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0714 - Die Totenfrau ist da

0714 - Die Totenfrau ist da

Titel: 0714 - Die Totenfrau ist da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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großes Verständnis für meinen alten Professor, daß er sich in Sie verliebt hat.«
    »Danke.«
    »Darf ich ehrlich sein, Selma?«
    »Ich bitte darum.«
    »Nur wundert es mich, daß Sie ihn geheiratet haben. War es tatsächlich Liebe?«
    Sie schaute mich scharf oder unwillig an. Wahrscheinlich hatte ich zuviel gesagt. »Sie sind aber sehr direkt, John, finde ich.«
    »Bleibt das aus?«
    Sie schaute an sich herab und lächelte. »Ich bin eine Frau, ich fühle mich ganz als Frau. Und ich konnte mich darauf vorbereiten, daß er stirbt. Hyram hatte es am Herzen. Er wußte sehr genau, daß er nicht mehr lange zu leben hatte. Wir haben oft genug darüber gesprochen. Sein Tod war also keine Überraschung für mich.«
    »Man sagt aber, daß er sehr gesund gewesen wäre.«
    Fast böse winkte sie ab. »Hören Sie nie darauf, was die anderen Leute erzählen. Es ist sowieso Unsinn und immer nur Gerede. Auch Neid. Viele haben ihm die neue Frau nicht gegönnt.«
    »Wie lange waren Sie denn verheiratet?«
    »Eigentlich nicht sehr lange. Drei Jahre.«
    »In der Nachbarschaft hat man Sie nicht akzeptiert, wie ich hörte.«
    Selma hob ihre nachgezogenen Augenbrauen und deutete auf einen Sessel, der mit geblümtem Stoff überzogen war. »Warum setzen Sie sich nicht, Mr. Sinclair? Ich hole uns etwas zu trinken.«
    »Für mich bitte keinen Whisky mehr.«
    »Was dann?«
    »Mineralwasser.«
    »Wie Sie wünschen.« Sie ging und drehte mir den Rücken zu.
    Hol's der Teufel, wie sich diese Frau bewegte, das war schon super. Da konnte einem Mann der Kragen eng werden. Ich dachte an meinen alten Professor und riß mich zusammen. Es hätte mir noch gefehlt, mich mit seiner Witwe einzulassen, obwohl sie wahrscheinlich darauf aus war, wenn man von ihrer Kleidung ausging.
    Die Bar hatte ihren Platz in der dunklen Schrankwand gefunden. Selma drehte mir den Rücken zu, als sie das Wasser eingoß. Ich hörte, wie es schäumte und prickelte.
    Draußen neigte sich der Tag allmählich dem Ende entgegen. Sogar der Mond stand bereits als blasse Scheibe am Himmel, umweht von trägen Wolkenschwaden.
    Nur hatte mir Selma noch immer nicht erzählt, was sie eigentlich von mir wollte. Ich würde sie auf das Thema ansprechen, denn ich hatte nicht vor, die nächsten Stunden hier zu verbringen.
    Sie kam zurück.
    Und wieder ›swingte‹ sie über den alten Perserteppich, der so seidig glänzte. Im Raum war es dunkler geworden. Noch brannte kein Licht, dennoch schimmerten in ihren Augen Reflexe.
    Sie beugte sich über den Tisch, um die beiden mit Mineralwasser gefüllten Gläser abzustellen. Dabei rutschte der rechte Träger etwas zur Seite. Zwangsläufig verschob sich auch der Ausschnitt, und ich bekam tiefe Einblicke. Auf der Haut lag ein leichter Schauer. Für meinen Geschmack blieb sie länger in dieser Haltung als nötig, und als sie sich aufrichtete, sah ich ihr hintergründiges Lächeln.
    Sie trat zurück, strich das Haar nach hinten und ließ sich auf der rostfarbenen Couch nieder. Neben dem rechten Bein lag auf dem Boden ein Schalter, der mit einem Kabel verbunden war.
    Sie streckte ihre Hand aus, drückte den Schalter nach unten, und wie von Geisterhand geleitet, erhellten sich einige Wandleuchten, die mit vanillefarbenen Glühbirnen versehen waren und ein sehr weiches und intimes Licht abgaben.
    Selma Scott streifte die Schuhe ab und legte die Beine schräg auf die Couch und einen Arm auf die Lehne. Sie hatte sich so gesetzt, daß sie mich anschauen konnte. Daß ihr Rock dabei sehr weit in die Höhe rutschte, war eine logische Folge ihrer Sitzhaltung, und ich stellte mir die Frage, ob sie tatsächlich einen Slip trug oder unter dem Kleid völlig nackt war.
    Auf ihren Oberschenkeln wuchsen feine Härchen, mit der Handfläche strich sie darüber hinweg, schaute ihren Fingern nach und sagte dann: »Ich bin sehr froh, John, daß Sie gekommen sind.«
    »Nun ja, das war ich meinem alten Professor wohl schuldig.«
    »Nicht alle denken so.«
    »Ich schon.«
    Sie schaute zum Fenster und gleichzeitig ins Leere. »Er war wirklich ein außergewöhnlicher Mann. Er hat mich insofern fasziniert, als daß wir aus völlig verschiedenen Welten stammten. Er, der Denker, der Wissenschaftler und ich eine Frau, die aus der Welt der Mode gekommen ist. Das war so unterschiedlich wie Feuer und Wasser. Trotzdem zogen wir uns gegenseitig an. Wie schon erwähnt, John, er wußte, daß er nicht mehr lange zu leben hatte. Zu mir hat er immer gesagt, daß ich nicht trauern soll, wenn

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