsch ein grauer Wolf auf, dessen Augen gelb funkelten. Er rannte auf uns zu. Verzweifelt wollte ich Phillip aus dem Garten schleppen, doch der Junge wehrte sich.
Der Wolf kam näher. Er duckte sich und setzte zum Sprung an. Ich riß die Pistole hervor und entsicherte sie. Doch ich brauchte nicht zu schießen. Der graue Wolf winselte plötzlich und verkroch sich hinter einem Busch.
Der Hermaphrodit schien irgend etwas an sich zu haben, was den Wolf eingeschüchtert hatte.
Phillip setzte sich in Bewegung. Normalerweise ging er ziemlich unsicher, doch jetzt schritt er zielstrebig auf das Haus zu.
Immer wieder hörte ich es in den Gebüschen rascheln und gleich darauf winselnde Laute, die sich rasch entfernten.
Geschickt umging Phillip das große Haus. Laute Musik, Gelächter und Stimmengewirr drangen zu uns heraus.
Phillip ging zwischen zwei Linden hindurch und blieb stehen. Den Blick richtete er auf die Rückseite des Hauses, die im Dunkeln lag. Ich konnte nicht viel erkennen, doch knapp über dem mit Kies bestreuten Weg entdeckte ich einige kleine Fenster. Hinter einem schimmerte Licht.
Der Kies knirschte unter unseren Schritten. Ich blieb vor dem erleuchteten Fenster stehen, bückte mich und richtete mich enttäuscht wieder auf. Die Fenster waren aus Milchglas, und ich konnte nicht hindurchsehen. Ich versuchte, es zu öffnen, doch es gelang mir nicht.
Wieder zupfte mich Phillip am Ärmel. Ich folgte ihm. Er blieb vor einem anderen Fenster stehen, das offenstand.
Ich kniete nieder und drückte die Flügel zurück. Undurchdringliche Finsternis lag vor mir.
„Haben Sie vielleicht eine Taschenlampe bei sich, Miß Pickford?“ fragte ich leise.
„Ja“, hauchte sie und öffnete ihre altmodische Handtasche.
Sie suchte kurze Zeit darin herum und reichte mir dann eine Bleistiftlampe. Ich knipste die Lampe an und beugte mich vor. Der Strahl der Lampe fiel auf eine Rutsche, die ins Innere des Hauses führte. Wahrscheinlich wurde die Rutsche dazu benutzt, Lebensmittel in den Keller zu schaffen.
„Ihr wartet hier auf mich“, sagte ich leise und setzte mich mit den Füßen voran auf die Rutsche.
In der linken Hand hielt ich die Lampe und in der rechten die entsicherte Pistole. Langsam schob ich mich durch die schmale Fensteröffnung, bis mein Körper lang auf der glatten Rutsche lag. Dann ließ ich los und glitt nach unten.
Ich hatte mich nicht getäuscht. Die Rutsche führte in einen Vorratsraum. Überall waren Kartons aufgeschichtet. Unter angekommen, richtete ich mich auf.
Zwischen den Kartons entdeckte ich eine schmale Eisentür. Ich leuchtete einmal flüchtig über die Kartons. Neben der Rutsche lehnten Säcke.
Erschrocken fuhr ich herum, als ich hinter mir ein Geräusch hörte.
„Verdammt!“ brummte ich unwillig.
Phillip glitt die Rutsche hinunter. Er blieb neben mir stehen. Nach wenigen Sekunden folgte ihm Miß Pickford.
„Ich sagte doch, daß ihr auf mich warten solltet!“
„Phillip ließ sich nicht zurückhalten“, sagte Miß Pickford mit weinerlicher Stimme. „Und allein wollte ich oben nicht warten.“
Ich seufzte. Es hatte keinen Sinn, sich aufzuregen. Vorsichtig durchquerte ich den Lagerraum und öffnete die Eisentür. Dahinter lag ein Weinkeller. In Regalen,
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