Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0718 - Das Dorf der Toten

0718 - Das Dorf der Toten

Titel: 0718 - Das Dorf der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle und Timothy Stahl
Vom Netzwerk:
fand er auch jetzt keine wirklich ausreichende Antwort auf diese Frage.
    Er konnte sich nicht erklären, was ihn bewogen hatte, nach Elkhart zurückzukehren, in das Dorf, dem er dereinst den Rücken gekehrt hatte. Weil er nicht mehr ertragen hatte, was in dem Ort vorging - und weil ihm sein eigenes Dasein dort zuwider geworden war.
    Daran jedoch hatte sich auch in der Ferne nichts geändert. Im Gegenteil war das Gefühl, dieser Selbst-Ekel, eher noch stärker geworden, als er nicht länger unter seinesgleichen gelebt hatte.
    Karl lachte bitter auf, dumpf wie ein Laut aus der Tiefe einer Gruft.
    Gelebt…
    Das Wort war blanker Hohn in diesem Zusammenhang. Dennoch, es war ihm nie gelungen, ein anderes dafür zu finden. Und er hatte lange darüber nachgedacht - sehr, sehr lange.
    So lange er fort gewesen war. Auf einer Reise ohne Ziel, weil jeder Ort, an dem er meinte, sich niederlassen zu können, ihm auf eine Weise fremd geblieben war, dass er sich im geradezu wörtlichen Sinne abgestoßen fühlte und weiterzog. Vielleicht suchte er nach einem Paradies, das es nicht gab…
    Nicht für ihn zumindest, der er den Einzug nach Eden schon einmal ausgeschlagen hatte…
    Vielleicht, dachte er, kehrte er deshalb heim - weil das winzige Elkhart der einzige Platz auf dieser weiten Welt war, an dem einer wie er sein und bleiben konnte.
    Nein! Bleiben musste. Weil er anderswo nicht sein durfte und nur hierher gehörte, so wie es eine abseitige Laune der Natur bestimmt hatte.
    Natur…
    Auch dieses Wort passte nicht - weder zu ihm noch zu Elkhart.
    Widernatur schon sehr viel eher. Unnatur…
    Karl hatte irgendwann aufgehört, die Jahre seiner rastlosen Wanderung zu zählen. Es waren viele, das immerhin wusste er, viele Jahr zehnte sogar…
    Dennoch, als er die letzte Meile hinter sich brachte, war ihm, als sei er nie weg gewesen. Alles um ihn her war noch genau so wie damals.
    Geruch und Geschmack der Luft hatten sich um keinen Deut verändert, der Wald und die Nacht raunten noch mit denselben Stimmen, und auch was sein Auge sah, entsprach bis ins Detail dem damaligen Bild.
    Bis auf den Friedhof.
    Karl blieb stehen. Vor ihm öffnete sich die Lichtung, auf der sie, die Ersten, Elkhart einst gegründet hatten.
    Linkerhand streckte sich der Totenacker hin.
    Karl trat an die Einfriedung aus Bruchsteinen heran und ließ den Blick über das Gräberfeld schweifen.
    Der Friedhof war gewachsen. Nicht in seiner Größe, nein. Die Mauer, an der Karl stand, war noch dieselbe wie damals und umrahmte genau das Areal, das sie den Toten einst zugestanden hatten. Sie hatten es damals bewusst großzügig bemessen…
    Die Zahl, der Gräber und ihrer so schmuck- wie namenlosen Kreuze hingegen war gewachsen. Deutlich gewachsen.
    »Es hat also nicht aufgehört«, flüsterte Karl enttäuscht und bitter.
    Und schalt sich dafür sogleich einen Narren.
    Hatte er denn ernsthaft geglaubt, die Dinge hätten sich geändert in Elkhart?
    Herrgott, er hätte zwei- oder dreihundert Jahre fort bleiben können und auch dann bei seiner Rückkehr wohl alles unverändert vorgefunden!
    »Geglaubt?«, fragte sich Karl. In all der Zeit war es ihm zur Gewohnheit geworden, mit seinen Gedanken Zwiesprache zu halten. »Nein, geglaubt habe ich es nicht - nur gehofft…«
    Der Begriff Totenstille mochte hier entstanden sein, auf dem Friedhof von Elkhart. Nie und nirgendwo sonst hatte Karl einen Ort gefunden, an dem die Stille tiefer gewesen wäre.
    Um so lauter klang das Geräusch in der Nacht!
    Erst eines, dann viele, die sich zu Lärm vermählten.
    Im allerersten Moment dachte Karl an Donner, denn Donner war das einzig wirklich laute Geräusch, das man in Elkhart je gehört hatte. Und daran mochte sich, wie auch an allem anderen, nichts geändert haben in all der Zeit.
    Dann aber erkannte er nicht nur seinen Irrtum, sondern auch die Geräusche! So absurd ihn diese Erkenntnis auch anmutete. Der Lärm, den er da zu erkennen meinte, passte nicht hierher! Dieses Kreischen, Stöhnen und Knarren von Metall, das verformt wurde, riss und barst…
    Trotzdem glaubte Karl, sich nicht zu irren.
    Er hatte sich sein Brot in all den Jahren mit einer Vielzahl von Arbeiten verdient. In Georgia - oder war es in Kentucky gewesen? - hatte er sich eine Weile auf einem Schrottplatz verdingt. Und von dort kannte er Geräusche, wie er sie auch jetzt hörte.
    So hatte es geklungen, wenn die gewaltige Presse Altwagen zu tonnenschweren Würfeln verarbeitet hatte!
    Karl lief los. Weniger erschrocken als

Weitere Kostenlose Bücher